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"Schon vor Jahrhunderten wuchs im Küchengarten Wein"

Eutin. Wer dem Küchengarten so Lange neues Leben gewünscht hat, dem geht zur Zeit hier das Herz auf – und ähnlich dürfte es auch den Gärtnermeistern längst vergangener Zeiten gehen, wenn sie sehen könnten, wie endlich wieder Struktur im Küchengarten einzieht. Die Kesselbäume, die so lange darauf gewartet haben, hier endlich wachsen und gedeihen zu können, wie es schon ihre historischen Vorbidler taten, der kleine Hexengarten, der Apothekergarten, der Spargel, der im Boden Kraft für den Frühling tankt. Eine sogenannte Klimamauer aus handgefertigten Ziegeln teilt den von hohen Mauern geschützten Garten mit dem wundervollen Klima für Obst und Gemüse, das sonst nur in südlicheren Gefilden wächst. Und fast kann man es sich vorstellen, dass hier im Sommer schon wieder Orangen-, Zitronen-, Pomeranzenbäume stehen und ihre Duft verströmen. Was aber ganz sicher zum Staunen und Naschen einlädt, sind die Weinreben, die seit der vergangenen Woche an der Klimamauer entlang ranken. Melanie Engel, die auf dem Ingenhof in Malkwitz eines der nördlichsten Weingüter Europas betreibt, hat ihn zusammen mit ihrem Mitarbeiter Andreas Gaus gepflanzt und führt damit eine alte Tradition des Küchengartens fort. "Schon vor Jahrhunderten wuchs im Küchengarten Wein", sagt Stephanie Bolz von der LGS gGmbH, "das ist durch viele Bilder belegt. Und sogar ein kleines Weinhaus stand hier, dessen Reste noch bis in die Siebziger Jahre hinein zu sehen waren." Seit aber alles umstrukturiert wurde, blieb keine Spur mehr vom Wein der Herzöge. Kathrin Franz, die Landschaftsarchitektin, die für die Revitalisierung des Küchengartens zuständig ist und der wir auch die Kesselbäume zu verdanken haben, "war es wichtig, dass auch jetzt wieder Wein im Küchengarten wächst", strahlt Stephanie Bolz. Die ersten Reben hat die Landschaftsarchitektin bereits gesetzt – roten Regent, der ganz prächtig mit dem weißen Solaris des Ingenhofs harmoniert. "Wir bauen ebenfalls diese beiden Sorten an", sagt Melanie Engel, "denn beides sind widerstandsfähige Sorten, die früh reifen und auch mit etwas mehr Regen auskommen." Schon ganz lange haben sie und Stephanie Bolz, die für die festen Anlagen der Landesgartenschau zuständig ist, Kontakt wegen des Weins für den Küchengarten. Und da jetzt die Klimamauer fertiggestellt ist und der Wein noch Zeit hat anzuwachsen, haben Melanie Engel und Andreas Gaus an der sonnenbefluteten Seite der Mauer drei Solaris-Reben und an der Südmauer der Orangerie sieben weitere gepflanzt. "Wir haben Hochstämmchen gewählt, da sie den anderen Reben ein Jahr voraus sind", erklärt Melanie Engel, die mit ihrem Ingenhof-Team auch die Pflege der Reben übernimmt. "Schon im nächsten Frühjahr sprießen Triebe aus der Veredelungsstelle und so können wir im Herbst schon die ersten Trauben erwarten." So wächst nicht nur wieder Wein im Küchengarten, so sehen die Besucher der Landesgartenschau, dass auch bei uns hier oben guter Wein gedeiht – und sie dürfen ihn selbstverständlich auch kosten, denn Melanie Engel lädt, wenn das Wetter mitspielt und das wird es wohl im Jahr der Landesgartenschau, auch zur Mini-Weinlese ein. Ende September wird es wohl soweit sein – "für Wein wird es nicht ganz reichen", lacht Melanie Engel, "aber naschen können wir schonmal – und in der Traube kann man schon erahnen, wie der Wein schmecken wird." Wie der norddeutsche Wein des Ingenhofes schmeckt, das können die Landesgartenschau-Besucher dann auf dem Regionalmarkt gleich um die Ecke des Küchengartens im Torhaus erleben, denn hier hat das Weingut Ingenhof einen Weinstand und bietet den Wein, der im Herbst zuvor gekeltert wurde, an – der weiße Solaris, der rote Regent und ein feiner Rosé erstaunen längst Weinkenner in ganz Deutschland. Denn als Melanie Engel sich 2008 um einen Teil der Rebrechte bewarb, die Rheinland-Pfalz damals freigegeben hatte, sie auch bekam und begann, in Ostholstein Wein anzubauen, wurde sie in den klassischen Weinregionen belächelt. Inzwischen baut der Ingenhof auf zwei Hektar Weiß- und auf einem Hektar Rotwein an. "Und wir sind total zufrieden mit der Entwicklung", lacht die Winzerin – vor allem schmeckt auch der Wein, ob trocken oder halbtrocken ausgebaut ist der norddeutsche Wein zum Essen oder solo ein echter Genuss. Und in ein paar Jahren wird es dann vielleicht wieder die ersten Flaschen des herzoglichen Küchengarten-Weines geben.


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