Kristina Kolbe

Frustration über Parkgebühren: Eutiner Geschäftsleute beklagen ausbleibende Kundschaft und schlechte Stimmung

Eutin (aj). Wirken sich die neuen Parkgebühren auf die Stimmung in den Eutiner Geschäften aus? Wer mit dieser Frage in den Einkaufsstraßen der Innenstadt unterwegs ist, trifft auf Sorge, Empörung und Frustration: „Wir merken das 1:1“, sagt Anna Querfurth und führt aus: „Wir haben weniger Kundinnen im Laden und diejenigen, die kommen, sind gehetzt.“ Schon die erste Ausweitung der gebührenpflichtigen Zeiten habe sich dauerhaft niedergeschlagen: „Früher kamen viele Kunden nach 16 Uhr, wenn nicht mehr bezahlt werden musste, das gibt es jetzt nicht mehr“, berichtet Anna Querfurth. Die Inhaberin der Boutique „By Anna“ am Rosengarten 6 fragt: „Warum werden wir nicht mehr eingebunden, die Menschen kommen doch auch unsretwegen in die Stadt?“ Attraktiv sei eine Stadt ohne Läden jedenfalls nicht. Querfurth nimmt auch die Angestellten in den Blick. 7 Euro für ein Tagesticket seien eine enorme Belastung: „So ist das Parken für alle täglich Thema“, betont die Geschäftsfrau. Das erlebt auch Ina Kruschewski so. Sie betreibt das „wohnlich“-Fachgeschäft in der Königstraße. Sie findet klare Worte für die Situation: „Katastrophe! Es kommen weniger Kunden und in der Folge haben wir leere Kassen“, meint sie. Dazu kommt Unverständnis über die Rigorosität, mit der die neuen Regeln umgesetzt wurden: „Zwei meiner Kunden haben am Sonnabend gleich einen Strafzettel kassiert, die kommen nicht mehr, das haben sie angekündigt“, berichtet Kruschewski. Warum habe man nicht zunächst einen Hinweis gegeben, dass die neuen Regeln gelten, sondern gleich reichlich Strafzettel verteilt? 89 Verwarnungen haben die Mitarbeiter*innen des städtischen Ordnungsdienstes am vergangenen Sonnabend auf dem Parkplatz am Stadtgraben verteilt, wie die Verwaltung auf Nachfrage mitteilt.

Mit Blick auf andere Orte würde sich die Einzelhändlerin Kruschewski zudem mehr Anreize wünschen, um Menschen in die Stadt zu locken: „An Ideen ist auf unserer Seite kein Mangel, aber unsere Anregungen werden nicht aufgenommen“, stellt Kruschewski fest. Eigeninitiative werde sogar ausgebremst: „Wir wollten als Kaufleute vor vier Wochen die städtischen Pflanzkästen in unserer Straße herrichten, weil da nichts blüht“, erzählt sie. Das sei nicht gewünscht gewesen: „Es kam die Auskunft, darum kümmere sich die Stadt, das müsse einheitlich sein. Und bis heute blüht immer noch nichts“, sagt sie mit Blick auf die mobile Pflanzbox vor ihrem Fenster. Andere Orte erhöben auch Gebühren, böten aber bei weitem mehr Aufenthaltsqualität. Von den eigenen Parkkosten mag sie gar nicht reden: „Ich arbeite hier und bin gezwungen, ein 7 Euro-Tagesticket zu ziehen. Das beschäftigt auch Alexandra Kemp: „Ich habe hier einen Laden, zahle hier die Steuer, warum kann ich kein Anwohnerticket kaufen?“, so Klemp. Sie sitzt auf der Bank vor ihrem Geschäft: „Ich bin bei 50 Prozent weniger“, gibt sie bereitwillig Auskunft. Eine Kundin habe sich ganz offiziell verabschiedet. Es gehe nicht nur ums Geld, auch die Inhaberin von „piconaja women“ kritisiert die Art, wie die Neuregelung umgesetzt, beziehungsweise Verstöße geahndet wurden: „Warum weist man nicht zunächst noch einmal auf die Änderung hin?“ Auch sie spielt auf die Folgen an, die der Dauerfrust nach sich ziehen könnte: „Ich verstehe, dass die Stadt Geld braucht, aber wenn es keine Geschäfte mehr gibt, gibt es auch keine Einnahmen mehr.“ Andere Orte fänden andere Regelungen.

Wie das Dilemma zu lösen ist, dafür hat auch die Eutiner Wirtschaftsvereinigung (WVE) keine Lösung parat. Vorstandsmitglied Bettina Marheine ist als Laden-Inhaberin vom „Marheine’s“ selbst unmittelbar betroffen: „Die Kunden beschweren sich durchweg. 1,10 Euro für die halbe Stunde ist ihnen einfach zu viel“, ist auch ihre Erfahrung. Sie differenziert: „Anderswo zahlen wir das natürlich auch im Parkhaus.“ Nach ihrer Beobachtung gebe es bei Touristen eher eine Akzeptanz als bei Einheimischen. Zwar gebe es Überlegungen, den Kunden die Gebühr ab einem bestimmten Einkaufswert zu erstatten, so Marheine, wirklich ausgereift sei dieser Ansatz aber noch nicht. Und offenbar auch nur bedingt praktikabel, wie Peter Radomski in der „Pralinothek“ erklärt: „Dies ist ein so kleines Geschäft, ich wüsste gar nicht, wie ich das buchen sollte.“

Dass die Parkgebühren auch beim Essen in aller Munde sind, können Claudia und Marco Puglia bestätigen: „Die Gäste beschweren sich und man merkt, dass sie nicht glücklich sind, einige haben es eiliger als sonst“, fasst die Gastronomin das Stimmungsbild im Restaurant „Da Toni“ am Stadtgraben zusammen. Marco Puglia ist überzeugt: „Dass samstags bezahlt werden muss, ist unverständlich, so zieht man keine Leute nach Eutin.“ Das Team von „Blume Pur“ schließt sich dem an: „Wir sind nicht Hamburg und die Frage ist, ob die Menschen dann noch in die Innenstadt kommen oder dort kaufen, wo sie kostenfrei parken können“, sagt Floristin Nadine Frost. Die Kaufkraft sinke ohnehin und im Blumenfachgeschäft spüre man jede Erhöhung der Parkgebühren: „Die Kunden schimpfen“, sagen die Floristinnen.

Für Annette Klotz und ihre Schwester Brigitte Schneider, Touristinnen aus dem Sauerland, ist das Tagesticket für 7 Euro kein Thema: „Wir sind heute den ganzen Tag hier unterwegs“, erzählen sie. Ihr Auto steht am Berliner Platz: „Wir sammeln das gesamte Jahr über Münzen für die Parkscheine“, meinen sie fröhlich.

 


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