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Reporter Eutin

Wenn ein Foto alles zerstört

Eutin (aj). Kann ein einziges Foto, aufgenommen aus Liebe und via Whatsapp verschickt, ein Leben aus den Angeln heben und einen jungen Menschen in eine abgrundtiefe Verzweiflung stürzen? Ja, das kann geschehen. Und dafür, dass Teenager im Umgang mit den sozialen Medien sich selbst und anderen gegenüber achtsam und respektvoll agieren, stand in der letzten Woche eine besondere Theatertruppe auf der Bühne der Schlossterrassen. „Comic on“ aus Köln haben sich Aufklärung auf die Fahnen geschrieben und spielen ihre Stücke über Mobbing, Sexualität und soziale Medien deutschlandweit. In Eutin erzählten sie vor rund 250 Schülerinnen und Schülern der Voss-, Weber- und Wisserschule die Geschichte eines Mädchens, das von einem Jungen dazu gebracht wird, ihm ein Nacktfoto zu schicken. Er leitet das Foto weiter und entblößt sie damit vor allen in der Schule und in der Stadt. Selbst die beste Freundin wendet sich ab. Niemand hält zu ihr, die Situation scheint ausweglos. Sie für alle „die Schlampe“ und „selbst schuld“. Inszeniert im Stil einer Online-Reportage trug das Stück, die Jugendlichen folgten der Geschichte konzentriert und Lacher gab es nur an den dafür vorgesehenen Stellen. Das lag zum einen an der Präsenz des Schauspiel-Trios Anne Müller, Julia Knorst und Johannes Rosenzweig, zum anderen an der Brisanz des Themas, das der Lebenswirklichkeit des Publikums nahekam. Wie wichtig das Gespräch über solche Inhalte tatsächlich ist, zeigte die anschließende Diskussion. Mit gezielten Fragen rückten die Schauspieler*innen die wesentliche Frage der Schuld in den Fokus, stellten klar, dass nicht das Mädchen selbst, sondern der Junge, der um die Nacktaufnahme gebeten und sie dann weitergeleitet hatte, schuld war. Er und alle diejenigen, die nichts dagegen getan hatten. Mit Michael Bergmann lieferte der Präventionsbeauftragte der Polizei in Ostholstein wichtige Hintergrundinformationen. Gelegentliche Kommentare und Kichern wichen einer intensiven Stille, als Schauspielerin Anne Müller von der Begegnung mit einem Mädchen erzählten, für die die zuvor gezeigte Geschichte bittere Wirklichkeit geworden war: „ Im schlimmsten Falle kann so etwas zu Selbstmord führen“, so Müller. „In Gruppen braucht es Respekt“, lautete dann auch die eindringliche Botschaft. Dass sie die jungen Zuschauer*innen erreichte, war an vielen Punkten spürbar. Eine Woche lang waren „Comic on“ mit ihrem Programm in Schleswig-Holstein unterwegs. Der Eutiner Auftritt wurde finanziert durch die Jugendpflege der Stadt, das Jugendamt des Kreises und das Innenministerium des Landes. Für alle, die ihre Fragen nicht im großen Forum stellen wollten oder sich im Nachhinein noch über das Stück austauschen mochten, stand und steht der Instagram-Account von „Comic on“ offen. Aber auch vor Ort gibt es Ansprechpartner*innen. Zum Beispiel im Jugendzentrum, wo Jugendpflegerin Johanna Wester und ihr Team Rat wissen.


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