Reporter Eutin

Verein „KuKuK“ arbeitet an einer umfassenden Stadtchronik

Schwentinental (mm). Es riecht etwas muffig, wenn Holger Malterer eine der zahlreichen Türen im Untergeschoss des Klausdorfer Bürgerhauses öffnet. Warum, das wird schnell deutlich. Hier lagern zurzeit unzählige Zeitungsartikel, Fotos und Dokumente aus längst vergangenen Zeiten. In die will der Verein KuKuK nun seine Nase ganz tief reinstecken. „KuKuK“, das ist die Abkürzung für den „Förderverein für Kunst und Kultur sowie kulturhistorische Projekte in Schwentinental“, ein eingetragener Verein, der sich im Januar dieses Jahres gegründet hatte. Eines seiner Ziele lautet: Bis spätestens Ende 2024 soll eine umfassende Chronik über den Ortsteil Klausdorf der Stadt Schwentinental fertig sein.
Doch der Reihe nach. „Willkommen in unserem Allerheiligsten“, sagt Malterer, während er den Schlüsselbund abzieht. Was der Kassenwart des Vereins KuKuK scherzhaft „Das Allerheiligste“ nennt, ist eigentlich ein gewöhnlicher Kellerraum. Rund 20 Quadratmeter, abgewetzte Linoleum-Fliesen, weiß getünchte Mauersteine, unter der Betondecke schlängelt sich ein halbes Dutzend Heizungsrohre. Zudem ein schmaler Schacht, der nur wenige Sonnenstrahlen reinlässt. Damit es nicht düster bleibt, knipst Holger Malterer das Licht an. Gleißend helle Neonröhren springen an, leuchten den Raum aus bis in den letzten Winkel. Denn gutes Licht ist gefragt, wenn sich hier die Amateurhistoriker vom KuKuK in das Kleingedruckte von alten Verträgen, schwer leserliche Zeitungsartikel oder feinste Fotodetails vertiefen. „Bis zu 14 ehrenamtliche Mitglieder von uns treffen sich hier regelmäßig, um alle Dokumente auszuwerten“, sagt er.
Die Aufgabe ist klar: Von ihrer Gründung im 13. Jahrhundert an bis zur Bildung der Stadt Schwentinental im Jahr 2008, über die gesamte Zeitspanne will der Verein eine ausführliche Chronik verfassen. Doch vor allem die Jahre von 1985 an haben es in sich. „Für die Zeit davor gibt es nicht so sehr viel zu tun“, erläutert Malterer. „Da können wir im Wesentlichen auf eine sorgfältig recherchierte Chronik von Werner Bombor zurückgreifen, die möglicherweise hier und da ergänzt werden muss“. Viel aufwendiger zu recherchieren seien Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit. „Immerhin, die wichtigsten Dokumente, die wir im Stadtarchiv von Klausdorf fanden, sind schon ausgewählt und hierhergebracht“. Als nächstes will der Verein das Stadtarchiv von Raisdorf unter die Lupe nehmen.
„Das Schwierigste ist, Ordnung in das umfangreiche Material zu bringen“, erklärt Malterer. Daher sei es gut, dass Experten dabei wären, die so was schon mal gemacht hätten. „Sogar ein Redakteur ist unter uns, selbst wenn der ab und zu rigoros zusammenstreicht, was wir mühevoll zusammengetragen haben“, scherzt er anerkennungsvoll. Damit die Geschichte möglichst lebendig erzählt wird, will der Verein auch Zeitzeugen befragen. „Doch es wird immer schwieriger, die zu finden“, meint Malterer stirnrunzelnd. Um den Berg der dokumentarischen Aufgaben abzuarbeiten, haben die Mitglieder vom KuKuK in der Mitte des Kellerraums zwei alte Bürotische aufgestellt. Zusammengeschoben bilden sie eine quadratische Fläche, auf der sich zurzeit Dutzende Ausgaben des „Gemeindeboten“ türmen. „Die Ausgaben von 1983 bis 1995 besitzen wir zwar lückenlos, doch leider keine jüngeren“ sagt Bernd Neumann, der im Verein für die digitale Archivierung verantwortlich ist. „Wenn jemand noch Ausgaben irgendwo zu Hause hat, und uns zur Verfügung stellen könnte, würde ich mich sehr freuen“, ergänzt er. Kontakt gibt es unter Telefon 0431-79352.Auf dem Tisch liegen zudem Chroniken von örtlichen Vereinen. Dabei handelt es sich meist um gebundene Heftchen, die diese anlässlich von Jubiläen geschrieben hatten, etwa die Freiwillige Feuerwehr zum 100-jährigen oder der Männergesangsverein zum 75-jährigen Geburtstag. „Diese Sonderdrucke bilden eine wertvolle Fundgrube für unsere Recherchen“, berichtet Malterer.
Eher unscheinbar wirkt ein mausgrauer Aktenschrank, der in einer Ecke des „Allerheiligsten“ steht, es ist kaum größer als ein gewöhnlicher Kühlschrank. Doch das Möbelstück hat es in sich. Es ist prall gefüllt, vor allem mit Fotos und Dokumenten aus dem Klausdorfer Archiv, und dem, was Bürger vorbeigebracht haben während der vergangenen Monate. „Hier haben wir so einigermaßen den Überblick“, weiß Bernd Neumann.
Noch keinen rechten Durchblick dagegen hat der Verein bei den sogenannten „roten Mappen“. Das sind Karton-Einlegeordner, die vorsortiert auf einem Regal aus weißen Spanplatten lagern, das sich über die gesamte Fläche einer Wand erstreckt. Sie enthalten vor allem Kopien von Zeitungsartikeln. Viele hatte schon der Chronist Werner Bombor gesammelt. Sie harren darauf, gesichtet und ausgewertet zu werden. „Da müssen wir jetzt unbedingt ran und das Ganze katalogisieren“, sagt Neumann.
Wann immer sich zu einem bestimmten Ereignis alle wichtigen Informationen puzzleartig zusammenfügen lassen, dann landen sie auf einem kleinen Tisch unterhalb des Lichtschachts. Das ist der Arbeitsplatz von Neumann, dessen Ausstattung eher spärlich anmutet; Linux-Rechner, Monitor, Flachbett-Scanner und Drucker. „Hier scannen wir alles ein und legen ein digitales Archiv an“, erzählt er. „Alles wird doppelt gesichert. Damit wirklich nichts schief geht, mache ich immer noch eine Kopie zusätzlich“, verrät er und zeigt eine tragbare Festplatte, die er aus seiner Jacke hervorholt.
Spätestens Ende nächsten Jahres soll die Chronik gedruckt werden. 1000 Exemplare peilt Holger Malterer an. „Wie umfangreich das Ganze mal sein wird, das wüsste ich selber gerne“, schmunzelt er, „denn als Schatzmeister vom KuKuK muss ich ja irgendwann das Geld dafür bereitstellen“. Es könnten mehrere Bände werden. Dagegen steht bereits jetzt fest, dass es eine Chronik-Homepage geben wird. Die koste zwar viel weniger, doch einfach sei das Vorhaben auch nicht. „Wegen der besonderen Anforderungen im Internet müssen wir hier noch einiges in Sachen Bildrechte klären“, sagt er.
Ob Homepage oder gedrucktes Papier, so oder so, es gibt viel zu tun. Doch wozu der Aufwand? Die Antwort kommt bei Malterer wie aus der Pistole geschossen: „Das Problem ist die Geschichtslosigkeit, die ich bei immer mehr Menschen beobachte. Dabei ist es so wichtig, dass Geschichte lebendig bleibt, wir aus ihr lernen. Begangene Fehler dürfen sich nicht wiederholen“, betont er, während er das Licht ausknipst und die Tür zum „Allerheiligsten“ sorgfältig zuschließt.


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