Reporter Eutin

Imposante Bilder, die zur Assoziation einladen

Wittmoldt (vg). Der Preetzer Fotodesigner Bernd Perlbach zählt zu den besten Architektur- und Industriefotografen in Deutschland. Eine ganz andere Seite des Fotokünstlers ist jetzt in einer Ausstellung auf Gut Wittmoldt zu entdecken: Der Kulturverein „Seeweg Gut Wittmoldt e.V.“ präsentiert Makroaufnahmen chemischer und geologischer Präparate, die den Betrachter mit ihren schillernden Farben und kristallinen Strukturen in den Bann ziehen. Eröffnet wird die Bilderschau unter dem Titel „Ich sehe, was ich weiß. Fotografie Bernd Perlbach“ am Sonntag, 1. Juni, um 17 Uhr.

Seeweg-Vorstandsmitglied Irena Scheicher war vom ersten Moment an, als sie die experimentellen Arbeiten ihres Nachbarn – beide wohnen auf dem Preetzer Klosterhof – gesehen hat, schwer beeindruckt: „Ich hatte ja keine Ahnung, dass Bernd Perlbach auch diese Art von Kunst macht.“ Zuletzt hatten Irena Scheicher seine exzellenten Fotografien von den historischen Gebäuden auf dem Klosterhof für den neuen Klosterführer begeistert – aber diese Bilder? Die mussten unbedingt ans Licht der Öffentlichkeit! Sie konnte ihre Vorstands- und Vereinsmitglieder von dem künstlerischen Juwel überzeugen. „Alle waren gleichermaßen begeistert“, sagt sie. Nach intensiven Gesprächen mit Perlbach und nun mit Blick auf die frisch dekorierten Wände im Gutshaus ist Irena Scheicher froh, die Initiative übernommen zu haben. „Ausstellung und Mensch sind so komplex, dass es einen überwältigt “, schwärmt sie.

Perlbach hat an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel Kommunikationsdesign studiert. „Auf dem Gymnasium stand ich vor der Frage, ob ich beruflich Richtung Kunst oder Naturwissenschaften gehe, denn ich war auch gut in Biologie und Chemie“, erzählt er. Mit diesem Hintergrundwissen hat sich Perlbach 1975 im Studium und dann 1998 noch einmal mit experimenteller Fotografie beschäftigt und Makroaufnahmen von Kristallen im polarisierten Licht erstellt. „Dafür habe ich Chemikalien über dem Bunsenbrenner geschmolzen oder Substanzen in Wasser aufgelöst, hauchdünn auf ein Deckglas aufgetragen und dann betrachtet, wie schnell oder langsam die Kristallisation wächst“, berichtet der Fotokünstler. Im richtigen Moment hat er auf den Auslöser gedrückt. Durch sein Wissen um diese Stoffe hatte Perlbach eine ungefähre Vorstellung vom Endprodukt – ob er nun Ascorbinsäure, Hydrochinon, Schwefel, Natriumnitrat oder Finnischen Glimmer verwendete. Manchmal hat aber auch der Zufall für spannende Muster gesorgt, wenn etwa ein Glasträger brach.

„Diese Bilder sind ein künstlerischer Spaziergang in den nahen Mikrokosmos. Sie greifen Farb- und Formphänomene von optisch anisotropen Substanzen auf, um den Betrachter zu faszinieren und zur Interpretation zu reizen: Farben und Formen sollen Bedeutungen provozieren. So kann das Bild zu einem individuellen Bedeutungsträger werden, der wie ,abstrakter Expressionismus’ vorträgt“, erklärt Perlbach. Die Assoziation ist also ein wichtiger Aspekt der Ausstellung. Denn in die ästhetischen Bilder lässt sich ohne den Kennerblick viel hineinlesen nach dem Motto: Ich sehe was, was du nicht siehst. Es ist so wie bei dem Blick in den Himmel, wenn man in Wolkenformationen bestimmte Figuren ausmacht. Oder wie bei einem Psychiater, der einen bittet, merkwürdige Muster zu interpretieren. „Die Makrofotografie lädt geradezu dazu ein, Doppeldeutigkeiten aufzuspüren“, meint Perlbach.

Beim Titel der Ausstellung handelt es sich um ein Zitat, das Goethe zugeschrieben wird. Weil Perlbach die Stoffe kennt, die er in den Fokus nimmt, kann er die maximale Wirkung erzielen. „Ich brauche Wissen, um Gegenstände zu fotografieren. Das ist auch bei den Architekturfotos so: Ich bin gut, weil ich die Gebäude lesen kann, weil ich ihre Funktion, Formsprache und Symbolik verstehe“, betont er. Bei der Makrofotografie kommt ein weiterer Gesichtspunkt hinzu: Mit dem Experiment geht Perlbach auch dem Wesen der Bilder und kunsttheoretischen Fragen nach.

Die Kieler Kunsthistorikerin Stefani Isabel Pejml hat die Aufgabe übernommen, die Bilderschau zu kuratieren. „Das Gutshaus ist durch seine Möblierung ein besonderer Ausstellungsort. Bei der Hängung der Bilder muss man darauf achten, dass sie nicht selbst zum Interieur werden, sondern ihre Eigenständigkeit behalten“, erläutert sie. Sie nutzt die Höhe der Räume aus und spricht von einer monumentalen Hängung der 54 zumeist großformatigen Kunstwerke.

Zu sehen ist die Ausstellung, zu der auch ein 144-seitiger Katalog erscheint, von der Vernissage am 1. Juni bis zur Finissage am 9. November im Rahmen von Veranstaltungen und Führungen. Der erste Rundgang findet am Montag, 9. Juni, um 14 Uhr statt, weitere folgen am Sonntag, 22. Juni, um 15 Uhr sowie an weiteren sechs Terminen. Außerhalb der Führungstermine ist eine Besichtigung nur nach Absprache unter Telefon 0151-46564999 oder per E-Mail an kontakt@seeweg.info möglich. Nähere Infos zum Begleitprogramm mit zwei moderierten Klavierkonzerten und einer Lesung sind online auf www.seeweg-gutwittmoldt.de oder perlbach-fotodesign.de zu finden.


Weitere Nachrichten aus Plön/Preetz

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen