Vorfreude auf „schmucke Stadt“ am Meer
Heiligenhafen (mh). Die „schmucke Stadt“ an der Ostsee mit einer Kirche auf einem Hügel im Zentrum, die für ihn „architektonisch ein Hingucker“ ist: besser hätte er es als Berufsanfänger kaum treffen können, ist Caspar Ruben de Boor überzeugt. Der 30-jährige Mecklenburger, der am 27. April in Schleswig von Bischöfin Nora Steen ordiniert wurde, ist ab Mai Pastor im Probedienst in der Warderstadt. Der Begrüßungs- und Vorstellungsgottesdienst wird am Samstag, 10. Mai um 17 Uhr in der Stadtkirche gefeiert, mit viel Musik und anschließendem Empfang. Geboren in Crivitz bei Schwerin, wuchs de Boor in einem Pfarrhaus auf. Die Mutter Pastorin, der Vater Pastor – das hatte Vor- und Nachteile. Zu den Nachteilen zählten die vielen Umzüge zwischen Dörfern und Orten, die alle mehr oder minder nahe an der mecklenburg-vorpommerschen Landeshauptstadt lagen, wo der Theologe als Kind zur Schule ging. Und als Kind in einem doch sehr offenen Haus für die Gemeinde, „da muss man dann irgendwie mitlaufen“. Sprich: Als Pfarrerssohn war Caspar zugleich immer Teil dieser Gemeinde, was einerseits schön gewesen sei, andererseits manchmal etwas anstrengend. Die DDR, die hat de Boor nicht mehr erlebt, doch die Lehrerschaft, die war noch dieselbe von damals. Und so manches, was für Christen in der Diktatur zum Alltag gehörte, war auch in seiner Jugend noch nicht ganz vom Tisch: „Ja, es gibt Kirche; ja, sie ist lebendig. Aber sie ist nicht selbstverständlich. Ich musste mich immer erklären, warum ich religiös bin“, erzählt er und kommt auf das Positive zu sprechen, das er aus dem Pfarrhaus mitgenommen hat: die Erzählungen der Eltern, die sich in der friedlichen Revolution engagiert hatten. Und sie hatten ihm auch gesagt, dass es mit dem Glauben zu tun habe. So überwogen die positiven Eindrücke des Glaubens und bei de Boor reifte die Entscheidung, einen Beruf zu ergreifen, „bei dem ich das Gefühl habe, ich kann etwas Sinnvolles tun und gleichzeitig einen vielseitigen Beruf haben“. Etwas für Menschen tun, für die Gemeinschaft, sich sozial engagieren, das war seine Vision von der Zukunft in einem überdies sicheren Berufsfeld. Zum Studium und Examen ging de Boor nach Göttingen und Leipzig, mit einem Auslandsjahr in Straßburg. Das mit dem Umziehen kannte er ja schon und der Reiz neuer Städte war groß. „Ich habe Land, Kleinstadt, mittlere Kleinstadt, Großstadt – ich habe alles gelebt.“ Dazu gehörten auch die Erfahrung eines aufkeimenden Rechtsextremismus, dem er nicht tatenlos zusehen will, und die Erfahrung prekärer Lebensverhältnisse, gerade in Leipzig, einer „Stadt mit allen Facetten, was mich sehr fasziniert hat“. Einmal pro Woche engagierte er sich bei der Tafel vor Ort, um konkret etwas gegen Armut zu tun. Nach dem Examen folgte er seiner Partnerin nach Schleswig-Holstein, lebte mir ihr auf Föhr und arbeitete dort vorübergehend als Unterstützungslehrkraft und dann zeitweise in Pinneberg. Doch er wollte auch mit dem Vikariat nicht zu lange warten, dass er ebenfalls in Pinneberg absolvierte. Nun also Heiligenhafen in der Region Wagrien: „Es ist ja nicht allein Heiligenhafen, sondern die Region, was natürlich damit zu tun hat, dass weniger Menschen in der Kirche sind. Das ist schade, aber erst einmal ist es so.“ Wobei Kirche den Vorteil habe, anders als andere Institutionen, immerhin noch vor Ort sein zu können. Dennoch, Lebenskonzepte änderten sich und die lebenslange Zugehörigkeit der Menschen zu einer Gemeinde sei nicht mehr selbstverständlich. De Boor sieht aber auch Chancen, zumal in einer Tourismusregion, wo viele Menschen auf Zeit am Gemeindeleben teilnähmen und sich manches in der Arbeit durch die Regionenbildung und im Team mit den Pastorinnen Jacqueline Gangi-Juny und Lea Zora Schmitt flexibler gestalten lasse. „Ich arbeite hier mit zwei jungen Kolleginnen aus der gleichen Generation und ich glaube, das ist sehr wertvoll, weil wir vor ähnlichen Problemen stehen.“ Das werde den Umgang mit dem strukturellen Wandel kirchlicher Arbeit sicherlich erleichtern, ist er überzeugt. In seiner Freizeit widmet sich Caspar de Boor gern der Musik. Er spielt Cello, E-Bass und neuerdings ein bisschen Gitarre. Auch im Chor singt er gerne, wenn es seine Zeit zulässt, und Lesen gehört zu seinen Hobbys. Und möglicherweise trifft man ihn auch häufiger am Meer an. Schwimmen ist seine Leidenschaft, „auch bei Wind und Wetter“, wie er sagt. Nur im Winter noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Die Möglichkeit zum Ausprobieren hat er in Heiligenhafen ja.