Die Wurzeln in Eutin und das Leben in den USA: „Gerannt ist er schon immer“ Benne Christian Anderson ist Deutscher Meister und Champion of Michigan im 3200 Meter-Lauf
Eutin (ed). Natürlich könnte man sich fragen, wieso ein Eutiner Familienwochenblatt über einen jungen Amerikaner berichtet, der in Rostock für einen Verein in St. Peter Ording gelaufen und Deutscher Meister geworden ist. Gleich aber nicht mehr, denn Benne-Christian Anderson, der junge Mann, um den es hier gehen soll, ist das Ergebnis des allerersten Austauschs der Partnerstädte Eutin und Lawrence. Damals verliebte sich eine junge Frau namens Stefanie Berger in einen jungen Amerikaner mit Namen Don Anderson – das ist mittlerweile 29 Jahre her und das Paar lebt heute mit seinen beiden Kindern Benne-Christian und Selma-Louise in Grand Rapids in Michigan.
Einmal im Jahr besuchen die Andersons Ingrid Berger in Eutin, ihre „Gnomi“, wie Benne und Selma ihre Oma nennen, weil sie die Kleinste in der Familie ist. Allein das Wortspiel zeigt, dass die beiden zweisprachig aufgewachsen sind, deutsch wie englisch fließend sprechen. Und beide sind begeisterte Läufer – Benne so begeistert, dass er der Schnellste Läufer seines Alters in Michigan ist, was ihm den Titel des Champion of Michigan eingebracht hat, und dass er mal eben in den Ferien bei Gnomi die Deutschen Meisterschaften mitgelaufen ist und sie gewonnen hat.
„Gerannt ist er schon immer“, erinnert sich Ingrid Berger, „und der sportliche Ehrgeiz liegt da irgendwie in der Familie. Sein Vater ist auch Läufer.“ Und der Papa war es auch, der Benne mit zarten 5 Jahren mnit zum Laufen genommen und über die Schnelligkeit und Ausdauer seines Söhnchens gestaunt hat. Mit dem Laufen hat der Kleine, der mittlerweile 19 und an die zwei Meter groß ist, nicht mehr aufgehört. „Er ist dann einen Wettkampf nach dem anderen mitgelaufen und war immer der Schnellste“, erzählt seine Oma, „an der Highschool hat er drei Schulrekorde gebrochen.“ Ob 1.600 oder 3.200 Meter, Crossläufe bergauf und bergab quer durch die Landschaft. Weil es ihm im Blut liegt, weil es ihm Spaß macht. Jeden Tag eine bis eineinhalb Stunden, ohne Wenn und Aber. Seine Hauptdisziplin sind die 3.200 Meter, da ist er ungeschlagen, der Schnellste im ganzen Bundesstaat. Ganz klar, dass da auch die Verantwortlichen der Leichtathlethik auf ihn aufmerksam wurden und ihm ein Stipendium angeboten.
Benne hat die Schule erfolgreich hinter sich gebracht und geht also jetzt studieren, Webdesign und Japanisch an der renommierten Syracuse University, an der auch der amerikanische Präsident Joe Biden studiert hat. Eine Universität, die ein Vermögen an Gebühren kostet – die Benne aber dank seines Sport-Stipendiums besuchen kann. Nicht ohne die entsprechenden Leistungen natürlich, denn so nett die Amerikaner ihre Sportler auch fördern, sie erwarten auch etwas dafür, „nämlich dass er trainiert und läuft und gewinnt“, sagt Ingrid Berger. Vorher aber hat er mal eben noch den Deutschen Meister mit nach Hause genommen. Denn als er hörte, dass während des geplanten Urlaubs in Eutin auch die Deutschen Meisterschaften U20 in Rostock stattfinden, dachte er sich: Da lauf ich doch mit. Denn Benne hat natürlich die beiden Staatsangehörigkeiten seiner Eltern und darf folglich auch in Deutschland an Wettkämpfen teilnehmen – wenn er in einem deutschen Verein Mitglied ist. „Am liebsten wäre ihm ein Eutiner Verein gewesen“, sagt Ingrid Berger, „aber es gibt keinen mit einer solchen Leichtathlethik-Sparte, die er dafür gebraucht hätte.“ Sein Vater erinnerte sich dann an einen deutschen Trainer, mit dem er während seiner Zeit in Deutschland trainiert hatte und der heute die Läufer des TSV St. Peter-Ording trainiert. Torsten Westphal freute sich über den Anruf aus Amerika und fragte nach den Zeiten des jungen Mannes. „Da hat er sich noch ein bisschen mehr gefreut und gesagt, dass er sehr gern Mitglied des TSV St. Peter-Ording werden und für den Verein in Rostock starten kann“, lacht Ingrid Berger. Und das hat Benne dann auch gemacht – wahrscheinlich zum Verdruss seiner Konkurrenten, denn die 3.200 Meter ist er mal eben in 8:15.14 Minuten gelaufen und mit Abstand Erster geworden – der nächste Läufer kam mit 8:17.87 ins Ziel, in dieser Disziplin eine Ewigkeit später. „Wir waren alle dabei und haben ihn bejubelt“, strahlt Ingrid Berger – und der TSV St. Peter-Ording hat noch nie so fix einen Deutschen Meister in seinen Reihen. Benne könnte nun bei den Europameisterschaften starten, müsste dann aber auf Wettkämpfe in den USA verzichten – weil da aber sein Leben ist, hat er sich nach einigem Überlegen für die USA entschieden.
„Gnomi“ freut sich über den Erfolg ihres Enkels, ist aber nicht nur deswegen stolz auf den Lütten, denn Benne sei viel mehr als nur Läufer. „Zum Beispiel ist er auch der einzige amerikanische Pfadfinder, der als Übersetzer zugelassen ist“, schmunzelt sie, „außerdem spielt er Fußball, macht Schiedsrichter, interessiert sich für Sprachen, ist empathisch und wirklich niedlich. Und das sage ich nicht nur, weil ich seine Oma bin.“ Was eine Städtepartnerschaft alles bewirken kann…sogar einen Deutschen Meister im 3.200 Meter-Lauf. Herzlichen Glückwunsch und weiter ganz viel Erfolg!