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Simon Krüger
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Anzeige: Ostholsteins Bäcker halten zusammen

„Bei solchen Sachen überlegt man nicht lang“: Während in Klausbergers Backstube der Ofen ausgetauscht wurde, hat der Neustädter Bäckermeister Andreas Seßelberg (re.) dem Brot der Stadtbäckerei Klausberger Platz in seinem Ofen gemacht - das beste Beispiel der Zusammenarbeit zwischen Innungsbäckern.

„Bei solchen Sachen überlegt man nicht lang“: Während in Klausbergers Backstube der Ofen ausgetauscht wurde, hat der Neustädter Bäckermeister Andreas Seßelberg (re.) dem Brot der Stadtbäckerei Klausberger Platz in seinem Ofen gemacht - das beste Beispiel der Zusammenarbeit zwischen Innungsbäckern.

Eutin/Neustadt. Von Zusammenarbeit und Kollegialität unter Mitbewerbern reden kann man viel, kommt dann aber einer in eine Situation, in der er den anderen um Hilfe bitten muss, kann da auch Schluss sein mit der guten Zusammenarbeit. Bei zwei Ostholsteiner Bäckereien aber hat sich gerade gezeigt, dass die Bäcker es ernst meinen, wenn sie sagen „Wir halten zusammen!“ „Einer unserer Öfen war ordentlich in die Jahre gekommen“, erzählt Hans-Peter Klausberger, „und musste ersetzt werden.“ So ein Ofen hält schon eine lange Zeit, aber irgendwann muss er ersetzt werden, und während man sich zuhause einfach solange anderweitig verpflegt, sieht das in einer Bäckerei doch anders aus. Zwar steht in der Backstube der Klausbergers noch ein zweiter Ofen, der reicht aber lange nicht, um das volle Kontingent an Brot, Brötchen, Kleingebäck, Kuchen und Torten zu backen. Der neue Ofen wurde also bestellt, das aber war nicht das eigentliche Problem. „Bis so ein neuer Ofen eingebaut ist“, sagt Hans-Peter Klausberger, „dauert es zehn Tage. Und diese Zeit mussten wir überbrücken. Also haben wir bei Andreas Seßelberg gefragt, ob wir für ein paar Tage in seiner Backstube mitbacken können.“ Eine Frage, die in einer anderen Branche oder auch schon in der gleichen Branche, aber in einer anderen Region undenkbar wäre. Eine Frage, die der Neustädter Bäcker dem Eutiner Bäcker aber mit einem uneingeschränkten „Ja klar!“ beantwortete. Also wurde das Brotbacken für zehn Tage von Eutin nach Neustadt verlegt - die Teige wurden in Eutin vorbereitet, von zwei Bäckern nach Neustadt gebracht und dort zu Laiben geformt und gebacken, das Eutiner Glücksbrot, Holsteiner Land- oder Schwarzbrot in bester Nachbarschaft zu Seßelbergs gutem Küstenbrot aus regionalen Zutaten. „Bei solchen Sachen überlegt man nicht lang“, sagt Andreas Seßelberg, der seine alteingesessene Neustädter Bäckerei ebenfalls in zweiter Generation betreibt, „schließlich hätte es uns genauso treffen können, dass wir Hilfe brauchen.“
Die Beziehung zwischen den Klausbergers und den Seßelbergs reicht weit in die Vergangenheit - nicht nur dass die Senior-Chefs schon gut miteinander auskamen, hat Andreas Seßelberg auch von 1984 bis 87 bei Manfred Klausberger seine Bäckerlehre gemacht. An seinen kürzlich verstorbenen Lehrherrn habe er nur gute Erinnerungen, sagt Seßelberg, „das war ein guter Meister, ein guter Mensch, von dem ich viel gelernt habe. Wir haben uns nie aus dem Augen verloren und es war immer schön zu sehen, mit wie viel Freude er dem Bäckerhandwerk verbunden war.“ Die gute Verbindung besteht auch zu Anja und Hans-Peter Klausberger weiter. Hans-Peter Klausberger und Andreas Seßelberg verbindet zudem nicht nur die Leidenschaft fürs Backen sondern auch die Liebe zum Handball: „Früher beide Handball-Spieler“, schmunzelt Andreas Seßelberg, „heute beide Handball-Gucker.“ Und die Philosophie, wenns ums Bäckerhandwerk geht, stimmt zwischen den Innungsbäckern ja sowieso - das war auch bei den Bäckern der beiden Bäckereien zu spüren. „Nach ein, zwei Tagen haben sie sich super verstanden“, freut sich Andreas Seßelberg, „das war ein wirklich gutes Miteinander in der Backstube. Und die Bäcker hatten Spaß.“
Es gibt nur noch wenige der alteingesessenen Bäckereien in der Region, insgesamt 14 sind es in Ostholstein und Plön - sie verbindet die Liebe zu ihrem Handwerk, zum echten Backen aus guten Zutaten. „Wir legen alle Wert darauf, vernünftig zu backen und zusammen zu arbeiten“, macht Andreas Seßelberg deutlich und schmunzelt: „Mittlerweile gibts sogar eine WhatsApp-Gruppe der Bäckerinnung.“ Die Zusammenarbeit unter den Innungsbäckern hat schon viele gute Beispiele hevorgebracht - „einer unserer Bäcker-Azubis hat ein Bäcker-Asthma entwickelt, wollte aber gern in der Branche bleiben“, erzählt Hans-Peter Klausberger, „wir konnten ihn aber damals nicht zum BäckereiFachverkäufer ausbilden, da haben wir bei Andreas Seßelberg nachgefragt, wo er schließlich nahtlos seine Lehre beginnen konnte.“ Gleiches gelte für die anderen Innungsbäcker - ob es um Azubis geht um fehlende Hefe oder Platz im Backofen, Hilfe kann jeder mal brauchen, da sind sich die Innungsbäcker einig. Natürlich ist man Mitbewerber, aber: „Wenn Not am Mann ist“, sagt Andreas Seßelberg, „dann wissen wir, dass wir uns aufeinander verlassen können. Man hilft sich einfach untereinander.“ Es ist nicht alltäglich, dass Mitbewerber auch gute Kollegen sind - bei den Ostholsteiner Bäckern ist das aber selbstverständlich und nicht nur in Krisenzeiten ausgesprochen schön. (ed)


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