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Paukenschlag im Hauptausschuss: Gemeindewehrführung von Timmendorfer Strand erklärt Rücktritt

Timmendorfer Strands Gemeindewehrführer Stephan Muuss und sein Stellvertreter Burkhard Wegener (re.) haben ihren Rücktritt erklärt. (Foto: René Kleinschmidt/Archiv)

Timmendorfer Strands Gemeindewehrführer Stephan Muuss und sein Stellvertreter Burkhard Wegener (re.) haben ihren Rücktritt erklärt. (Foto: René Kleinschmidt/Archiv)

Timmendorfer Strand. Der Sitzungsaal des Rathauses in Timmendorfer Strand war am Donnerstagabend, dem 15. September, zu Beginn der Sitzung des Hauptausschusses sehr gut gefüllt: Vor allem Mitglieder der vier Ortswehren und Bürgerinnen und Bürger aus dem Ortsteil Groß Timmendorf fanden den Weg ins Rathaus. Grund für das große Interesse war der Tagesordnungspunkt 11 „Feuerwehrbedarfsplan“. Bevor dieser Tagesordnungspunkt behandelt wurde, berichtete Bürgermeisterin Hatice Kara von einem Schreiben vom 14. September, in dem der Gemeindewehrführer Stephan Muuss und sein Stellvertreter Burkhard Wegener ihren Rücktritt aus privaten und familiären Gründen erklärt haben, also einen Rücktrittsgesuch gestellt haben. Bis zum Erhalt der Entlassungsurkunde bleiben sie jedoch im Amt! Danach stellte Stephan Muuss den Feuerwehrbedarfsplan vor: „Zum Wohle aller Feuerwehren möchten wir damit nun zum Abschluss kommen!“ Zum Rücktritt sagte Muuss: „Die Entscheidung für unseren Rücktrittsgesuch ist uns sehr schwer gefallen. Es gibt kein Zurück mehr.“ Unruhe sorgte am Abend ein Änderungsantrag der CDU-Frakton, welcher wenige Stunden vor der Sitzung im Rathaus eingereicht wurde. In diesem Antrag heißt es unter anderem, dass mit Timmendorfer Strand, Niendorf und Hemmelsdorf drei Ortswehren erhalten bleiben sollen und in Groß Timmendorf eine „Löschgruppe“ eingerichtet werden soll. Nach dem Änderungsantrag sollen auch die Planungen für das Feuerwehrgerätehaus in Hemmelsdorf fortgeführt werden, aber die geplanten Investitionsmittel für Groß Timmendorf (wofür es bereits eine Zusage von 750.000 Euro an Fördergelder gibt, Anm. d. Red.), sollen in die zukünftigen Planungen des Standortes Timmendorfer Strand investiert werden. Zu dem Antrag der CDU sagte Gemeindewehrführer Muuss noch während seines Vortrages: „Eine Löschgruppe hat den gleichen Ausstattungsbedarf an Mannschaft, Löschfahrzeugen und Gerätehäusern. Einzige ,Ersparnis’ wäre die Ortswehrführung und ihre Aufwandsentschädigung. Damit ist eine Investition wie vorgeschlagen in das Gerätehaus Timmendorfer Strand nicht umsetzbar. Bei welcher Ortswehr sollte die Löschgruppe denn geführt werden? Ein Jahr hat das Dorf und seine Freiwillige Feuerwehr alles gegeben, um ihr Dorfleben zukunftsfähig zu gestalten. Die Aufgabe der Ortswehr Groß Timmendorf wird mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Austritt aller Mitglieder führen. Kann sich das die Gemeinde im Hinblick auf den demografischen Wandel, die Tagesverfügbarkeit und die Motivation der Mitglieder leisten? Oder soll damit die Selbstauflösung einer Wehr forciert werden, weil man sich nicht traut, öffentlich den Antrag zu stellen, eine Ortswehr zu schließen? Ist eine Ortswehr weniger wert als andere, obwohl sie Mitglieder wirbt, ausbildet und sich stabilisiert? Wer eine Freiwillige Feuerwehr rein wirtschaftlich betrachtet und soziale Aspekte vernachlässigt, wird die Zukunft der Feuerwehren gefährden. Heute Groß Timmendorf, morgen Hemmelsdorf?“ Jörn Eckert (SPD) sagte nach dem Vortragen des Antrages durch Gudula Bauer (CDU): „Zu Ihrem Antrag: Dort schreiben Sie in ihrer Begründung: ,Der Feuerwehrbedarfsplan zeigt hohen Investitionsbedarf für den Neu- oder Umbau von Timmendorfer Strand in unbestimmter Höhe auf.’ In der Vorlage der Verwaltung wird jedoch ein klarer Beschlussvorschlag dazu formuliert: ,Die Standortfrage für die Ortswehr Timmendorfer Strand wird für 2017 eingeleitet. Planungskosten sind hierfür vorzusehen.’ Der vorliegende Feuerwehrbedarfsplan wurde mit enormen Zeit- und Arbeitsaufwand von Feuerwehr und Verwaltung aufgestellt und geprüft. Sie diskreditieren den Fach- und Sachverstand der erfahrenen Feuerwehrleute sowie unserer Ordnungsamtsleiterin Kerstin Hartz, die an diesem Plan intensiv gearbeitet haben und Sie gefährden mit ihrem Antrag den Brandschutz in unserer Gemeinde!“ Dann zitierte Jörn Eckert kurz aus dem CDU-Wahlprogramm der letzten Kommunalwahl für diese Wahlperiode: „Die Freiwilligen Feuerwehren sind nicht nur aus Gründen des Brandschutzes unverzichtbar, sondern ein wichtiger und wesentlicher Teil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens in der Gemeinde Timmendorfer Strand. Deshalb werden wir alles dafür tun, dass die einzelnen Ortswehren erhalten bleiben.“ Der Antrag wurde trotz Aufforderung Eckerts nicht zurückgenommen, aber im späteren Verlauf der Sitzung auch nicht angenommen. Es bleiben somit alle vier freiwilligen Feuerwehren und die Kombinationen aus Dorfgemeinschaftshäusern und Feuerwehrgerätehäusern werden in Hemmelsdorf und Groß Timmendorf weiter geplant und gebaut. „Es bestand im Vorfelde über eine lange Zeit Konsens über alle Fraktionen. Und dann hat die CDU plötzlich ,eine Idee’ und stellt die Fachkompetenz der Wehrführer in Frage durch die Ablehnung des Feuerwehrbedarfsplans in wesentlichen Teilen,“ so Jörn Eckert, der wie die anderen Ausschussmitglieder den Rücktritt der Gemeindewehrführung sehr bedauert. Direkt auf das Statement der SPD sagte Gudula Bauer (CDU): „Sie haben uns missverstanden! Wir möchten Groß Timmendorf nicht schließen, sondern als ,Löschgruppe’ erhalten. Außerdem fordern wir einen nachhaltigen Feuerwehrbedarfsplan.“ Sie betonte auch: „Fördergelder sind auch Steuergelder, mit denen man sorgfältig umzugehen hat.“ Gemeindevertreter Udo Halenza (jetzt parteilos) gegenüber der CDU: „Dass die CDU glaubt, sie sei die bessere Feuerwehr, das verwundert mich schon sehr, dafür haben wir eine Gemeindewehrführung, also Fachleute. Die CDU hat es es damals, als ich selber noch dabei war, sogar mit angeschoben, in Groß Timmendorf ein Dorfgemeinschaftshaus mit Feuerwehr zu errichten.“ Thomas Brede, Ortswehrführer Groß Timmendorf, sagte: „Der Motivationstopf ist in aller Munde, diese Motivation wird nun von einer Fraktion getreten. Wie soll man da neue Mitglieder werben?“ Bürgermeisterin Hatice Kara: „Jetzt wäre die Zeit für ein Signal, nicht nur etwas für den Tourismus zu tun, sondern auch für das dörfliche Zusammenleben und den Zusammenhalt in einer Ortschaft.“ Vorher sagte sie: „Was ich hier durch die Kameradschaft kennengelernt habe, geht weit darüber hinaus, was im Feuerwehrbedarfsplan steht. Je kleiner ein Ort ist, umso wichtiger ist eine Feuerwehr, bezogen auf den Zusammenhalt im Ort, bei Veranstaltungen sind es nämlich die Feuerwehren, die da sind und viel organisieren. Dorfgemeinschaftshäuser werden kaum noch gefördert, aber hier bekommen wir gleich zwei Dorfgemeinschaftshäuser in Verbindung mit den Feuerwehrhäusern gefördert, mit einer Höchstfördersumme in der Gesamthöhe von 1,5 Mio. Euro für beide Häuser.“ Vor der Abstimmung sagte Gudula Bauer (CDU): „Die Fachkompetenz liegt natürlich bei der Gemeindewehrführung. Wir hatten Bedenken aufgrund des Feuerwehrbedarfplanes, aber einige Punkte wurden ja von Stephan Muuss erläutert.“ Schließlich wurde namentliche Abstimmung beantragt und dem Feuerwehrbedarfsplan auch zugestimmt. Alle stimmten für den Erhalt der vier Ortswehren. Beim Neubau Hemmelsdorf stimmten acht Abgeordnete dafür, drei Abgeordnete von der WUB (Nicole Hopp, Andreas Müller und Kerstin Raber) enthielten sich. Beim Neubau Groß Timmendorf enthielt sich die WUB sowie zwei Vertreter der CDU (Rainer Steen und Olaf Warnke). Der Feuerwehrbedarfsplan wird in der Sitzung der Gemeindevertretung am 29. September noch einmal zur endgültigen Abstimmung auf der Tagesordnung stehen. (rk)


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