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Reporter Eutin

Rat für Menschen mit Behinderung

Eutin (aj). Eine Behinderung darf niemals der Grund sein, dass Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, zu Zuschauenden degradiert, obwohl sie gestalten und erleben wollen und können. Teilhabe lautet das Schlüsselwort und es ist im Bundes-Teilhabe-Gesetz als rechtmäßiger Anspruch festgeschrieben. Das klingt gut und sollte selbstverständlich sein. Welche Leistungen Menschen mit Behinderungen im Einzelfall konkret zustehen, damit sie ihren Alltag so selbstbestimmt wie möglich leben können, hinter dieser Frage steht für viele ein unübersichtlicher Wust von Regelungen und Bestimmungen. Hier übernimmt die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) die Lotsenfunktion – kostenlos und unabhängig von den Trägern, die Leistungen bezahlen oder erbringen. In den Beratungsstellen erhalten Menschen mit Handicap oder von einer Beeinträchtigung Bedrohte einen umfassenden Wegeplan zu mehr Selbstbestimmung: „Wir sind dabei nur den Menschen verpflichtet, die unsere Beratung in Anspruch nehmen“, erklärt Beraterin Birgit Karußeit. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Sabine Pitschmann und ihrem Kollegen Torben Müller unterstützt und berät sie die Menschen, die in eine der Beratungsstellen im Kreis kommen.
Der Hauptsitz der EUTB ist in der Peterstraße 21d in Eutin, direkt gegenüber dem Bahnhof an der Ecke des Durchgangs in Richtung Innenstadt. Hier werden in individuellen Gesprächen Fragen zur Beantragung des Behinderungsstatus beantwortet, es gibt Auskunft zu Ausbildung oder beruflicher Neuorientierung, mögliche Hilfsmittelversorgung und Reha-Maßnahmen werden ebenso beleuchtet wie die Ansprüche auf Eingliederungshilfe oder Erwerbsminderungsrente. Kurz gesagt: Die qualifizierten Beraterinnen und Berater loten in jedem einzelnen Fall die Möglichkeiten aus, um den Menschen, die ihnen in der Beratungsstelle gegenübersitzen, ein Höchstmaß von Teilhabe erreichbar zu machen.
Das Angebot der EUTB ist im Teilhabe-Gesetz verankert. Im Kreis Ostholstein steht der eigens dafür gegründete Verein zur Förderung der Teilhabe in Ostholstein als Träger hinter der EUTB. Ins Leben gerufen haben ihn ehrenamtliche Mitglieder des Beirates für Menschen mit Behinderungen. Das ist etwas Besonderes, sind es doch in der Regel große Institutionen wie die Lebenshilfe, die die EUTB tragen: „Es ist ein Glücksfall für Ostholstein, dass hier die ehrenamtlich Tätigen diese Energie aufgebracht haben und dass wir auf dieser Grundlage unabhängig arbeiten können“, sagt Sabine Pitschmann. Die Sozialpädagogin, die zuvor viele Jahre in verantwortlicher Position in der Eingliederungshilfe gearbeitet hat, hat Erfahrungen mit den Unwägbarkeiten, die Menschen mit Handicap behindern: „Es gibt in der Gesellschaft zusätzlich zur Behinderung Hürden, die wir aufbauen. Diese zu umschiffen, ist mir ein Anliegen“, erklärt sie. Mit Sozialarbeiter Torben Müller gehört seit Juni ein qualifizierter Kollege zum Team, der seinerseits aufgrund seiner gesundheitlichen Situation seit Jahrzehnten Herausforderungen begegnet: „Seit es das Teilhabe-Gesetz gibt, war es mein Ziel, in einer solchen Beratungsstelle Teilhabe-Berater zu sein“, berichtet er. Einen Mangel machen die Profis in der Dichte der Assistenzangebote im Kreis Ostholstein aus: „Da klafft eine große Lücke“, so Pitschmann. Sie führt aus: „Wenn zum Beispiel eine Jugendliche nicht hinaus kann, ohne dass jemand den Rolli schiebt, ist Assistenz, also eine Begleitung, die Voraussetzung für Teilhabe. Und eine solche Assistenz ist schwer zu bekommen.“ Eine Lösung könnte im Aufbau eines Pools von Menschen liegen, die solche Assistenzleistungen anbieten. Außerdem will das Team daran arbeiten, ehrenamtliche Peer-Beraterinnen und Peer-Berater zu rekrutieren, mit Behinderung lebende Menschen also, die ihrerseits als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung stehen. Und auch, wenn Corona derzeit Vieles blockiert, können sich grundsätzlich Interessierte für Praktika oder Hospitanzen gern melden. Und trotz Corona gilt: Für Menschen mit Behinderung stehen die Türen während der Öffnungszeiten oder nach Vereinbarung für eine Beratung offen. Es ist ein Weg, der sich lohnt, denn wie Birgit Karußeit betont: „Menschen mit Behinderung können sich durchaus um ihre Belange kümmern, wenn man ihnen diese Fähigkeit nicht abspricht, sondern ihre Ressourcen stärkt!“

Öffnungszeit und Kontakt

Beratungsstelle Eutin: Dienstag, Mittwoch, Freitag 9 Uhr bis 11.30 Uhr, Montag u. Donnerstag 14 Uhr bis 16.30 Uhr
Fehmarn (Bahnhofstraße 5, Amtsgebäude, Dachgeschoss, Besprechungsraum Bauamt): Jeden ersten Donnerstag im Monat 9 Uhr bis 11.30 Uhr
Heiligenhafen (Markt 4-5, Rathaus, Erdgeschoss, Büro 112): Zweiter und vierter Donnerstag im Monat 14 Uhr bis 16.30 Uhr
Lensahn (Dr.-Julius-Stinde-Straße 2, Haus der Begegnung, Eingangsbereich): Jeden ersten Dienstag im Monat 9 Uhr bis 11.30 Uhr
In den Beratungsstellen in Oldenburg und Ahrensbök finden wegen der aktuellen Corona-Lage derzeit keine Beratungen statt.
Es können auch Beratungstermine im eigenen Haushalt vereinbart werden, wenn die Beratungsstellen nicht aufgesucht werden können.
Kontakt unter: (Telefon: 0177-9575978; 0177-9575970 oder 0177-9575979;
Email: karusseit@teilhabe-oh.de; pitschmann@teilhabe-oh.de; mueller@teilhabe-oh.de


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