Mit Diaprojektor und Volksempfänger
Ahrensbök (hr). Wolf Rüdiger Ohlhoff ist für regelmäßige Besucher der Gedenkstätte Ahrensbök kein unbekannter Name, hält er doch immer wieder Vorträge zu verschieden Aspekten des Themas Musik in der Zeit des Natiionalsozialismus. Am vergangenen Sonntag hielt er seinen neuesten Vortrag: „…und die Musik spielt dazu“ Die Rolle der Musik in deutschen Konzentrationslagern.
Mit Fotos aus dem Diaprojektor und Musik aus einem originalen Volksempfänger (der zwar nicht mehr als Radio verwendet werden kann, aber dessen Lautsprecher noch intakt ist) zeichnet Ohlhoff die Leben verschiedener Musiker*innen nach, die in Konzentrations- und Vernichtungslagern zur Unterhaltung der Nazis Musik machen mussten.
Musik spielte in den Lagern eine große Rolle: Zu jeder Gelegenheit - sei es ein Appell oder eine Hinrichtung, die Ankunft neuer Häftlinge oder einfach zum Amüsement der Nazis - wurde Musik gespielt. Das Männerorchester Auschwitz musste, wie einige Überlebende berichteten, sogar in den Gaskammern spielen, ohne zu wissen, ob das Gas hinterher angehen würde - die Lageraufseher wollten herausfinden, ob Musiker direkt vor ihrem Tod anders spielen würden.
Fast alle Konzentrations- und Vernichtungslager hatten eigene Orchester, in denen Häftlinge spielten - im Konzentrationslager Auschwitz gab es zwischenzeitlich sogar bis zu sechs Orchester gleichzeitig. Musikalische Bildung konnte Häftlingen das Leben retten, wenn sie gut genug waren, um in einem Orchester zu spielen: In den drastischsten Fällen wurden bekannte Musiker aus der Schlange vor den Gaskammern rausgeholt und beauftragt, ein Orchester zusammenzustellen, aber auch in den Konzentrationslagern, die keine Vernichtungslager waren, konnte eine zusätzliche Mahlzeit nach einem gelungenen Konzert Musiker vor dem Hungertod bewahren. Oft waren nur Berufsmusiker*innen in den Orchestern erlaubt, Juden und Jüdinnen anfangs verboten und erst geduldet, wenn keine anderen Musiker*innen mehr verfügbar waren, aber in manchen Orchestern durften auch Hobbymusiker*innen spielen.
Ohlhoff liest aus Memoiren von Überlebenden, zeigt alte Fotos und Zeitungsausschnitte und zeigt so die Menschen hinter der Geschichte: Da war beispielsweise die Jüdin Alma Rosé, die Joseph Mengeles Experimenten zum Opfer gefallen wäre, hätte sie nicht darum gebeten, ein letztes Mal auf ihrer Geige spielen zu dürfen. Ihr Spiel berührte sogar die Lagerleiterin Maria Mandel (die für ihre Grausamkeiten nach dem Krieg zum Tode verurteilt wurde), sodass sie stattdessen den Auftrag bekam, ein Mädchenorchester in Auschwitz aufzubauen. „Wenn wir nicht gut spielen, kommen wir ins Gas“, soll sie ihren Musikerinnen vor den Auftritten gesagt haben - ein Satz der zeigt, dass der Sonderstatus, den Musiker*innen in den Lagern hatten (weniger Arbeitsdienste, um Proben zu können, bessere Unterkünfte, nach besonders gelungenen Konzerten Extrarationen Essen) auch seine Gefahren barg.
Doch die Musik diente nicht nur der Unterhaltung der Nazis, sondern gab oft auch den Häftlingen Kraft und stärkte ihren Überlebenswillen. In einigen extra für die jeweiligen Lager geschriebenen Liedern fanden sie Trost, wie in dem Buchenwald-Lied in dem es heißt: „und einmal kommt der Tag, da sind wir frei.“ Im Konzentrationslager Theresienstadt war Musik anfangs sogar verboten, doch einige Häftlinge schafften es, Instrumente in das Lager zu schmuggeln und heimliche Konzerte auf Dachböden und Kellern zu geben.
Ohlhoffs Vortrag führte den Zuhörern die Grausamkeit der Nazis deutlich vor Augen, wie es kein Geschichtsbuch vermag, aber zeigte gleichzeitig auch die Hoffnung auf, die selbst in den schlimmsten Zeiten in der Musik liegt.
Auf Grund der Corona-Pandemie durften nur rund 20 Zuschauer*innen dem Vortrag bewohnen, einige nicht angemeldete Gäste mussten sogar abgewiesen werden, um den Mindestabstand zu gewährleisten. Trotz Maskenpflicht auch während des Vortrages war das Interesse so groß, dass es eine Wiederholungsveranstaltung im Februar oder März geben wird.
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