Reiseeindrücke wie zu Urgroßvaters Zeiten
Schönberger Strand (kas) Es ist Sonntag, die Sonne lacht vom Himmel und an der Schönberger Strandpromenade und am Museums-Bahnhof geht es entsprechend lebhaft zu. Viele Schaulustige bummeln über das Museumsgelände und die Kameras klickten von allen Seiten. Am historischen Bahnhofsgebäude steht ein Zug auf dem Gleis bereit. Noch ist alles ruhig. Rund 20 wartende Fahrgäste schauen sich schon einmal die drei Personenwagen von innen und außen an. Die Waggons haben schon viele Jahre auf dem „Buckel“ und sind echte „Oldtimer“: Der erste Waggon, direkt hinter der Diesellok, wurde 1901 in Grünberg (Schlesien) erbaut und fuhr ab 1902 für die Braunschweig-Schöninger Eisenbahn, dann ab Anfang der fünfziger Jahre für die Teuteburger-Wald-Eisenbahn. 1960 gelangte er zur Kiel-Schönberger Eisenbahn. Der dahinter angehängte Waggon stammt aus dem Jahr 1898 und ist ein zweiachsiger Kleinbahn-Plattformwagen mit einem genieteten Untergestell und einem hölzernen Wagenkasten mit Laternendach. Für insgesamt 38 Reisende, die hier dritter Klasse mitfuhren, bot der Wagen auf seinen Holzbänken Platz und hatte im Gegensatz zum Grünberger Waggon kein WC vorzuweisen. Dieser Wagen fuhr früher bei der AKN/Hamburger Hafenbahn und wurde nach einer Grundüberholung und Aufarbeitung seit 2001 am Schönberger Strand eingesetzt. Der dritte Waggon aus der Reihe hat seine Hundert Jahre erreicht. Er stammt von der Schönberg-Kiel Route. Auch hier gibt es Sitzbänke aus Holz. Verzierungen schmücken Dachüberstände und Innenräume der alten Personenwagen. Es ist kurz vor 14 Uhr und Schaffner Stefan Dolezal fordert die Reisenden auf, einzusteigen und Platz zu nehmen. Stefan Dolezal, der sich hier in Original-Uniform präsentiert, ist einer von insgesamt 330 Ehrenamtlichen, die sich in ihrer Freizeit für den Erhalt der Museums-Bahn einsetzen. Dolezal gibt das Zeichen zum Abfahren. Die blaue 240 PS starke Diesellok setzt sich in Bewegung. Sie wurde 1960 bei der MaK in Kiel-Friedrichsort erbaut und ist derzeit die einzige Diesellok von insgesamt sechs, die betriebsbereit sind. Die anderen fünf werden derzeit in mühevoller Kleinarbeit im Lokschuppen in Aumühle (Kreis Herzogtum Lauenburg) vom Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn instand gesetzt. Da diese Arbeiten nur von Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit ausgeführt werden können, versteht es sich von selbst, dass die Instandsetzung sich über längere Zeit hinzieht. Nach acht Minuten Fahrt ist die Haltestelle Stakendorf erreicht. Nach einem kurzen Halt geht es weiter Richtung Schönberg. Nach weiteren sieben Minuten kommt der Bahnhof in Schönberg in Sicht. Die Lok wird abgekoppelt und fährt über die Weiche auf einer Nebenstrecke an den Waggons vorbei, um wieder in Fahrtrichtung die drei Wagen mitzunehmen. Signalbegleiter Martin Heimann hat die Bremsschläuche und die starke Anhängerkette schnell mit ein paar gekonnten Handgriffen angeschlossen und schon geht es wieder los, zurück nach Schönberger Strand. Lokführer Kai Pöhlsen hat früher einen ganz anderen Beruf gehabt. „Ich hatte aber immer Interesse für die Eisenbahn“, erzählt er. Aus den Anfängen mit einer Modelleisenbahn entwickelte sich ein noch größeres Hobby: Als Lokführer. Pöhlsen berichtet, dass man eine rund 12-monatige Ausbildung dafür absolvieren müsse. Man sieht ihm an, dass es ihm viel Spass bereitet: Viele Knöpfe und Hebel sowie das runde Rad zur Beschleunigung und zum Bremsen werden während der Fahrt von Kai Pöhlsen bedient. Auf der gesamten Strecke wurden viele Signale gegeben vor Überwegen, die zum Teil stark begangen oder befahren sind. An der einzigen Landstraße musste der Zug halten. Signalbegleiter Martin Heiman steigt aus und sichert mit der rot-weißen Flagge die Strasse. Signal geben - und weiter geht’s. Im Waggon ist es wesentlich angenehmer zu fahren, als auf der Lok, da die Federung nicht so gegeben ist und auch der kurze Achsabstand sich spürbar auswirkt. Die Fahrgäste verlassen die Waggons mit vielen neuen Eindrücken. Für eine so kurze Fahrt kann man es auf den Holzbänken wohl aushalten, aber über mehrere Stunden könnte es dann schon zur Qual werden, meint Schaffner Stefan Dolezal. Auf den Strecken von Schönberger Strand nach Kiel sind drei Personen- und ein Güterwagen im Einsatz. Mehr könne die Lok auch gar nicht ziehen. Von insgesamt sechs Personenwagen stehen derzeit drei zur Verfügung. Die anderen befinden sich in der Werkstatt. Von den Ehrenamtlichen sind auch noch einige wenige bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt, erzählt Stefan Dolezal. Sie können den Verein mit Rat und Tat unterstützen und bringen auch das notwendige Know-how mit. Hinzu kämen viele, die von Beruf Autoschlosser, Dreher oder Tischler seien, denn Vielseitigkeit sei hier besonders gefragt. Der Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn (VVM) freut sich übrigens jederzeit über weitere Mitglieder sowie auch Spenden. Am 23. Oktober ist die Saison offiziell beendet und dann geht es für alle Eisenbahn-Schienenfahrzeuge ins Winterlager Schönberger Strand beziehungsweise nach Aumühle, wo die Grundinspektionen und eine eventuelle Hauptuntersuchung durchgeführt werden. Diese benötige das Fahrzeug für seine Zulassung. Einige Sonderfahrten gibt es noch in der Adventszeit: So werden am Wochenende des 3. und 4. Dezember Adventsfahrten angeboten sowie am 29. Dezember eine Glühweinfahrt. Weitere Angaben über www.vvm-museumsbahn.de
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