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„Gebrüder Ramm – Möbeldesign um 1900 in Preetz“

Bild: hfr

Plön (t/los). Sie statteten Gutshöfe aus, Räume des Kieler Schlosses, noble Luxuskabinen von Schiffen: Die Gebrüder Ramm übten vor über 100 Jahren ihr kreatives Handwerk aus. Jetzt zeigt das Museum des Kreises Plön erstmals Entwurfsskizzen der renommierten Preetzer Möbeltischler. Die Eröffnung der Sonderausstellung „Gebrüder Ramm – Möbeldesign um 1900 in Preetz“ beginnt am kommenden Dienstag, 28. Juni um 19.30 Uhr. Grundlage der Präsentation sind die Recherchen von Stadtarchivar Peter Pauselius und Klaus Schöllhorn aus Preetz, den Initiatoren der Ausstellung. Leihgaben des Preetzer Heimatmuseums, der Kirchengemeinde und aus Privatbesitz runden diese ab. Teile des Nachlasses Joachim Ramms, der 1953 verstarb, hatten sie neugierig gemacht, so dass sie in einer Art Co-Projekt weitergeforscht haben.
Zur Eröffnung der Sonderausstellung werden Bürgermeister Lars Winter (Begrüßung als Vorsitzender des Museumsvereins), Bürgermeister Björn Demmin (Grußwort der Stadt Preetz) und Stadtarchivar Peter Pauselius (Einführung) sprechen.
Die Ausstellung zeigt eine Vielzahl der handgezeichneten und colorierten Entwurfszeichnungen und Vorlageblätter der Tischlerei. Über 60 Bilder wurden aus dem großen Fundus ausgewählt, der im Preetzer Stadtarchiv aufbewahrt und erforscht wird. „Es ist ein kulturgeschichtlicher Glücksfall, dass sich die Blätter erhalten haben“, betont Museumsleiterin Julia Meyer. Die Zeichnungen geben einen Eindruck hochwertiger Raumausstattungen, die um 1900 in Preetz gefertigt wurden. „Bei der Innenausstattung von Luxuskabinen von Linienschiffen fühlt man sich an die Ausstattung der Titanic erinnert“, sagt sie. Um dies deutlich zu machen, sei die Entwurfszeichung „Zimmer des Kapitäns“ extra so vergrößert worden, dass der Betrachter sich bei einem Ausstellungsbesuch in einem „Raum im Raum“ in die Zeit um 1900 zurückversetzen könne. In dieser Zeit entwickelte sich die Luxus-Kreuzfahrt zum Trend. Auch die „Toilette des Prinzen“ auf Gut Hemmelmark erscheint 2 x 2 Meter groß neben der Originalzeichnung an der Wand.
Die Geschichte des Unternehmens beginnt eigentlich vor fast 200 Jahren: Bereits der Großonkel der Brüder war seit 1829 Tischleramtsmeister in Preetz. Der Gründer der damaligen Tischlerei stammte aus Gleschendorf, das zwischen Ahrensbök und Scharbeutz in Ostholstein liegt. Damals war Schleswig-Holstein noch dänisch. Preetz besaß noch keine Stadtrechte und unterstand als „Flecken“ bis 1870 dem Kloster – 2020 feierte Preetz aus diesem Grund 150 Jahre als Stadt.
Die nachfolgenden Neffen Friedrich und Joachim Ramm gründeten 1883, als Schleswig-Holstein bereits preußische Provinz war, die „Werkstatt für Möbeltischlerei der Gebrüder Ramm“ und werkelten dort auf hohem Niveau. Sie befand sich am Markt 18 (heute Feuerstein). Das 1906 erbaute Gebäude enthielt im vorderen Teil eine Möbelausstellung. So entwickelte sich die Tischlerei der Gebrüder Ramm zu einem Erfolgsunternehmen, dessen kunstfertiges Möbeldesign bekannt und gefragt war. Der Familienbetrieb bestand bis 1929.
Auch Prinz Heinrich von Preußen zählte zu den Kunden der beiden Preetzer. Als neuer Großadmiral der Kaiserlichen Marine residierte er in der Zeit im Kieler Schloss und ließ dort einige Räume durch die Firma Ramm ausstatten, später auch seine Yacht. Da Prinz Heinrich von Preußen offensichtlich zufrieden war, erhob „Seine Königliche Hoheit die Möbelfabrikanten Gebr. Ramm zu Höchst Seinen Hof Lieferanten“ (24. Dezember 1888).
1896 erwarb Prinz Heinrich das Gut Hemmelmark bei Eckernförde. Mit der Einrichtung einer Vielzahl von Zimmern beauftragte er wiederum die Hoflieferanten Ramm.
Die Preetzer Tischlerfirma gestaltete darüber hinaus die Salons größerer Schiffe, stattete Dampfer und auch die kaiserliche Kriegsmarine aus. Die Möbel wurden damals alle in Preetz gefertigt und in Wolldecken verpackt mit Pferd und Wagen nach Kiel gebracht oder weiter mit der Bahn verschickt.
Die Tischlerei fertigte Möbel nach Maß und ganze Inneneinrichtungen nach persönlichem Geschmack und Bedarf an. Zwecks Werbung hat das Handwerksunternehmen dafür Anschauungsmaterial analog zu heutigen Einrichtungskatalogen als Print- oder Onlineprodukt in Form aufwendiger Grafiken selbst hergestellt. Von diesen hat es eine Menge gegeben: Rund 100 davon gelangten ins Preetzer Stadtarchiv.
Eine besondere Grabstele aus der Werkstatt der Tischlerei Ramm bewahrt das Heimatmuseum auf. Sie wurde geschaffen, nachdem die beiden Söhne im ersten Weltkrieg gefallen waren. Eigentlich hatten diese die Tischlerei einmal übernehmen sollen. Die Tochter studierte Innenarchitektur. Dann folgte noch ein existenzieller Tiefpunkt: Durch die Wirtschaftskrise 1926 und die Folgen der Geldentwertung erhielt das Unternehmen keine Aufträge mehr.
Joachim Ramm wurde über 90 und lebte Zeit seines Lebens in dem Haus, haben Pauselius und Schöllhorn herausgefunden. Sportlich aktiv setzte sich der Turner im Preetzer TSV ein, leitete Gruppen, förderte den Sport und wurde Vorsitzender. Ebenso engagierte er sich in der Landesturnerschaft, im Schützenverein und in der Stadtvertretung.
Wer übrigens noch ein altes Möbelstück besitzt: Ramms Arbeiten weisen eine Fertigungsnummer der Tischlerei auf, so dass Werkstücke mit den Entwurfszeichnungen, soweit vorhanden, abgeglichen werden können.
Die Ausstellung kann bis 8. Januar 2023 im Plöner Kreismuseum besichtigt werden.


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