„Es sind unsere Toten“

Neustadt in Holstein. Am 27. Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Erst seit 2006 wird an diesem Tag ebenfalls der Ermordung von mehr als 200.000 kranken und geistig oder körperlich beeinträchtigten Menschen gedacht, die im Rahmen der nationalsozialistischen Politik und im Zusammenwirken mit der damaligen Ärzteschaft getötet wurden, wenn man sie nicht heilen konnte. Das Gelände des heutigen Ameos Klinikums Neustadt ist einer der Orte, an denen das Ungeheuerliche stattfand: In der damaligen „Heil- und Pflegeanstalt“ wurden von 1940 bis 1944 1.001 Patientinnen und Patienten in Tötungsanstalten abtransportiert. Nur 70 von ihnen überlebten, 931 fanden den Tod.

„Die letzten Überlebenden dieser furchtbaren Zeit verlassen uns nun. Daher sind wir aufgerufen, die Erinnerungen weiter zu tragen und diese auch an unsere Kinder weiterzugeben. Denn je weiter wir uns von den geschichtlichen Ereignissen entfernen, desto abstrakter wird es“, betonte der ärzliche Direktor des Ameos-Klinikums Neustadt Dr. Daniel Ehmke am vergangenen Freitag am Mahnmal für die Opfer neben Haus 1. Im Rahmen der Gedenkfeier gedachten Geschäftsführung, Betriebsrat und Mitarbeitende der Opfer.

Pastor Stefan Kramer: „Keiner von uns hat Erinnerungen an diese Toten. Dennoch: Es sind unsere Toten. Uns verbindet etwas. Und sei es nur der Boden, auf dem wir gerade stehen oder die frische Luft, die wir gerade atmen, die auch die Opfer hier atmeten, so lange sie noch atmen durften. Und so lange wir hier herkommen, Jahr für Jahr, behalten die Opfer einen schmalen, einen hauchdünnen Anteil am Leben dieser Welt.“ (ab)