Reporter Eutin

„Lieber Martin … Du Sackgesicht ...!“

Plön (los). Erstmals ist sie solo auf der Bühne, switcht von einer Rolle in die nächste, singt und tanzt: Am Silvesterabend spielt Carina Kohrt die Komödie „Haie küsst man nicht“ von Stefanie Stroebele. Der facettenreiche Monolog entzündet ein Feuerwerk der Gefühle. Ein auffällig negatives dominiert die Ausgangslage der Geschichte...

„Du bist ein Schwein, Martin...!“ Der zornige Schrei gilt dem Schurken dieses Stücks. Kein Zweifel, besagter Martin hat Eva, der Erzieherin in einem Kindergarten, den Boden unter den Füßen weggezogen. Carina Kohrt gelingt es wutschnaubend, dem imaginären Martin, der sie betrogen hat, in gekonnter Nachahmung seiner Eigenarten Leben einzuhauchen, man fühlt mit ihr. Dann schwingt ihr Ärger um, abgrundtiefe Trauer kommt auf, dann fiese Strafphantasien. Auch die schönen Erinnerungen, denen sie nachspürt, lassen sie leiden.

Bei der Premiere erwartet die Besucher die lebhafte Inszenierung eines Monologs, der sich durch den häufigen Wechsel in andere Charaktere und Stimmungen so kurzweilig wie reizvoll gestaltet. Carina Kohrt verkörpert in dem Einpersonenstück nicht nur die Erzieherin Eva und deren Befinden, sondern auch die wichtigen Gestalten aus deren Umfeld, ist mal der eine, dann die andere.

Personifiziert wird allen voran Evas Verflossener, jener Martin, der ihre Gefühle verletzt hat. Denn dieser Frevler hat ihre beste Freundin geküsst. Daraus resultiert ein echter Brüller: Der emotionale Sprengstoff sorgt für ein aufgeladenes Drama mit wechselnden Zeitebenen und Perspektiven, wohldosierter Komik und mitunter unerwarteter Deftigkeit.

„Es geht viel um Männer“, kündigt Regisseurin Nicola Bartsch an, „aber es geht auch darum, wie wir mit uns umgehen.“ Das mehr oder weniger subtile Erleben von Unsicherheiten, auch um den eigenen Körper zählt Nicola Bartsch dazu, ebenso die Tendenz, sich als Frau abzuwerten. „Ich bring‘ mich um“, beschließt Eva in ihrer Verzweiflung. Aufgewühlt von Martins Untreue, sinnt sie gleichzeitig darauf, es ihm irgendwie zu vergelten: „Selbstmord einer Erzieherin im Kindergarten – ich seh‘ schon die Schlagzeile“, stellt sie sich die aufsehenerregenden Folgen vor.

Sie reflektiert ihr Verhältnis zu ihm. „Er soll richtig leiden“, sinniert sie so missgünstig wie todesmutig, als sie darüber nachdenkt, dem Martin noch eine letzte Nachricht zu hinterlassen „bevor ich abkratze!“. Und die müsste so richtig „sitzen“, um die gewünschte Wirkung zu entfalten. Das schlechte Gewissen würde idealerweise andauern „bis er selbst über den Jordan geht“, so der Plan, Martin nachhaltig und effektvoll zu erledigen.

Doch dann zerknüllt sie das beschriebene Blatt. Versunken in der Erinnerung des Kennenlernens wechselt die säuerliche Stimmung mit Wehmut, schwelgt sie in Bildern des Verliebtseins, die nun bittersüße Vergangenheit sind. Da ist die erste Begegnung Evas und Martins im Büro und das prickelnde Treffen der beiden in einem China Restaurant mit beeindruckendem Haifisch-Aquarium.

Ente süß-sauer wird zum Sinnbild der nun so wiederstreitenden Gefühle im Nachklapp des erstmaligen Rendezvous, Marke „Ich finde Sie sehr interessant“....

Gemäß solcher klassisch-klischeehaften Kennlernstrategien, die Carina Kohrt anhand typischer, mitunter peinlicher Mann-Frau-Attribute genüsslich nachzeichnet, hat jeder Zuschauer Gelegenheit, analoge, womöglich lang verdrängte Ereignisse der eigenen Biografie für sich im Geiste aufploppen zu lassen. So entdeckt das verliebte Paar bei seiner Zusammenkunft am Haifischbecken die himmelhochjauchzende Harmonie der Gemeinsamkeiten, die etwa im Humor gleicher Wellenlänge gipfeln („Wie viele Beamten arbeiten eigentlich im Rathaus?“ „Ungefähr die Hälfte...“).

Doch Vergnügen und Verzweiflung liegen im Leben manchmal nah beieinander, wie der bühnenreife Absturz von „Wolke 7“ verdeutlicht. Und die betrogene Eva, die sich im nächsten Augenblick wieder ihres gegenwärtigen Elends bewusst wird, verliert prompt abermals die Fassung.„Lieber Martin... Du Sackgesicht...!“

Die Regie hat Nicola Bartsch. Veranstaltungsort ist die Plöner Aula Am Schiffsthal 10. Der Vorhang öffnet sich um 19 Uhr. Der Vorverkauf hat begonnen; Karten gibt es in der Buchhandlung Schneider, Lübecker Straße 18, in Plön sowie online bei Theaterfimmel.de


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