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Neuer Schulname: Pönitzer Schule heißt jetzt Emmi-Bonhoeffer-Schule

So wird die neubenannte Emmi-Bonhoeffer-Schule in Pönitz nach dem Umbau mit neuem Trakt D aussehen.

So wird die neubenannte Emmi-Bonhoeffer-Schule in Pönitz nach dem Umbau mit neuem Trakt D aussehen.

Bild: Trapez Architektur GmbH

Pönitz. Die Schulgemeinschaft der Grund- und Gemeinschaftsschule mit Oberstufe der Gemeinde Scharbeutz in Pönitz hat sich im letzten Schuljahr über mehrere Monate mit dem Wunsch eines neuen Namens für die Schule beschäftigt. In einem aufwendigen und demokratischen Entscheidungsprozess der ganzen Schulgemeinschaft ist bereits im Mai 2024 mit großer Mehrheit die Entscheidung für den Namen „Emmi-Bonhoeffer-Schule“ gefallen.

„Diese Entscheidung ist inzwischen auch durch den Schulträger der Schule und das Ministerium bestätigt worden, so dass wir mit dem neuen Schuljahr 2024/2025 nun den Namen ,Emmi-Bonhoeffer-Schule‘ tragen dürfen,“ berichtet Schulleiter Wolfram Henkies.

Zum Hintergrund: „In einer Zeit, in der Hass noch nicht bekämpft ist und dieser sogar von einigen Menschen als Meinung vertreten wird, müssen wir uns daran erinnern, dass Hass keine Meinung sein sollte. Denn schon in der Vergangenheit war eben dieser Ursache für unzählige Gräueltaten, Morde und Verfolgung; nicht nur zur NS-Zeit im Holocaust,“ das war der Gedanke des WiPo-Profils des 11. Jahrgangs von der Pönitzer Grund- und Gemeinschaftsschule, als ihnen erklärt wurde, dass sie für einen bestimmten Namen plädieren können, den die Schule zukünftig tragen soll. „Wir als gesellschaftswissenschaftliches Profil des 11. Jahrgangs sehen darin eine besondere Bedeutung und Dringlichkeit, ein Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Dringlichkeit aus dem Grund, weil es auch heute noch etliche rassistische und antisemitische Anfeindungen gibt und sich seit dem Ausbruch des Krieges im Gazastreifen sogar vermehrt haben. Die Berichte des Geheimtreffens von mitunter einflussreichen Personen aus der Politik gemeinsam mit bekannten Rechtsextremisten sollten uns ebenfalls vor Augen führen, dass wir uns nicht immer auf der Demokratie ausruhen können, sondern diese auch aktiv schützen und stärken müssen, um eine friedliche und nichthassende Gesellschaft zu unterstützen; schließlich ist die Demokratie unser Grundstein und die Essenz des friedlichen Zusammenlebens, nach dem wir streben. Aus diesem Grund möchten wir ein Zeichen setzen und schlagen die Benennung nach Emilie (genannt ,Emmi‘) Bonhoeffer vor.“

Emmi Bonhoeffer hat sich Zeit ihres Lebens für Demokratie und gegen das Vergessen der deutschen Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg spielte sie eine wichtige Rolle im Widerstand gegen die Nationalsozialisten und Hitler; Emmi Bonhoeffer übermittelte Nachrichten und Briefe an andere Widerstandskämpfer und stellte ihr Haus für geheime Treffen zur Verfügung. Nachdem ihr Ehemann Klaus und ihr Schwager Dietrich von den Nationalsozialisten im April 1945 hingerichtet worden waren, floh sie nach Gronenberg, in die heutige Gemeinde Scharbeutz, wo sie ihre drei Kinder im Alter von 6, 10 und 13 Jahren bei Bekannten untergebracht hatte.

In den Jahren nach Kriegsende engagierte sie sich für die zahlreichen Menschen, die aus den ehemaligen Ostgebieten unter anderem nach Schleswig-Holstein, insbesondere nach Ostholstein flohen. Inmitten unsagbaren Elends gründete Emmi Bonhoeffer eine Hilfsorganisation, die den Namen „Hilfe für Hilfe“ trug. Diese Hilfe fanden die Bedürftigen in Form von Kleiderspenden aus den USA, die sie durch gegenseitiges Helfen in der Nachbarschaft erhielten. Als amtliche Schlichterin half Emmi Bonhoeffer außerdem bei Streitfällen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen.

Von 1948 bis 1952 bekleidete sie das Amt der Gemeinderätin in Gleschendorf und prägte diese Gemeinde mit ihrem politischen und humanitären Wirken. Innerhalb der ersten Jahre, in denen Deutschland geteilt war, errichtete Emmi darüber hinaus ein Hilfsnetzwerk, welches es erlaubte, Spendenpäckchen ihren Weg in die DDR finden zu lassen. Zudem begleitete und unterstützte sie auch die Zeugen und Opfer des Holocausts 1964, die AusschwitzProzesse durchzustehen, die damit verbundenen, grauenvollen Erinnerungen und leistete den älteren Menschen wichtigen Beistand, den es ohne sie womöglich nicht gegeben hätte. Doch auch nach diesem Umfang an zivilgesellschaftlicher Arbeit und politischem Schaffen endete ihr prinzipientreues Engagement nicht. Stattdessen war sie jahrelang aktives Mitglied bei Amnesty International und setzte sich gegen die Stationierung der US-Atomwaffen in Deutschland ein. Emmi Bonhoeffer war eine Frau, der es ein Anliegen war, zu helfen und anderen beizustehen.

„Stark zu sein für die eigenen Kinder und die Gemeinschaft, die Zuversicht und Kraft nicht zu verlieren, trotz des Verlusts von Familienmitgliedern und Freunden, trotz der traumatisierenden Erfahrungen durch das totalitäre NS-Regime, finden wir äußerst bemerkenswert. Emmi Bonhoeffer steht unseres Erachtens auch über ihren Tod 1991 hinaus für die demokratischen und sozialen Werte, die auch wir leben und vermitteln wollen,“ so die Schüler. „Wir wollen Rückgrat und Pragmatismus zur gebotenen Zeit zeigen und Hilfsbereitschaft und unsere Menschlichkeit zu jeder Zeit sprechen lassen, weil wir alle Menschen sind. Aus dieser Vielzahl an Gründen sehen wir in Emmi Bonhoeffer eine Symbolfigur, deren Name unserer Schule eine noch ganz andere Form des Wiedererkennungswerts verleihen würde, nicht nur für alle Altersklassen und Geschlechter, sondern auch für unsere Gemeinde. Zudem bildet der Name eine Verbindung zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und unserer Weiterentwicklung.“

Trotz ihres Lebenswerkes gibt es nach Recherchen in Schleswig-Holstein und bundesweit keine Schule, die nach ihr benannt ist. Das Wahlgremium stimmte schließlich für die Umbenennung der Pönitzer Schule in „Emmi-Bonhoeffer-Schule“. (rk)

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