„Der große Preisschock ist vorbei“ – Ein Interview mit Janus-Geschäftsführer Thorsten Schmidt
Neustadt in Holstein. Der Holzpreis war in diesem Jahr auf Achterbahnfahrt und mit ihm viele Bauherrinnen und Bauherren, Handwerksbetriebe und auch der Handel. Nachdem das Bauen mit Holz im Sommer schon fast als unbezahlbar galt, hat sich die Lage mittlerweile entspannt. „der reporter“ sprach mit Janus-Geschäftsführer Thorsten Schmidt über die Gründe und Auswirkungen dieser Preisentwicklung.
Was waren aus ihrer Sicht die Ursachen für die hohen Preise und die geringe Verfügbarkeit von Holz?
Thorsten Schmidt: Der entscheidende Grund für den Mangel und die hohen Preise von Holz lag in der starken Nachfrage aus dem Ausland. Durch den Handelsstreit zwischen den USA und Kanada wurde das Holz in den USA knapp. Auch die hohe Nachfrage aus China und aus Russland spielten eine große Rolle. Hinzu kamen Lieferengpässe aus Fernost, weil das auf Grund gelaufene Containerschiff „Ever Given“ den Suezkanal blockierte. In der Folge importierten die Chinesen und die Amerikaner massive Mengen an Holz. Deutschland hat große Waldbestände und zählt zu den größten Schnittholzexporteuren auf dem globalen Holzmarkt. Viel Ware ging also Richtung Übersee.
Zusätzlich gab es die hohe Nachfrage im Inland. Daraus resultierte, dass die Preise weiter nach oben gingen. Probleme gab es auch bei den Sägewerken, die an ihre Kapazitätsgrenze kamen, was lange Lieferzeiten nach sich zog. Nicht zu vergessen die coronabedingte Kurzarbeit bei Lieferanten. Wir hatten teilweise die Situation, dass unsere Lieferfirmen keine Auftragsbestätigungen mehr schicken konnten und wir nicht mehr wussten, was wir wann bekommen. Dann setzte ein weiteres Phänomen ein: Die Leute fingen an, Holz zu horten. Diese Hamsterkäufe haben die Sache zusätzlich befeuert.
Können Sie die Entwicklung an einem Preisbeispiel veranschaulichen?
Thorsten Schmidt: Nehmen wir den Preis für Dachlatten: Der Meterpreis ist von 80 Cent – das war Anfang des Jahres – auf drei Euro gestiegen. Heute liegt er bei 1,20 Euro.
Wie ging es den Handwerksbetrieben und den Bauherrinnen und Bauherren?
Thorsten Schmidt: Die Auftragslage für die Holzbauunternehmen war zu Beginn des Jahres gut. Wer vor den Preisschwankungen einen Vertrag geschlossen hatte, stand aber im Frühjahr vor dem Problem, dass er das Holz teurer einkaufen musste. Mitte des Jahres war das Material zwar größtenteils wieder verfügbar, aber der Preis hatte sich vervierfacht. Das war für viele Betriebe eine heikle Situation, denn die hohen Preise konnten nicht an die Bauherren weitergegeben werden.
Janus blickt auf eine über 230-jährige Geschichte zurück und hat sicher viele Marktschwankungen überstanden. Wie ging es der Firma in diesem Sommer?
Thorsten Schmidt: Wir haben in dieser Zeit davon profitiert, dass wir kein reiner Holzhandel sind, sondern mit Baustoffen und dem Baufachmarkt breit aufgestellt sind.
Wie hat Janus auf die Preisentwicklung im Holzbereich reagiert?
Thorsten Schmidt: So, wie es einer Traditionsfirma entspricht: umsichtig und bodenständig. Für uns war es wichtig, gemeinsam mit den Unternehmen durch diese Phase zu kommen, denn wir sehen uns als Nahversorger und verlässlicher Partner für die Region. Wir haben unsere Stammkunden schnellstmöglich über die Preisentwicklung informiert und ihnen geraten, sich einen Vorrat anzuschaffen – allerdings mit Augenmaß und so, dass alle etwas abbekommen. Es gab Anfragen aus dem Hamburger Speckgürtel, aus Mecklenburg und von der Westküste. Große Zimmereien wollten sich Material sichern und unseren Bestand aufkaufen. Das haben wir nicht gemacht. In dieser Situation sahen wir unsere Hauptaufgabe darin, die Unternehmen hier vor Ort zu versorgen.
Konnten Sie als Händler Einfluss auf die Preise nehmen?
Thorsten Schmidt: Wir haben uns dem Markt angepasst, sind aber immer auf Sicht gefahren. Sie müssen sich vorstellen, was hier los war: Plötzlich waren wir nicht mehr Händler, sondern fast schon Börsenmakler, wir haben abgestoßen, gekauft, verkauft. Als der Preis richtig in die Höhe schoss, sind wir allerdings ausgestiegen, um die Nachfrage zu brechen. Wir hatten teilweise leere Regale, und zwar nicht, weil wir kein Holz bekommen konnten, sondern weil wir die hohen Preise abgelehnt haben. Und tatsächlich ist der Marktpreis dann ja wieder gesunken.
Wie ist Ihre Prognose? Ist Bauen mit Holz in Zukunft noch bezahlbar?
Thorsten Schmidt: Der große Preisschock ist meines Erachtens vorbei. Bauholz ist wieder gut verfügbar. Und die Nachfrage ist gefallen. Wir rechnen damit, dass die Preise im Holzbereich Anfang des Jahres ungefähr auf diesem Niveau bleiben. In den Bereichen Dämmstoffe und Stahlerzeugnissen kündigen sich derzeit noch Preissteigerungen an. Wir gehen aber davon aus, dass auch die sich im Laufe des nächsten Jahres wieder einpendeln werden und die Preise fallen. Dass Bauen in Zukunft nicht mehr bezahlbar ist oder man nicht mehr in der Lage ist, eigene Projekte umzusetzen, das glaube ich nicht. (he)