

Neustadt in Holstein. Die Seebrücke in Pelzerhaken wird vielleicht doch nicht neu gebaut, die Vereine müssen jetzt für die Nutzung der Sportstätten bezahlen, die Stellen für Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmanagement sind gestrichen, all diese Maßnahmen haben einen Ursprung: Die Stadt muss sparen. Derzeit laufen die Haushaltsverhandlungen und die Politikerinnen und Politiker setzen, wenn auch schweren Herzens, kräftig den Rotstift an, außer bei einer Sache: Den eigenen Sitzungsgeldern. Diese sollen erhöht werden und zwar um insgesamt 75 Prozent, gestaffelt auf drei Jahre. Wir haben bei den Fraktionen kurz nachgefragt, wie das eigentlich zusammenpasst.
Dem vorausgegangen war eine Anpassung der Entschädigungsverordnung des Landes, um den Aufwand der ehrenamtlichen Arbeit der Kommunalpolitikerinnen und -politiker gerecht zu werden. Die möglichen Höchstsätze könnten somit ab dem 1. Januar 2026 um bis zu 75 Prozent steigen. Damit wolle man den Kreisen, Städten und Gemeinden mehr Handlungsspielraum geben und das kommunale Ehrenamt stärken, erklärte Innenministerin Magdalena Finke. Sie betonte auch, dass die Anhebung um 75 Prozent dabei nicht vollständig ausgeschöpft und vor Ort die aktuelle Haushaltslage berücksichtigt werden müsse.
Mit diesem Beschluss begründen auch CDU und BGN ihre Entscheidung für eine Erhöhung der eigenen Sitzungsgelder zu stimmen. „Haupt- und Ehrenamt geraten zunehmend in Konkurrenz um Arbeits- und Lebenszeit, da viele Mandatsträger ihre ehrenamtliche Arbeit parallel zum Beruf und zur Familie leisten. Die Aufgabenfülle und das Maß der Verantwortung nehmen zu. Oft verbringen kommunal Engagierte viele Stunden pro Woche im Ehrenamt“, erklärten die Fraktionen. Sie sagen, dass eine angemessene Entschädigung Ausdruck von Wertschätzung und Motivation sei, Freiräume schaffe und Nachwuchs für die ehrenamtlichen Aufgaben sichere.
SPD und Die Unabhängigen weisen darauf hin, dass das Land Schleswig-Holstein bundesweit seit Jahren am unteren Ende liege, was die Entschädigungen für kommunale Mandatsträger betreffe. Die Lösung der gestaffelten Erhöhung bezeichneten sie als maßvolle Anpassung über mehrere Jahre. Außerdem handele es sich bei Sitzungsgeldern nicht um Bezahlung, sondern um eine Aufwandsentschädigung, die lediglich die größten Auslagen und den Zeitaufwand teilweise abdecken. Ein weiterer Aspekt sei die Teilhabe: „Kommunalpolitik soll kein geschlossener Zirkel sein, wir wollen Menschen ermutigen, sich einzubringen, unabhängig von Einkommen oder Lebenssituation“, erklärten die Fraktionen gegenüber dem reporter.
Die Fraktion der Grünen stimmte als einzige gegen die Erhöhung. Auf die Frage, wie zum Beispiel die Stellenstreichung des Nachhaltigkeitsmanagements zur Erhöhung der Sitzungsgelder passe, findet Fraktionsvorsitzender Mirco Stein klare Worte: gar nicht. Die Grünen finden eine faire Entschädigung zwar richtig, eine Erhöhung hätten sie allerdings erst nach der nächsten Kommunalwahl angestrebt. Auch setze diese Entscheidung in den Augen der Fraktion falsche Prioritäten. „Für Nachhaltigkeit heißt es ‚kein Geld da‘, aber für uns selbst werden Mehrausgaben beschlossen. Das schadet der Glaubwürdigkeit“, schloss Stein.
Sollten die Erhöhungen so umgesetzt werden, entstehen für die Stadt im Jahr 2026 circa 32.000 Euro zusätzliche Kosten. In den Jahren 2027 und 2028 kommen jeweils 31.000 Euro obendrauf. Bürgermeister Mirko Spieckermann erklärte, dass es ihm schwerfalle, diese Erhöhung nachzuvollziehen: „Eine derartige Lohnentwicklung hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben, die Beamten erhalten seit dem Jahr 2008 kein Weihnachtsgeld mehr beziehungsweise die derzeitige Rentendiskussion verbietet es eigentlich, einen derartigen Rahmen zu schaffen.“ Er hätte eine Anpassung an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Höhe von 20 Prozent für angemessen gehalten.
Wie hoch die Entschädigungen sind, ist in der öffentlich einsehbaren Entschädigungssatzung der Stadt festgehalten und kann unter www.stadt-neustadt.de unter dem Stichwort „Entschädigungssatzug“ nachgeschaut werden. Über die Neufassung der Entschädigungssatzung wird am 3. Dezember im Hauptausschuss abgestimmt. (ko)



