Ein Nistplatz für gefährdete Flieger
Eutin (ed). Trecker, Teleskoplader und Motorboot, BigBags voller Kies, ein paar Schwimmteile aus hochwertigem Kunststoff und eine Matte aus Schilf – dank dieser Ausrüstung, ausgezeichneter Kooperation, einer großen Portion Fachwissen um die Lebensgewohnheiten heimischer Tiere, Tatkraft und einem Herzen für den Naturschutz haben mehr als 20 Fluss-Seeschwalben-Paare, wenn sie im Frühling aus Afrika zurück in die Holsteinische Schweiz kommen, wieder eine Möglichkeit, hier ihren Nachwuchs gemütlich, sicher und in der Nähe leckerer Fische großzuziehen.
Fluss-Seeschwalben stellen eigentlich keine hohen Anforderungen an ihren Brutplatz – offen muss er sein, damit sie ihren Feind früh sehen und reagieren können. Aber der Untergrund spielt kaum eine Rolle, mit etwas Nistmaterial machen die gefährdeten Flieger sich sogar Beton ganz gemütlich. Am flachen Wasser wäre schön, damit die Nahrungsquelle nah ist. Nur werden diese Brutplätze immer seltener – an den Seen und auf den Inseln ist der Bewuchs am Ufer zu dicht, die Flüsse verlieren ihre natürliche Bahn und damit auch mögliche Orte zum Nisten am Ufer. So finden immer weniger der eleganten Vögel einen Ort, an dem sie sicher brüten können. Auch in der Holsteinischen Schweiz ist ihr Bestand deutlich rückläufig – daher hat es sich die Integrierte Station des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) auf die Fahnen geschrieben, für neue Brutplätze zu sorgen. Zusammen mit einem Team des Landesbetriebs für Küstenschutz (LKN) und dem NABU konnten zwei Brutflöße im Barkauer See verankert werden, auf denen sich im Frühling locker 20 bis 25 Fluss-Seeschwalbenpaare zum Brüten niederlassen können.
Dass die Brutflöße zu Wasser gelassen werden konnten, ist der Kooperation einiger Institutionen zu verdanken: Geplant und organisiert haben die Installation des Nistplatzes Jens Rethwisch von der Integrierten Station zusammen mit Luca Dettmers, die derzeit ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr im Umwelthaus Neustädter Bucht des BUND macht, ihre Stelle aber zwischen Umwelthaus und Integrierter Station aufteilt. Die beiden Einrichtungen betreuen viele Projekte gemeinsam und arbeiten naturgemäß eng zusammen – „da liegt es nahe, dass wir Luca alle Seiten des Naturschutzes zeigen“, erklärt Jens Rethwisch. „So bekommt sie einen tiefen Einblick, wie hauptamtlicher Naturschutz funktioniert.“ „Ich bekomme doppelt soviel mit“, freut sich Luca Dettmers. Mit ihrer Tatkraft unterstützt auch der BUND das Fluss-Seeschwalben-Brutprojekt. Technische Unterstützung mittels Teleskoplader und Motorboot leisteten vier tatkräftige Mitarbeiter des LKNs, dessen Havariekommando in Schwienkuhl bei Lensahn sitzt – „das war eine tolle Unterstützung“, so Carsten Burggraf, „diese Zusammenarbeit macht wirklich Spaß.“ Der NABU als Gebietsbetreuer war natürlich ebenso mit an Bord – das NABU-Team wird darüber wachen, ob auch die neue Brutflöße von den Fluss-Seeschwalben angenommen werden. Bezahlt hat die Aktion das Land und sorgt damit für nachhaltige Schutzmaßnahmen für alteingesessene, aber mittlerweile selten gewordene Vögel.
Gemeinsam wurden Ponton-Teile und Kies per Teleskoplader an den See geschafft, die Teile zusammengebaut, mit Kies und der Schilfmatte bedeckt und auf den See hinausgezogen. „Wir haben uns für zwei drei mal drei Meter große Pontons entschieden und sie aneinandergebunden“, erklärt Luca Dettmers, „weil sie weniger anfällig sind für den Wellengang als ein großes.“ Die beiden Pontons liegen nun mit einem Mooranker fest verankert im Barkauer See und warten auf den Frühling und ihre neuen Bewohner.
„Wenn es kein natürliches Habitat mehr für die Vögel gibt und der Rückbau nicht gelingt“, erklärt Jens Rethwisch von der Integrierten Station, „versuchen wir, künstliche Brutmöglichkeiten herzustellen.“ Unsere immer weiter begradigte und bereinigte Natur bietet immer weniger Tieren den Lebensraum, den sie brauchen. Umso besser, dass es Menschen gibt, die mit vereinten Kräften dafür sorgen, dass viele Arten Alternativen finden können. Und wenn es schwimmende Brutplätze sind. Dank der flachen Uferbereiche finden die Fluss-Seeschwalben ganz in der Nähe ihre Nahrung und mit den Flößen ein vor Räubern wie Füchsen oder Igeln geschütztes Habitat. Auch der Seeadler, der sich die ganze Aktion von weit oben anschaute, könnte sich auf ein reiches Mahl gefreut haben – allerdings hat er da nicht mit der Wehrhaftigkeit der Fluss-Seeschwalben gerechnet. Die findigen Flieger nämlich brüten gern in Kolonien und können so ihren Nachwuchs zusammen verteidigen: „Auf dem letzten Brutfloß nisteten zwölf Paare“, erzählt Jens Rethwisch, „und wenn die gemeinschaftlich auffliegen, mag ein Greifvogel nicht mehr angreifen. Im Notfall nehmen sie ihre spitzen Schnäbel zuhilfe und picken auf den Feind ein.“ Als zusätzlichen Schutz gegen den Feind und unwirtliches Wetter bauen Jens Rethwisch und Luca Dettmers derzeit schlichte, kleine „Schützhütten“, die im Frühling auf den Brutflößen ausgebracht werden sollen.
Für die Ponton-Teile aus hochwertigem Kunststoff eines österreichischen Herstellers habe man sich schon vor einigen Jahren entschieden, weil sie unempfindlich gegen Wind und Wetter seien und viele, viele Jahre halten, vor allem aber, weil Fluss-Seeschwalben sie sehr gern als Brutplatz annehmen. Die beiden neuen Brutflöße ersetzen die beiden in die Jahre gekommenen Holzflöße, die sehr gut angenommen worden waren – „wir haben mit diesen Brutflößen auch auf dem Middelburger See schon gute Erfahrungen gemacht“, erzählt Carsten Burggraf von der Integrierten Station, „ebenso wie auf den Lebrader und den Kührener Teichen.“ Tauschen die Mitarbeiter der Integrierten Station im Frühling die Schilfmatten aus, sitzen die Fluss-Seeschwalben bereits in der Nähe und warten, dass sie den Brutplatz checken und wieder in Betrieb nehmen können.
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