Reporter Timmendorf

Gedenkstätte Ahrensbök: Info-Tafeln erläutern Fakten zum „Todesmarsch“

Stockelsdorf/Ostholstein. An den Stelen, die an den Todesmarsch von Hunderten KZ-Häftlingen durch Ostholstein auf die „Cap Arcona“ Ende April, Anfang Mai 1945 erinnern, hat die Gedenkstätte Ahrensbök neue digitale Informationstafeln enthüllt. Damit soll neuen, modernen und zeitgemäßen Ansprüchen an die insgesamt zwölf Stelen entsprochen werden, die 1999 von der Gedenkstätte zwischen Lübeck und Neustadt aufgestellt wurden. Die Aktualisierung ist Teil des Programms „80 Jahre danach“ des „Aktionsnetzwerks für Demokratie und Erinnerung in Ostholstein“ an der Gedenkstätte Ahrensbök.

Im Rahmen einer kurzen Zeremonie an der Stele in Pohnsdorf sprachen Stockelsdorfs Bürgermeisterin Julia Samtleben und die Leiterin der Gedenkstätte Ahrensbök, Manja Krausche, vor der Enthüllung durch Stockelsdorfs Rathauschefin und Pohnsdorfs Dorfvorstand Nico Wilcken einleitende Worte.
Julia Samtleben: „Das Thema Erinnerungskultur ist ein ganz wichtiges Thema. In wenigen Wochen werden wir wieder hier stehen und nicht nur an die gefallenen Soldaten, sondern aller Opfer der Weltkriege gedenken. Wir sind in einer Zeit, da ist es wichtiger denn je, zu erinnern.“ Sie sei immer wieder fassungslos, was gerade in der Welt passiere. Auch, was in den USA vor sich gehe: das Ausgrenzen von Minderheiten, was häufig am Anfang von totalitären Systemen stehe. „Denn ausgrenzen von Minderheiten stärkt die Masse, die nicht zur Minderheit gehört.“ Als Jugendliche habe sie viel etwa über Roma und Sinti gelesen und sich geschworen, nie in der Situation sein zu wollen, zuzugucken. „Und ich denke, wir müssen jetzt handeln, damit so etwas nie wieder passiert – auch in Deutschland.“

Ihr persönliches Schicksal ist eng mit Ostholstein verbunden, ließ Stockelsdorfs Verwaltungschefin wissen. Hier lernten sich später ihre Großeltern kennen, nachdem ihr Großvater als britischer Kriegsgefangener in Grömitz an Land gegangen war. „Ich bin froh, dass wir jetzt auch hier in Stockelsdorf so eine kleine Gedenktafel haben, zu der wir unsere Kinder auch hinschicken können und alle innehalten und an das denken, was passiert ist.“
Manja Krausche betonte anschließend, dass das 1921 errichtete Ehrenmal in Pohnsdorf an die im 1. Weltkrieg gefallenen Soldaten erinnere, nicht aber an die Häftlinge, die hier ermordet worden seien. „An die Häftlinge, die in Lübeck/Vorwerk im Hafen angekommen sind mit einem Elbkahn und dann zu Fuß durch Bad Schwartau, Rensefeld und hier nach Pohnsdorf kamen, durch Ahrensbök weiter nach Neustadt, wo sie auf die ,Cap Arcona‘ kamen.“

Anschließend las sie einen Augenzeugenbericht einer Bad Schwartauerin vor, die das schreckliche Szenario schilderte, als der „Todesmarsch“ durch Rensefeld zog. „Wir standen am Hoftor und sahen sie vorbeiziehen. Es waren rund 150 Häftlinge. Sie hatten Mühe, sich überhaupt zu bewegen. Gekleidet in Lumpen, einige ohne Schuhe. Sie waren nicht gefesselt, denn sie waren so schwach, dass niemand hätte fliehen können. Lediglich von fünf Soldaten wurden sie bewacht“, zitierte sie aus dem Bericht der Augenzeugin.

„Es war nicht so, dass man die Opfergruppe nicht gesehen hat. Man kannte diese Gruppe. Aber man wollte sie nicht sehen. Ganz lange nicht“, so Manja Krausche. „Und es hat in dem Fall tatsächlich bis 1999 gedauert, bis hier in Pohnsdorf diese Stele platziert wurde. Und sie wurde nicht vom Amt oder dem Land platziert, sondern im Rahmen einer Jugendbegegnung mit einem Künstler zusammen und mit viel ehrenamtlichem Engagement. Diese Stele ist eine von zwölf, um an den Todesmarsch durch Ostholstein zu erinnern. Und mit dem man sich auseinandersetzen sollte beziehungsweise muss.“

Die Patenschaft über die Stele und das Infoschild hat Dorfvorstand Nico Wilcken vom benachbarten Bauernhof übernommen. „Wenn man hier steht und darüber nachdenkt, was damals passiert ist, muss man heute Obacht haben, dass sich so etwas nicht wiederholt in der Geschichte“, sagte er. „Weltweit spielen Kinder miteinander. Kein Mensch wird mit Hass geboren“, sagte er. Das werde durch Erziehung, dem Umfeld, Politik, Wirtschaft und von religiösen Gruppen teilweise hervorgebracht. „Wir müssen es in unserer Gesellschaft so hinkriegen, dass keine politischen oder ethnischen Minderheiten ausgegrenzt werden, um Gemeinsamkeit zu schaffen, dass das nicht noch einmal passiert.“

Abschließend enthüllten er und Bürgermeisterin Julia Samtleben im Beisein von Monika Metzner-Zinßmeister, Gründungsmitglied der Gedenkstätte Ahrensbök, Ingaburgh Klang,  Vorstandsmitglied und ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gedenkstätte, die neue Infotafel, die den gesamten Weg des Todesmarsches mit den zwölf Stationen zeigt, an denen eine Stele platziert ist. Der aktuelle Standort ist jeweils mit einem gelben Punkt markiert. Außerdem ist auf der Infotafel ein kurzer erklärender Beitrag zum Todesmarsch nachzulesen. Weitere Informationen erhält man über einen QR-Code. (SE)

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