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100 Jahre Abeiterwohlfahrt in Heikendorf

Heikendorf (mm). Der Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt Heikendorf (AWO) feiert am Samstag, 16. September sein 100-jähriges Jubiläum. Am Vormittag wird die Vereinsvorsitzende Ellen Weisbrod Vertreter aus Kommunalpolitik, Kirchengemeinde und Verbänden willkommen heißen zu einem gemeinsamen Rückblick. Von 13.30 Uhr an sind alle Mitglieder und die Öffentlichkeit eingeladen, auf dem Rathausplatz mitzufeiern. Auf dem Programm stehen bunte Spiele, Glücksrad, Animationen für Kinder. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt.


Wenn Ellen Weisbrod im Rathaus die geladenen Gäste begrüßt, wird sie zwar von einer wechselhaften Geschichte berichten, doch auch betonen, dass die AWO stets ihrem Grundsatz stets treu geblieben ist, bis heute. „Im Mittelpunkt unseres Wirkens steht der Mensch“, so das Motto, das nach wie vor Leitgedanke ist.
1923, von Louise Schröder und Ella Ohm gegründet, bot die AWO Heikendorf zunächst eine Wärmestube mit Suppenküche an, zudem die „Schulspeisung“. Das nationalsozialistische Regime hatte von 1933 bis zum Ende des zweiten Weltkriegs sämtliches Engagement verboten. Erst danach durfte die AWO als parteiunabhängiger Wohlfahrtsverband ihre Arbeit wieder aufnehmen. Besonders herausfordernd gestaltete sich in den Nachkriegsjahren die Versorgung der Menschen, die aus Ostpreußen geflüchtet waren. In den folgenden Jahrzehnten änderte sich die Aufgabe hin zur häuslichen Verpflegung, etwa mit „Essen auf Rädern“. Heute liegt der Schwerpunkt vor allem auf Seniorenarbeit für Mitglieder, und, ganz aktuell, betreibt der Ortsverein gemeinsam mit dem AWO-Familienzentrum eine Begegnungsstätte für Geflüchtete, vor allem aus der Ukraine.


Dort geht es am Freitagnachmittag zu wie im Taubenschlag. Frauen mittleren Alters und Kinder kommen rein. Michael Koops und Julita Schwemer haben heute Dienst im lichtdurchfluteten Pavillon in der Dorfstraße, begrüßen alle sehr herzlich, ohne viele Worte. Anschließend stöbern die Frauen in gut gefüllten Regalen oder Kleiderständern, suchen Hosen, Jacken, Schuhe, Haushaltsartikel. Kinder schauen sich bei Spielzeugen um. „Fast alle sind aus der Ukraine geflohen, und die meisten von ihnen sind seit mehr als einem Jahr hier“, erzählt Koops, „doch die Verständigung ist ein Problem, kaum jemand kann Englisch“. Selbst Julita Schwemer, die ein wenig Russisch in der Schule gelernt hatte, stößt an ihre sprachlichen Grenzen. „Für eine flüssige Unterhaltung reicht es einfach nicht“, sagt sie, während eine junge Frau fragenden Blickes auf Michael Koops zugeht und auf Neoprenanzüge zeigt. Koops lächelt, zieht sein Smartphone aus der Hosentasche, tippt auf das Display, hält das Mobiltelefon vor seinen Mund. „Diese Anzüge werden für Schwimmkurse verliehen“, sagt er langsam, spricht betont deutlich, wartet einen kurzen Augenblick. Die Frau schaut gespannt auf das kleine Gerät. Schließlich krächzt eine Stimme aus dem winzigen Lautsprecher. Die Frau versteht die ukrainischen Worte auf Anhieb, nickt eifrig mit dem Kopf, wirkt zufrieden mit der Antwort.


Koops und Schwemer sind nur zwei von zwölf Menschen, die sich in der Begegnungsstätte ehrenamtlich engagieren. „Es macht mir einfach Spaß zu sehen, wenn Hilfe tatsächlich ankommt“, sagt der Mann, der von 2007 bis 2015 Amtsdirektor im Amt Schrevenborn war. Er erzählt, wie das funktioniert. „Wir kriegen viele Spenden, für die Weitergabe nehmen wir lediglich eine kleine Schutzgebühr“. Eine gute Jeans etwa koste zwei Euro. „Mit dem eingenommenen Geld kaufen wir sehr preiswert gängige Haushaltsartikel und geben die dann noch günstiger wieder ab“.


Froh sei er über jede Unterstützung. „Daher ist der 100-jährige Geburtstag auch ein guter Anlass, bei dem wir Interesse an unserer Arbeit wecken möchten“, betont Koops und hebt hervor, dass es genauso wie vor einhundert Jahren wichtig sei, helfende Hände aus der Gesellschaft zu finden und Nachwuchs zu generieren. „Denn im Mittelpunkt unseres Wirkens steht immer der Mensch“, fasst er die Aufgabe der AWO zusammen.


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