

Karpe/ Dörnick (los). Im Mai 2025 stand ein besonderer Geburtstag im Kalender der Familie Hoeft, Hof Karpe: Seit sechs Jahrzehnten verbringt Sabine Bauer aus Erlangen, Bayern, ihren Urlaub auf dem Bauernhof in der Gemeinde Dörnick. Jedes Jahr kehrt sie zurück und genießt hier an der Schwentine die Tage.
Der reporter beschreibt in diesem Mehrteiler den Wandel der Zeit aus Urlauber- und Kinderperspektive. Viel haben Schokopudding und ein VW Käfer, Trecker fahren und Tiere füttern und sogar Winnetou damit zu tun. Mehr dazu auch in der nächsten Ausgabe.
Mahlzeiten werden eingehalten. Und zwar pünktlich: Frühmorgens das Frühstück, um 12 Uhr das Mittagessen, um 18 Uhr Abendbrot. Die Urlaubstage auf dem Bauernhof hatten somit stets eine feste, unverrückbare Struktur. Dabei wurden die Feriengäste kulinarisch hingebungsvoll versorgt. Man musste eben entsprechend planen, erzählt Sabine Bauer rückblickend. So machte die Familie manchmal Ausflüge an den Strand von Hohwacht, um ihre urlaubenden Freunde zu treffen. „Minna Maurischat war dann immer betrübt, wenn wir zur Abendbrotzeit nicht da waren“, erinnert sich Sabine Bauer, „und hat uns einen Picknickkorb gepackt.“ Einen üppig gefüllten Picknickkorb – wohlmeinend aus Sorge, ihre Erlanger Gäste könnten unterwegs womöglich vom Fleisch fallen. „Aber auch das Mittagessen war schon üppig.“
Die Anreise von Erlangen dauerte um die zwölf Stunden. Von Erlangen über Würzburg und die Rhön führte die Bundesstraße über die Kasseler Berge und Göttingen bis Hannover. Das erforderte einen Frühstart: Wenn es los nach Karpe ging, „sind wir immer mitten in der Nacht aufgestanden.“
Den fehlenden Schlaf konnten die Kinder im Auto nachholen. Bald wurde es hell und als um 9 Uhr die Rhön erreicht war, packten die Eltern an einem Rastparkplatz das Frühstück aus. Die Familienkutsche: ein VW Käfer, ganz klassisch mit kräftig krächzendem Boxermotor im Heck und Kofferraum im vorderen Teil, wo vermeintlich die Technik hätte sein können, es aber nicht war. Außerdem gab es einen Dachgepäckträger, auf dem die Familie ihr vielleicht wichtigstes Utensil, ein Faltboot, mitführte.
Die etwas älteren kleinen Jungs teilten sich die hinteren Plätze des Käfers „und hinter der Rückbank war so eine Mulde, da bin ich die ersten Jahre immer mitgefahren.“
Idealerweise erreichten die Reisenden gegen Nachmittag Bad Segeberg, möglichst rechtzeitig zur Vorstellung am Kalkfelsen. Um die Vermieter über die spontane Stippvisite bei Winnetou und Old Shatterhand zu informieren, suchte der Vater die nächste Telefonzelle auf – eines der bedeutendsten Örtchen vor der Ära der Mobiltelefone –, steckte ein paar Groschen in den Apparat und wählte Familie Maurischat an. Man werde, informierte er sie, wegen der Karl May Festspiele „ein bisschen später“ eintreffen...
Es war für die ganze Familie ein beliebtes Zwischenziel. „Das haben die Eltern oft eingebaut auf der Fahrt“, erzählt Sabine Bauer.
Der Käfer brummte also erst, nachdem Karl Mays Helden ihre gute Rolle zu Ende gespielt und „die Bösen“ zur Zufriedenheit aller in die Schranken verwiesen hatten, in Richtung Plön weiter. Irgendwann kamen am Ankunftsabend die bekannten Ascheberger Kurven in Sicht. Die Vorfreude findet sie heute noch prickelnd: „Man freut sich wahnsinnig, wenn man es endlich geschafft hat, nach der langen Fahrt.“ Aber so richtig war die Topografie den erwartungsfrohen Kindern damals noch nicht geläufig. „Immer haben wir beim Hof davor gedacht: Jetzt sind wir da“, berichtet Sabine Bauer. Und ebenso regelmäßig antwortete ihr Vater den Kindern: „Nein, nein – noch nicht!“