

Sierksdorf. Der Saal, in dem der Sierksdorfer Bau- und Umweltausschuss tagte, platzte am vergangenen Mittwoch aus allen Nähten. Und obwohl die Ausschussmitglieder noch zusätzliche Stühle aufstellten, gab es für einige nur noch Stehplätze. Dass so viele Bürgerinnen und Bürger als Gäste zu der Sitzung erschienen waren, hatte einen guten Grund: Der Tagesordnungspunkt Neubau Feuerwehrgerätehaus (zzgl. Wohnbebauung) Sierksdorf.
Sierksdorf hat seit Jahren mit der geringen Anzahl der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr zu kämpfen und steht kurz vor der Einführung einer Pflichtfeuerwehr. Demgegenüber stehen Sicherheitsbestimmungen und Vorschriften der Feuerwehrunfallkasse, die erfüllt werden müssen. Solange die Feuerwehrhäuser nicht den Vorschriften entsprechen, ist eine Verpflichtung aufgrund des fehlenden Arbeitsschutzes nicht rechtskonform. Es muss also eine Modernisierung des Gerätehauses in Sierksdorf her, so empfiehlt es auch der Feuerwehrbedarfsplan aus dem Jahr 2023.
Im Februar 2024 beschloss der Bau- und Umweltausschuss daher, eine Planungsgrundlage für den Neubau beziehungsweise die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses in Sierksdorf in einem Arbeitskreis zu behandeln. Dort wurden die Rahmenbedingungen und Anforderungen, auf deren Basis die Planung eines neuen Feuerwehrgerätehauses erfolgen soll, ermittelt. Neben der Bedarfsanalyse, also welche Fahrzeug- und Geräteanforderungen bestehen, wie viele Einsatzkräfte untergebracht werden müssen und so weiter, ging es auch um die Standortwahl. Diese wurde im Bau- und Umweltausschuss im Oktober des letzten Jahres ausführlich erläutert.
Fünf Möglichkeiten standen zur Debatte. Die Erweiterung am jetzigen Standort hätte zum Vorteil, dass das Feuerwehrgerätehaus bereits im Zentrum des Ortes liegt und dieser Standort erprobt und bewährt ist. Durch die Hanglage rechne man allerdings mit hohen Baukosten, außerdem würde der Spiel- und Bolzplatz sowie die Parkflächen hinter der Feuerwehr wegfallen. Der wichtigste Punkt ist jedoch der Abstand zum Schulwald, der mindestens 30 Meter betragen soll, wodurch ein Anbau nicht genehmigungsfähig wäre. Der Neubau „Am Redder“ wäre zumindest bauplanungsrechtlich uneingeschränkt machbar, auf die Gemeinde kämen allerdings hohe Grunderwerbs- und Erschließungskosten zu. Außerdem spricht die Problematik durch parkende Autos am Fahrbahnrand in der Sommersaison und die Lage im Außenbereich von Sierksdorf gegen diesen Standort. Der Neubau „An den Methkaten“ sowie der Neubau hinter den „Methkaten“ sind laut Feuerwehrbedarfsplan bedenklich, da hier die sogenannte Hilfsfrist nicht eingehalten werden könne. Die Hilfsfrist für Feuerwehren legt fest, dass die Einsatzkräfte innerhalb einer bestimmten Zeit, gemessen ab dem Zeitpunkt des Notrufes, am Einsatzort sein müssen. Wenn also die Einsatzkräfte alarmiert werden, müssen sie zunächst im Privatwagen zum Feuerwehrgerätehaus kommen, sich dort umziehen und schließlich mit dem Einsatzfahrzeug wieder ausrücken, dafür bleiben nur etwa 10 Minuten Zeit.
Schließlich konnte nur der Standort auf der Freifläche rechts der Schmidt-Rottluff-Allee die wichtigsten Bedingungen erfüllen, sodass das ein Planungsbüro mit der Ausarbeitung der Planunterlagen beauftragt wurde. Dieses Grundstück gehört bereits der Gemeinde, es gibt bauplanungsrechtlich keine Einschränkungen, die Hilfsfrist kann eingehalten werden und es gibt zusätzlich die Möglichkeit attraktiven Wohnraum auf der verbleibenden Fläche zu schaffen. All diese Punkte wurden in der Sitzung unter „Pro“ gelistet. Einziges Contra: Die Aufgabe einer Grünfläche mit sehr hoher Wertigkeit.
Genau diesen Punkt sehen auch die Einwohnenden kritisch. Nach Bekanntwerden des Bauvorhabens hat sich ein Bürgerbegehren gegründet und gegen den Standort auf dem sogenannten Millionenhügel (der reporter berichtete) eingesetzt. 300 Unterschriften von den in Sierksdorf lebenden Menschen wurden gesammelt und die Initiatoren rund um Familie Stellmacher riefen zur Beteiligung an der nächsten Bau- und Umweltausschuss-Sitzung auf. Diesem Aufruf folgten die Sierksdorferinnen und Sierksdorfer, die im Rahmen der Einwohnerfragestunde ihre Standpunkte erläuterten.
Den Anfang machte Ida Stellmacher, die vor allem die Erweiterung des jetzigen Standortes eingehender geprüft wissen wollte. Auch verdeutlichte sie ihre Sorge hinsichtlich der Alleebäume, die sie im Falle eines Neubaus gefährdet sah und verwies auf die vorgeschriebene Eingriffsminimierung in den Ort. Zusätzlich gab sie zu bedenken, dass es nicht im Sinne des Verkäufers Joachim Kallmorgen gewesen wäre, diese Fläche zu bebauen. Ausschussvorsitzender Volker Weidemann bekräftigte gleich zu Beginn, dass der Ausschuss am Sitzungsabend keine weiteren Beschlüsse fassen werde. „Gerade, weil Sie alle hier sind, ist das natürlich ein Hinweis für die Mitglieder, im Ausschuss und in der Gemeindevertretung, sich noch einmal detailliert mit dem ersten Planungsansatz auseinanderzusetzen“, so Weidemann, der außerdem mitteilte, dass der Kreis für außerortliche Flächen keine Baugenehmigung erteilen werde.
Bernd Stellmacher bezeichnete das Vorhaben als „Wellnessgebäude mit Seeblick“ und appellierte an das Gewissen der Ausschussmitglieder. Volker Weidemann sagte dazu, dass man hier keine Protzbauten für die Feuerwehr plane. „Wir haben verstanden, dass die Feuerwehr etwas braucht und wir werden den Schutz von Ehrenamtlichen nur bekommen, wenn wir ihnen vernünftiges Material und eine vernünftige Unterbringung hinstellen“, so Weidemann.
Die Gäste wollten außerdem wissen, welche Baukosten und laufenden Kosten auf die Gemeinde zukommen und hatten Fragen zum Bebauungsplan. Weidemann machte hierzu klar, dass bisher kein Bauvorhaben beschlossen wurde. „Wir haben einen geltenen B-Plan und dazu einen Beschluss im Bauausschuss gefasst, eine Änderung dieses B-Planes vorzunehmen. Weiter sind wir nicht.“
Insgesamt wurde deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mehr Transparenz wünschen. Weidemann appellierte: „Bitte nehmen Sie an den Sitzungen teil.“ Außerdem gab Ole Keding den Hinweis, sich über das Ratsinformationssystem zu informieren, wo alle Sitzungsprotkolle einsehbar sind. Bürgermeister Udo Gosch stellte noch einmal klar, dass die Gemeindevertretung versuche der Sache auch im Sinne der Einwohnerinnen und Einwohner gerecht zu werden.
Ein Punkt der bei den Bürgerinnen und Bürgern außerdem Fragen aufwarf, war ein existierender Entwurf zur Erweiterung des Bestandsgebäudes. Hier machte der Ausschussvorsitzende noch einmal deutlich, dass es sich lediglich um einen eingereichten Entwurf aus einem Architektenwettbewerb handele, der 2017 stattfand. Auch wolle man den Abstand zum Schulwald noch einmal anschauen und verbindliche Aussagen des Kreises einholen.
Einen Kritikpunkt an dem Bürgerbegehren hatte Reinhard Weidemann, der 30 Jahre lang Ortswehrführer der Feuerwehr Roge war. Er verwies auf die riesige Beteiligung des heutigen Abends und sagte: „Es ist sehr leicht gegen etwas zu sein. Ich vermisse jedoch die aktive Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Sierksdorf, die seit Jahren zu wenig Leute hat.“ Er hätte dieses Engagement gerne auch für die Mitgliederwerbung und aktive Unterstützung der Feuerwehr gesehen. Volker Weidemann stimmte ein und erklärte, dass man nicht der Feuerwehr einen Gefallen tue mit dem Neubau, sondern vor allem der Gemeinde. Marcel Schüler Ortswehrführer der Feuerwehr Roge erklärte, dass die Feuerwehr selbst in der Standortfrage ganz emotionslos sei: „Wichtig ist für uns als Feuerwehr, dass wir vernünftige Arbeitsmittel zur Verfügung haben.“
Zunächst einmal wurden kurzfristig Lösungen geschaffen indem als erster Schritt der Auftrag erteilt wurde, Container am jetzigen Standort aufzustellen, um der Feuerwehr zusätzlichen Raum zu schaffen. Abschließend betonte Gosch, dass er hoffe, dass alle verstanden haben, dass die Gemeindevertretung weiterhin versuche eine optimale Lösung für die Gemeinde herauszufinden, dafür brauche es aber noch einige verlässliche Aussagen und Gespräche, um die Rahmenbedingungen abzustecken. (ko)
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