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Plön zeigt, wie Gedenken heute geht

Am Volkstrauertag werden Schüler der Gemeinschaftsschule Szenen aus dem Leben Oskar Kuschs nachstellen. Gymnasiasten begleiten musikalisch.

Am Volkstrauertag werden Schüler der Gemeinschaftsschule Szenen aus dem Leben Oskar Kuschs nachstellen. Gymnasiasten begleiten musikalisch.

Bild: V. Graap

Plön (vg). Den Volkstrauertag nach Schema F gestalten? 08/15-Rituale machen andere, in der Stadt Plön wird der stille Gedenktag zur lebendigen, generationsübergreifenden Veranstaltung. Am Sonntag, 16. November, um 11 Uhr lädt ein breites gesellschaftliches Bündnis in die Nikolaikirche ein, um eine „besondere Form der Erinnerungskultur zu begehen“, so Bürgermeisterin Mira Radünzel. Gerade in der heutigen, schwierigen Zeit sei es wichtig, auf die Opfer von Gewalt und Krieg aller Nationen zu besinnen, betont die Verwaltungschefin. Neben der Stadt rufen auch die evangelische Kirchengemeinde, das katholische Militärpfarramt, die Förde Sparkasse, die Marineunteroffizierschule (MUS) und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zur Teilnahme auf. 
Wesentlich beteiligt sind außerdem Schüler der Gemeinschaftsschule und des Gymnasiums. „Im Zentrum der Veranstaltung steht jedes Jahr ein Leitgedanke oder Leitpersönlichkeit. Ein Thema, mit dem sich die Jugendlichen im Vorfeld lange auseinandersetzen und den Gästen dann detailliert vorstellen. Diesmal berichten die Schüler der Gemeinschaftsschule über die Geschichte des Marineoffiziers Oskar Kusch“, erläutert Mira Radünzel. „Es handelt sich um einen jungen U-Boot-Kommandanten, der 1944 hingerichtet wurde, weil er sich kritisch über Hitler geäußert hat“, klärt Lehrerin Antje Kemmler-Reder auf. Die Klasse 10a habe sich intensiv mit dem Menschen Oskar Kusch, von dem viele Briefe erhalten geblieben sind, befasst. „Er war sicher kein klassischer Widerstandskämpfer. Er hat sich aber getraut, dezent Kritik zu üben – mit folgeschweren Konsequenzen.“
Die 15- und 16-jährigen Schüler werden die Gewissensnöte, die Kusch, der eigentlich schon immer ein Freigeist gewesen ist, plagten, anschaulich in einer szenischen Darstellung wiedergeben – informativ, berührend und mahnend. Anschließend folgt ein Redebeitrag von MUS-Kommandeur Kapitän zur See Edgar Behrends. Musikalisch gestalten die Schüler Luise Litauer (Harfe), Lucas Breckwoldt (Klavier) und Johanna Bustorf (Gesang) vom Gymnasium Schloss Plön den Vormittag.
„Dass wir unsere Gedenkveranstaltung ganz ohne angestaubte Rituale angehen, findet landesweit Beachtung“, weiß Bürgervorsteher Thure Koll. Auf die obligatorische Krankniederlegung kann aber auch Plön nicht verzichten: Gegen 12.15 Uhr folgt das Gedenken am Ehrenmal an der Bieberhöhe, zu dem die Teilnehmer gemeinsam marschieren – begleitet von Pastorin Janina Lubeck sowie musikalisch durch die „Original Ostholsteiner“. Zum Abschluss findet ein gemeinsamer Gedankenaustausch beim Imbiss mit Erbsensuppe und Getränken in der Cafeteria des Gymnasiums statt. 
Einen richtigen Gottesdienst wird es in der Nikolaikirche diesmal nicht geben. Den kirchlichen Verkündigungsteil übernimmt die katholische Militärseelsorgerin Claudia Schophuis kurz und knapp nach den Grußworten.
Das Schicksal von Oskar Kusch
Oskar Kusch, Jahrgang 1918, trat der Kriegsmarine im April 1937 bei und wurde 1943 zum Kommandanten von U 154 ernannt. Bereits nach kurzer Zeit kam es zu politischen Differenzen zwischen Kusch und zwei seiner Offiziere. Kusch, Gegner des nationalsozialistischen Regimes, verlangte unter anderem, das Bild Adolfs Hitlers aus dem Offiziersraum zu entfernen.
Einer der Widersacher meldete Kusch, und am 16. Januar 1944 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen „Beschimpfung des Reiches, Gräuelpropaganda und Zersetzung der Wehrmacht“ in die Wege geleitet. Am 26. Januar 1944 wurde Kusch in Kiel zum Tode verurteilt und schließlich am 12. Mai 1944 durch Erschießen hingerichtet. 
 

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