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Reporter Eutin

Keine Selbstbedienung im Küchengarten

Eutin (ed). Die Apfel- und Pflaumenbäume hängen so voll mit Früchten, dass es eine Wonne ist, die Sommerblumen stehen in voller Blüte und in den Gärten gedeiht herrliches Gemüse – „die Erntezeit macht unseren Küchengarten noch verführerischer, als er ohnehin schon ist, die reifen Früchte und das leckere Gemüse sehen köstlich aus“, so Schloss-Chefin Brigitta Herrmann, „das ist einerseits schön, andererseits verleitet es zur Selbstbedienung – und das soll nicht sein.“ Die einzelnen Gärten werden von den ehrenamtlichen KüchengärtnerInnen, aber auch zusammen mit Stefanie Hönig von der Sparkassen-Stiftung von Kindergartengruppen und Schulklassen gehegt, gepflegt und beerntet. Die Enttäuschung vor allem kleiner Leute kann man sich vorstellen, wenn das, was sie gesät und beim Wachsen beobachtet, auf dessen Ernte sie sich gefreut haben, plötzlich weg oder zerstört ist.


Immer wieder kommt es vor, dass im Garten der Neuen Wurzeln oder im VEN-Garten Gemüse fehlt, dass die unteren Äste der Obstbäume abgeerntet sind. „Komischerweise genau in der Höhe, die man greifen kann“, seufzt Jörg Hunke, der sich mit seinen KollegInnen um den Heil- und Giftpflanzengarten kümmert, aber auch zusammen mit den anderen KüchengärtnerInnen weitere Beete und Bereiche „beackert“, so wie die Obstbäume. Derzeit sind es vor allem die Pflaumen- und die Winterapfelbäume, die Sorgen bereiten – denn Pflaumen sind besonders beliebt und schnell gepflückt. „Und die Winteräpfel, wie der Name es schon sagt, schlicht noch nicht reif“, wie Kerstin Vieth die Küchengarten-Koordinatorin, erklärt. „Das sieht man daran, dass immer wieder angebissene Äpfel hier herumliegen.“ Klar, der Winterapfel sieht herrlich aus, rot und köstlich, ist aber frühestens im Oktober pflück- und im Dezember genussreif. Wer hier reinbeißt, erlebt eine saure Enttäuschung – und wirft den angebissenen Apfel dann natürlich einfach weg. Das müsste nicht sein, bäte der Besucher oder die Besucherin einfach einen der ehrenamtlichen GärtnerInnen um eine Kostprobe – er bekäme dann erklärt, dass die Äpfel noch nicht schmecken. Gleiches gilt für die so schön in Pflückhöhe angebauten Apfel-Cordons um die Beete. Oder die leuchtend violetten Pflaumen. Aber selbst wenn es reif ist, sind es ausschließlich die kleinen und die großen KüchengärtnerInnen, die es ernten dürfen. Denn: All das sieht zum Anbeißen lecker aus, aber sie sind das Ergebnis der Arbeit der Küchengärtner und sollten auch von ihnen „verwaltet“ werden dürfen – „wir freuen uns, dass der Küchengarten besucht wird und so beliebt ist, es soll ein dynamischer Ort sein, an dem Menschen Vielfalt und Geschmack erleben“, sind die ehrenamtlichen KüchengärtnerInnen sich einig, dafür sind sie mit großem Engagement, mit viel Herz und Leidenschaft bei der Sache. „Aber eigenmächtiges Ernten stellt uns dabei vor echte Probleme. So habe man, wenn hier in der Showküche gekocht wurde, das Essen noch kein einziges Mal allein aus dem Küchengarten bestreiten können, „weil immer alles schon weg war“, bedauert Brigitta Herrmann, „immer mussten wir zukaufen, und das ist eigentlich nicht der Sinn der Sache.“ „Und bei uns ist es so“, ergänzt Sabine Friederichsen aus dem Garten des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (kurz VEN), „dass einige Gemüsesorten zur Saat kommen müssen, damit wir Saatgut gewinnen können, weil wir es brauchen und im Frühling auch abgeben. Aber die Dicken Bohnen zum Beispiel waren in den vergangenen Jahren immer schon weg.“ Der VEN sorgt dafür, dass samenfeste Gemüsesorten mit viel Geschmack und in bunter Vielfalt weiter angebaut werden und das Saatgut verbreitet wird – aber dazu muss das Gemüse die Chance habe, Samen zu entwickeln. „Bitte lassen Sie unser Gemüse stehen, auch wenn es so aussieht, als würden wir es nicht ernten. Das hat alles seinen Sinn.“


Wenn zertretene Tomaten oder als Fußball missbrauchte Kürbisse in Gärten liegen, die weit entfernt sind von dem Garten, in dem die Früchte gewachsen sind, fällt das schlichtweg unter Vandalismus – ebenso wenn Tomatenstangen entwendet, Mirabellenbäume und Zucchinibeete leergeräumt werden oder acht- und respektlose Menschen sich in sonst einer Weise am Küchengarten vergreifen. Wenn zum Beispiel die Sitzgarnitur aus dem Naschgarten plötzlich unter dem Dach der Showküche steht. „Wir haben jetzt zum letzten Mittel gegriffen und bei einigen Vorfällen die Polizei informiert“, bedauert Brigitta Herrmann, „die wirklich toll reagiert hat und sofort gekommen ist.“


An den Eingängen zum und im Küchengarten hängen die grünen Schilder mit den Küchengarten-Regeln – „an denen geht man natürlich leicht mal vorbei“, sagt Kerstin Vieth, „daher machen wir gern nochmal darauf aufmerksam.“


Es sei auch ein bisschen eine psychologische Sache für die KüchengärtnerInnen, die die Gärten allesamt ehrenamtlich hegen und pflegen und eigentlich mit viel Spaß und noch mehr Engagement bei der Sache sind: „Umso weniger verstehen wir nicht, wenn Menschen eigenmächtig ernten. Wir geben sehr gerne ab“, sagt Sabine Friederichsen, „aber nur, wenn wir da sind. Denn wir machen diese Arbeit für den Küchengarten und alle, die ihn mögen.“
So sind die ehrenamtlichen KüchengärtnerInnen immer freitags ab 15 Uhr in den Gärten, dann gibt zum Beispiel der VEN-Garten Teile seiner Ernte gegen eine Spende ab – und auch wenn Kerstin Vieth im Küchengarten erntet oder Jörg Hunke und seine KollegInnen die Früchte pflücken, bekommt jeder, der fragt, eine kleine Kostprobe. Aber bitte: Keine Selbstbedienung!



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