„Es wäre nicht ehrlich gewesen zu unterschreiben!“
Eutin (aj). Es geht nicht um Befindlichkeiten. Es geht darum, den Titel „Fairtradestadt“ andauernd mit Substanz zu füllen und denjenigen, die sich in der Stadt genau dafür einsetzen, respektvoll und unterstützend zu begegnen. Beides haben Verwaltung und Bürgermeister vermissen lassen und deshalb haben die Mitglieder von PlanE entschieden, nicht mehr als Steuerungsgruppe für den Prozess der Rezertifizierung als Fairtradestadt zur Verfügung zu stehen. So lässt sich nach einem ausführlichen Gespräch mit PlanE deren Haltung zusammenfassen. Bleibt für die Eutinerinnen und Eutiner die Frage: Wie konnte es so weit kommen?
PlanE – das sind zwölf Frauen und Männer, von denen sich die meisten als Fairtrade-Initiative zusammengefunden haben, um den 2013 von der Politik einstimmig beschlossenen Zertifizierungsprozess zur Fairtradestadt zu begleiten und aktiv mitzugestalten. Bei den regelmäßigen Treffen zeigte sich, dass Fairtrade nicht das einzige Thema im gemeinsamen Fokus war, deshalb entschied man sich, dies auch im Namen kenntlich zu machen.
Auch als PlanE blieb man Steuerungsgruppe für den Entwicklungsprozess der „Fairtradestadt“ Eutin. Eben diese Entwicklung sei, so PlanE, nach der Landesgartenschau ins Stocken, später zum Stillstand geraten: „Die Homepage wurde nicht aktualisiert, auf unsere Gesprächsangebote gab es keine Rückmeldung“, nennt Katharina Desch ein Beispiel. Und auch inhaltlich sei es bestenfalls bei fairem Kaffee und Schokolade geblieben: „Das ist nicht genug!“, stellt Desch klar. Beispiele, wie ein Zusammenwirken hätte aussehen können, gibt es: So hatte die damalige Gleichstellungsbeauftragte Gudrun Dietrich eine Ausstellung über faire Kleidung organisiert.
In diesem Jahr schließlich wandte man sich im April an Bürgervorsteher Dieter Holst. Der wollte vermitteln und schließlich traf man sich am 27. August bei Bürgermeister Carsten Behnk, just zu dem Zeitpunkt, an dem die Erneuerung des Titels „Fairtradestadt“ bevorstand. Dort, so erlebten es Anja Jacobsen, Andrea Lauströer, Katja Helmbrecht und Katharina Desch, wurden sie indes nicht zu dem von ihnen gewünschten klärenden Gespräch erwartet: „Es wurde uns gleich der Antrag auf Rezertifizierung zur Unterschrift vorgelegt“, erzählt Anja Jacobsen.
Auf ihren Hinweis, dass man sich im Rathaus intensiver mit der Umsetzung des Fairtrade-Gedanken auseinandersetzen müsse, sei als Antwort gekommen, dafür gebe es keine Kapazitäten: „Es wurde unterschieden zwischen Fairtrade und dem Tagesgeschäft mit der Multiprojektlage. Für uns muss Fairtrade Teil des Tagesgeschäftes sein“, so Andrea Lauströer. Wie das aussehen könnte, erklärt Katja Helmbrecht: „Es könnte Fairtrade-Präsentkörbe geben, bei der Anschaffung von Berufskleidung müsste man auf das Siegel achten.“ Ausschreibungen seien hinsichtlich der Kriterien des fairen Handels und der Nachhaltigkeit zu prüfen. „Zuallererst muss man sich einmal informieren, wofür der faire Handel steht“, fordert Sven Borgert. Die Bereitschaft zu Maßnahmen wie diesen sei nicht erkennbar gewesen: „Die Stadt will sich mit einem Titel schmücken, dessen Gehalt sie nicht lebt“, konstatiert Hans-Peter Klausberger. „Unter diesen Umständen wäre es nicht ehrlich gewesen, den Antrag auf Rezertifizierung zu unterschreiben und weiter als Steuerungsgruppe zu agieren“, fasst Katharina Desch zusammen.
Und nun? Der Vorschlag von PlanE wäre, die Rezertifizierung um ein Jahr zu verschieben. Und weil es nicht um Befindlichkeiten geht, sondern um Inhalte, will PlanE das Thema Fairtrade weiter aufs Tableau heben. Ohne das Rathaus, aber mit der Stadt.