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Petra Remshardt

Die Klosterjäger

Klostervogt Fritz Grimm im alten Cismarer Schepel mit den beiden ersten Klosterjägern Lothar Bünnig und Wolfgang Barziniak.

Klostervogt Fritz Grimm im alten Cismarer Schepel mit den beiden ersten Klosterjägern Lothar Bünnig und Wolfgang Barziniak.

In einer Serie stellt der reporter einmal im Monat die Ortschaft Cismar in den Fokus. Vor allem die geschichtliche Seite des Klosterdorfes wird dabei intensiv beleuchtet. Das Material stammt aus der Festschrift zum 100. Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr von Chronist Hans-Uwe Hartert.
 
Aus der Taufe gehoben wurden die Klosterjäger im Jahre 1971 vom legendären Klostervogt Fritz Grimm, der auch sonst als Ideengeber und Motor für viele Neuerungen bei dörflichen Veranstaltungen bekannt war. Ursprünglich war von ihm angedacht, im Rahmen der Eingemeindung von Cismar nach Grömitz mit einer eigenen Kompanie in die Grömitzer Bürgergilde einzutreten. Die Verhandlungen scheiterten allerdings und so kam er auf die Ideen, dass er als selbst ernannter Klostervogt, der vor allem die Restaurierung und Belegung der Klosteranlage als Ziel vor Augen hatte, auch ein Gefolgte brauchte.
So suchte er sich zunächst zwei stattliche Mannsbilder, Lothar Bünnig und Wolfgang Barziniak, steckte sie in einen alten Kartoffelsack und nannte sie Klosterjäger. Der Funke sprang über und bald gehörten viele ehrwürdige Cismarer Bürger wie Heinz Bünning, Horst Bergner, Kurt Domnik, Ottfried Wiese, Hugo Baust, Uwe Fischer, Max Voß, Peter Hamer zu dieser Riege, die den Klostervogt bei vielen Auftritten begleiteten. Auf Dauer waren die Jutesäcke nicht mehr „attraktiv“ genug und die „Uniform“ der Klosterjäger wurde neu gestaltet. Der Klostervogt selbst ließ sich ein „Wams“ (so heißt seitdem das Oberteil) aus feinem hellbraunen Leder schneidern, das Gefolge bekam Wämse aus braunem Kunststoff, als Skai vielen Älteren noch bekannt. Dazu kam ein grüner Schützenhut, der mit Fasanenfedern verziert wurde. Den schönsten Hut hatte natürlich der Klostervogt, wie es sich für den Anführer der „wilden Gesellen“ des Dorfes gehörte.
Für die Frauen des Dorfes schuf er die Cismarer Tracht nach einem Ölgemälde vom Kloster, auf dem Frauen beim Wäsche waschen am Mühlenteich zu sehen sind. Über viele Jahre wurde die Tracht von circa zwanzig Frauen bei Festen getragen, doch inzwischen ist sie so gut wie verschwunden. Einer der Hauptgründe ist sicherlich, dass sich unter den Frauen keine vergleichbare Gemeinschaft wie die Klosterjäger unter den Männern gebildet hat.
 
Als Jäger musste man zudem bewaffnet sein. So wurden beim Schmied Otto Meier in Cismarfelde Speerspitzen in Auftrag gegeben, die auf einem Besenstiel befestigt wurden - und schon konnte man „in den Kampf“ ziehen. Damit es nicht zu gefährlich wurde, waren die Spitzen oben abgeplattet. Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts fertigte Walter Bergeest zusätzlich noch eine Anzahl von „Waffen“ aus Holz an, weil die Schar der Klosterjäger immer größer wurde und schließlich jeder „bewaffnet“ sein wollte.
Ihre Auftritte hatten die Klosterjäger bei allen dörflichen Festen - und das bis heute hin. Es ging jeweils los beim Maieinsingen, wo man zusammen mit den Feuerwehrkameraden und dem Musikzug der Gemeindewehr Grömitz den Maikranz vom Eingang des Dorfes bei der alten Post abholte und ihn mit Musik durchs Dorf zum Kloster trug, wo er dann am Mast aufgerichtet wurde.
Der zweite Anlass war die jährliche Sonnenwendfeier, bei der die Klosterjäger den Auftrag hatten, mit viel Getöse die Regenhexe und später dann die Regenwolke zum Feuerstoß zu bringen.
Beim Bürgervogelschießen geleiteten die Klosterjäger die Kommersleitung und den König/die Königin mit Gefolge ins Festzelt und später in den Festsaal, immer mit dem inzwischen legendären Schlachtruf: „He, he ... ho, ho“!
Um die Traditionen des dörflichen Lebens zu bewahren und die Kinder und Jugendlichen bei den Festlichkeiten mit einzubeziehen, hatte man in Cismar frühzeitig die Idee, auch die Kinder zu Klosterjägern zu machen. Während bei den Erwachsenen nur Männer zu den „Wilden Gesellen“ gehörten, war das Geschlecht bei den Kindern und Jugendlichen egal. Mit großer Freude und auch mit großem Stolz trug und trägt der Nachwuchs von Cismar, ob Mädchen oder Junge, das Wams und die Waffen und war und ist bei jeder Veranstaltung dabei.
Fast jeder, der in Cismar aufgewachsen und heute schon erwachsen ist, war bei den Klosterjägern dabei, was natürlich auch den Effekt hatte, dass die Eltern mit zu den Festen gingen und ihren Spaß am Auftritt ihres Nachwuchses hatten und haben. Viele ehemalige Kinderklosterjäger sind heute aktiv in der Feuerwehr oder in anderen Vereinen dabei und helfen mit, das Dorfleben zu gestalten.
 
Als Fritz Grimm im Jahre 1989 die Kommersleitung beim Bürgervogelschießen an Horst Kahl, Kalli Wulf und Detlef Ewald abgab und ins zweite Glied zurücktrat, wurden auch die Strukturen bei den Klosterjägern geändert. Horst Kahl wurde zum „Oberklosterjäger“ befördert und leitete von nun an die Horde der wilden Gesellen. Aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis stießen viele neue Männer zu den Klosterjägern und halten der Truppe bis heute die Treue.
Dabei soll an dieser Stelle einmal gesagt werden, dass die Klosterjäger kein Verein und keine offizielle Organisation sind, es gibt keine Satzung, keine Mitgliedsbeiträge oder Ähnliches. Was die Klosterjäger verbindet und weshalb sie im Dorf so aktiv sind, ist die Kameradschaft untereinander und die Freude daran, bei der Gestaltung der Feste des Dorfes mitzuhelfen.
Unter Leitung der Feuerwehr ist das Bürgervogelschießen inzwischen eine gemeinsame Veranstaltung von Ortswehr und Klosterjägern, die von einem hervorragenden Gemeinschaftssinn geprägt wird. Jeweils am Sonntag nach dem Bürgervogelschießen haben die Klosterjäger einen weiteren Auftritt. Vor dem Bürgergottesdienst in der Klosterkirche begrüßen sie die Damen mit einer roten Rose und alle Gottesdienstbesucher werden eingeladen, sich mit einem „Roten Florian“, klarem Wasser aus der Johannesquelle oder auch mit einem Korn die Stimmbänder zu benetzen, damit der Gesang in der Kirche besser zu hören ist. (red)


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