Marlies Henke

Was macht die Polizei in der Schule? – Die Schülerreporter im Gespräch mit zwei Jugendsachbearbeiter

Jörg Nebel und Iris Merz berichten von ihrem Beruf bei der Polizei. (Foto Heike Rhein)

Jörg Nebel und Iris Merz berichten von ihrem Beruf bei der Polizei. (Foto Heike Rhein)

Bild: Petra Remshardt

Neustadt. Bei den Schülerreportern waren Iris Merz aus Neustadt und Jörg Nebel aus Oldenburg zu Besuch. Beide sind Jugendsachbearbeiter bei der Polizei.
 

Herzlich Willkommen in der Schülerzeitungs AG! Bitte stellen Sie sich kurz vor.
 
Iris Merz: Mein Name ist Iris Merz. Ich bin 47 Jahre alt. Seit langer Zeit schon bin ich Jugendsachbearbeiterin, weil ich gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeite. Aber ich beschäftige mich auch, wie jeder Streifenpolizist, mit Verkehrsunfällen, Raubüberfällen, häuslicher Gewalt, Stalking, Mobbing … und Präventionsarbeit an der Schule.
 
Jörg Nebel: Mein Name ist Jörg Nebel, ich bin 45 Jahre alt. Ich mache Jugendsachbearbeitung und habe mich spezialisiert auf den Bereich Drogen und Alkohol im Straßenverkehr und ansonsten mache ich auch alles, was meine Kollegin vorgestellt hat.
 
Wie sind Sie auf den Beruf gekommen?
 
Jörg Nebel: Mein Opa und mein Vater waren auch schon bei der Polizei. Dann hat sich das so ergeben.
 
Iris Merz: Ich weiß es nicht. Ich hatte die Wahl, entweder zur Polizei zu gehen oder Kunst zu studieren. Irgendwann habe ich mal eine Polizistin in einem großen Wasserwerfer gesehen. Da habe ich gedacht: Das würde ich gerne mal machen. Ich habe mich mit Polizei vorher überhaupt nicht auseinander gesetzt. Ich hab mich da einfach beworben, wurde bin genommen und war überrumpelt von dem, was in dem Beruf alles anfällt.
 
Was braucht man für Voraussetzungen?
 
Jörg Nebel: Man muss mindestens 16 Jahre alt sein und verschiedene weitere Voraussetzungen erfüllen. Für den mittleren Dienst benötigt man mindestens den MSA Schulabschluss, für den gehobenen Dienst Fach- oder Hochschulreife. Und man muss die Einstellungsprüfung bestehen. Es bewerben sich jedes Jahr deutlich mehr junge Menschen als genommen werden können. Da werden dann die besten genommen.
 
Welches sind Ihre Aufgaben?
 
Jörg Nebel: Es ist so, dass wir beide viel Jugendsachbearbeitung machen. Alle die unter 21 Jahre alt sind, die gelten bei der Polizei als jugendliche Heranwachsende. Die werden von speziell geschulten Kollegen betreut.
 
Iris Merz: Die Polizei ist hauptsächlich für die Strafverfolgung da, Sachbeschädigung, Diebstahl, Körperverletzung, Beleidigung, und so weiter. Wir ermitteln. Wir arbeiten den Gerichten zu. Wir sind sozusagen der längere Arm der Justiz, also des Richters, des Staatsanwalts. Und wir sind für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten da. Das fängt an zum Beispiel wenn jemand seine Kippe auf die Erde schmeißt, wenn jemand falsch parkt, wenn jemand zu laut Musik hört – es gibt verschiedene Ordnungswidrigkeiten. Wenn uns jemand anruft, müssen wir das verfolgen, alles aufschreiben und gucken, welche Strafe in Frage kommt. Dann sind wir noch für zum Beispiel Prävention da, das heißt, wir gehen in Schulen, Kindergärten, Altenheime und erzählen, was die Polizei macht oder wo jeder aufpassen muss.
 
Ist Ihr Beruf anstrengend?
 
Jörg Nebel: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Phasen, in denen es auch körperlich mal anstrengend ist, zum Beispiel wenn wir uns um einen betrunkenen Menschen kümmern müssen. Es kann aber auch geistig anstrengend sein, weil man relativ viel konzentriert am Computer arbeitet. Wir schreiben Berichte und darin muss etwas Vernünftiges stehen. Denn das lesen Richter oder Rechtsanwälte.
 
Iris Merz: Wir müssen rechtssicher sein. Das heißt, die Polizei darf Grundrechte einschränken. Das bedeutet zum Beispiel, dass ich dich in gewissen Situationen festhalten und dein Recht auf Freiheit einschränken darf. Und das muss ich wissen, wann ich das machen darf. Niemand anders darf Grundrechte einschränken. Und da müssen wir natürlich immer konzentriert sein. Bei uns ist es nicht unbedingt körperlich anstrengend. Ganz selten, dass ich mal hinter jemanden hergelaufen bin. Anstrengender ist es für den Kopf. Jetzt sitzen wir hier beim Interview, dann geh ich weiter und habe vielleicht einen schweren Verkehrsunfall wo ein Kind verletzt wird und die Mami am Verzweifeln ist. Dann komme ich wieder auf die Dienststelle und da ist vielleicht Omi, die bei Ebay betrogen wurde. Dann muss ich wieder umdenken. Dann kommt vielleicht ganz zum Schluss noch etwas anderes. Das macht etwas mit der Psyche, weil man jeden Tag so viele Menschen kennenlernt und so viele anstrengende Situationen hat. Polizisten sollen Sport machen als Ausgleich, damit sie entspannt bleiben.
 
Hat die Polizei Schweigepflicht?
 
Jörg Nebel: Ja, die Polizei hat Schweigepflicht! Darauf könnt ihr euch verlassen!
 
Ist ihr Beruf gefährlich?
 
Jörg Nebel: Ja. Wir wissen nie, mit welchen Menschen wir es zu tun haben. Es kann sein, dass wir irgendwo hinkommen und hinterhältig angegriffen werden. Es kann auch sein, dass es wochenlang keine Angriffe gibt. Aber wir müssen immer damit rechnen und es kommt auch regelmäßig vor. Deshalb haben wir diese Westen an.
 
Iris Merz: Es ist gefährlicher geworden, weil der Respekt der Menschen ein bisschen nachgelassen hat. Viele Menschen hören nicht mehr auf das, was wir sagen und denken, sie dürften uns beleidigen und treten.
 
Was ist AGGAS?
 
Iris Merz: Das ist die Arbeitsgemeinschaft gegen Gewalt an Schulen. In der Arbeitsgemeinschaft arbeiten die Schule mit uns zusammen, der Kinderschutzbund, die Eltern und die Schulsozialarbeit. Wenn irgendwo einem Kind Gefahr droht oder eine Straftat passiert ist, dann gucken wir, was wir sofort machen können. Die AGGAS ist hauptsächlich für Straftaten in der Schule da, um sofort eine Straftatenaufklärung zu machen. Denn es ist einfacher für Kinder und Jugendliche, sofort das Geschehene zu erzählen, als wenn es sich hinzieht. Dann wissen sie schon gar nicht mehr, was passiert ist. In Neustadt hat die Polizei mit den Schulen einen Kooperationsvertrag geschlossen. Wenn hier eine Straftat passiert, können der Schüler selber oder Lehrer, Schulsozialarbeit oder Eltern anrufen. Wir kommen dann und klären diesen Fall für alle sichtbar auf. Auch sagen wir, welche nächstes Maßnahme kommt. Das machen wir, ohne vorher die Eltern mit ins Boot zu holen. Das ist das wichtigste an diesem Kooperationsvertrag. Normalerweise muss ich die Eltern dazu holen bevor ich ein Kind befrage. Das tu ich in diesem Moment nicht, weil ich diesen Vertrag habe. Im Nachhinein rufe ich die Eltern an und sage, dass ich mit den Schülern gesprochen habe. Wenn ein Schüler ohne seine Eltern nichts sagen will, ist das sein Recht. Dann rufen wir die Eltern an und klären den Fall dann auf. Das Besondere ist auch, dass wie sofort die Arbeit fallen lassen, wenn etwas passiert ist in der Schule oder auf dem Schulweg.
Die Lehrer werden von uns aufgeklärt in Lehrerkonferenzen. Sie geben es weiter in die Elternabende und dann kommt ein Infozettel in die Klasse. Die Schüler werden auch von Lehrern aufgeklärt, was die AGGAS ist.
Ich gehe auch in die Klassen, wenn ein Schüler von allen Mitschülern gemobbt wird. Dann ist die ganze Klasse involviert und ich kläre sie auf, was sie da machen. Wenn sie alt genug sind und sie nichts ändern, dann schreibe ich Strafanzeigen und begleite sie bis zum Amtsgericht.
 
Jörg Nebel: Das ist eine Besonderheit, dass wir relativ eng mit den Jugendstaatsanwälten und den Gerichten zum Beispiel in Lübeck zusammen arbeiten. Wir haben meistens nahen Kontakt zu den Menschen, mit denen wir zu tun haben und können einigermaßen einschätzen, wie hoch das Strafmaß sein sollte.
 
Womit sind Sie für Ihren Dienst ausgerüstet?
 
Iris Merz: Wir haben die Uniform: eine Bluse mit Abzeichen für Schleswig Holstein und für den Dienstgrad, Hosen und Stiefel. Man kann aber auch Rollkragenpullis anziehen oder lange oder kurze Hemden anziehen, Krawatte, Poloshirts …
Außerdem haben wir eine Schutzweste und einen Gürtel. Darin sind verschiedene Dinge wie: ein Funkgerät, Handfessel, Schlagstock, Pfefferspray, eine Taschenlampe, Gummihandschuhe, ein Notizbuch und die Dienstwaffe. Mit dem Gürtel und der Weste tragen wir circa 10 Kilogramm mit uns.
 
Jörg Nebel: Abschließend möchte ich sagen, dass sich alle Menschen jeder Zeit gerne an die Polizei wenden können, wenn sie Sorgen oder Nöte haben. Dies gilt ja nicht nur, aber natürlich erst recht, für Kinder und Jugendliche.
 
Vielen Dank für das interessante Gespräch!


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