

Preetz (kud). Pastorin Fanny Dethloff steht zu dem Namen des Dienstes. „Klinikseelsorge“ - das hätte ihr nicht gereicht. Der „Pastoralpsychologische Dienst“ feiert in diesem Jahr 40 Jahre Bestehen. Fanny Dethloff: „ Den Namen hat er, weil er ein größeres Dach bietet als nur `Klinikseelsorge`. Und weil er weit über die reine Klinikseelsorge hinausgeht.“
Ihr Büro und der „Raum der Stille“ der Klinik befinden sich im Untergeschoss. Der Raum der Stille hat eine Mitte. Darin Blumen, Kerzen. Fanny Dethloff sorgt dafür, dass er einladend bleibt – an jedem Tag. Menschen, die im Haus Schlimmes erfahren, sollen hier einen Rückzugsort finden. Sich besinnen, mit dem Schicksal hadern – dem eigenen oder dem eines lieben Angehörigen – Kraft tanken, Mut fassen. Nur eine Tür weiter sitzt Pastorin Fanny Dethloff, oftmals die Erste, die all die Emotionen auffangen muss. Das erfordert Kraft, Klugheit, vor allem aber Empathie.
Wenn sie ihre und die Anforderung an ihren ganzen Stab an Ehrenamtlerinnen beschreibt, fallen zwei Worte besonders häufig: „Stress“ und „Trauma“ - Begriffe, die es noch nicht gab, als der Dienst sich vor 40 Jahre gründete. In ihrer Rede zur 40-Jahr-Feier nimmt sie kein Blatt vor den Mund, beschreibt den Wandel der Zeit an Hand der Veränderungen im Gesundheitswesen. „Kurze Verweildauer im Krankenhaus nach Krankheit und Operation“, Reha-Maßnahmen ohne sichere Perspektive für das Danach. „Da geraten Familien in einen Ausnahmezustand. Ihr Alltag ist zeitlich eng getaktet. Stress für alle Beteiligten entwickelt sich.“ Wenn es denn überhaupt viele familiäre Akteure in einem solchen Szenario gibt. Manche Familien leben weit verstreut in der Welt. Da ist es nach einem Oberschenkelhalsbruch des Vaters nicht immer so einfach, den nächsten Flieger zu nehmen.
Die Geschichten, die Fanny Dethloff und ihr ehrenamtliches Team im Krankenhaus, aber auch im Altenzentrum an der Kirche, in der Reha-Klinik in Holm täglich erleben, würden vermutlich dicke Buchbände füllen.
Da gibt es keine allgemein gültigen Ratschläge – jeder Mensch ist anders. Da gibt es nur „begleiten, zuhören, stärken“. Fanny Dethloff weiß: Seelsorge allein reicht hier nicht. Hier braucht es „Vernetzung“ mit anderen Fachgebieten rund um den Menschen wie zum Beispiel der Psychologie. Deshalb sind die Begriffe „Aus-, Fort- und Weiterbildung“ für sie und ihr Team ein wichtiger Bestandteil des täglichen Miteinanders mit Patienten, Angehörigen, Unfallopfern. „Sie alle sind für den Moment traumatisiert. Mittel- oder langfristig ergibt sich daraus wegen irgend welcher Folge- und Langzeitschäden die Frage: Was nun?“
Noch vor 100 Jahren war diese Frage leicht zu beantworten. Familien wohnten mit mehreren Generationen unter einem Dach. Da war es schnell getan, dem anderen zu helfen. Aber heute? Familien zerbrechen daran, den Spagat zwischen Alltag (Beruf, Haus, Kindern) zu managen, „parken“ „Opa“ bei der Kurzzeitpflegege, weil sie nicht mehr können, einfach mal Urlauf brauchen. Oder weil das Pflegebett von „Oma“ im Wege ist. Denn dort soll nun der Weihnachtsbaum stehen. „Kann sie nicht länger im Krankenhaus bleiben?“
Fragen, mit denen das Team rund um Fanny Dethloff täglich konfrontiert wird. Kein Wunder, dass daraus inzwischen ein Hospizverein und der Verein „Regenbogenwege“ entstanden sind. Themen, die wieder neue Antworten auf oft lautlos gestellte Fragen brauchen.
In ihrer Rede zum Jubiläum lässt Fanny Dethloff die Jahrzehnte noch einmal vor dem geistigen Augen ablaufen. Ihr Dank richtet sich an die Gründerinnen des „pastoralpsychologischen Dienstes“, an all diejenigen, die mitgeholfen haben, alle Angebote mit viel Leben zu füllen.
Auf dem Flur schiebt jemand eine Bahre mit einem geschlossenen Sack aus der Tür. Der Tod gehört zum Leben. Gut, wenn es Menschen gibt, die dabei helfen, mit solchen Situationen fertig zu werden, begleiten, zuhören, stärken.
Im Raum der Stille brennt eine Kerze.