Seitenlogo
Reporter Eutin

Schnack übern Gartenzaun

Eutin (ed). Wer nach der Küchengarten-Führung noch Lust hat auf einen Schnack übern Gartenzaun, ist bei den KüchengärtnerInnen herzlich willkommen – sie sind immer am ersten Freitag im Monat ab 15 Uhr in ihren Gärten und unterbrechen die Gartenarbeit gern mal, um Fragen zu beantworten, zu fachsimpeln oder von ihren Pflanzen zu erzählen. Denn sie sind eigentlich das ganz Besondere an unserem Küchengarten. Gefragt, was sie am Eutiner Küchengarten am meisten fasziniere, sagt die neue Küchengarten-Koordinatorin Kerstin Vieth, dass es wohl der einzige Garten sei, der ausschließlich ehrenamtlich bewirtschaftet werde – „das ist einzigartig und großartig“, sagt sie, „die Menschen hier vor Ort pflegen ihn, leidenschaftlich und ehrenamtlich.“ Besser kann man es kaum ausdrücken, denn dass der Küchengarten heute dieser außerordentliche Ort ist, zeigt am allerbesten, wie sehr die EutinerInnen ihn lieben – natürlich musste er erstmal wieder auf die Beine kommen, revitalisiert und strukturiert, in seine alte Küchengarten-Form gebracht werden, aber dass er nun dieses bienensummende Idyll mit den so verschiedenen kleinen Gärten ist, die alle einfach prächtig sind, das ist den KüchengärtnerInnen zu verdanken. Sie hegen und pflegen ihre Parzellen so liebevoll und engagiert wie ihre eigenen Gärten und geben so diesem wunderbaren Ort innerhalb der Klimamauer seine bezaubernde Atmosphäre.
So werden drei Parzellen des Küchengartens im Auftrag der SparkassenStiftung von Stefanie Hönig zusammen mit KiTa-Gruppen und Schulklassen bewirtschaftet – hier können Kinder den Zauber erleben, wie aus einem Samenkorn Radieschen, Kräuter, Salate wachsen, selber ernten und in KiTa oder Schule zubereiten. Bisher seien es vier gewesen, berichtet Brigitta Herrmann, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Schloss, aber die vierte Parzelle ist in die Gemeinschaft des Küchengartens übergegangen. Hier ist nun eine Bienenwiese entstanden – und ein Teil wird von Jörg Hunke vom Heil- und Giftpflanzengarten als „Forschungsanstalt“ in Sachen homöopathischen Pflanzenschutzes genutzt. „Es macht einfach Sinn, Pflanzen frühzeitig nachzuziehen“, sagt er, „und dann kommt der homöopathische Pflanzenschutz ins Spiel – zum Beispiel bei Tomaten gegen Braunfäule. Und bei unseren Kesselbäumen hier hat er schon prima angeschlagen.“ Und Jörg Hunke ist geradezu prädestiniert dafür, sich mit Globuli und Co um Pflanzengesundheit zu kümmern, steht er doch dem Heil- und Gipfpflanzengarten vor, der in sieben Hochbeeten mit 165 verschiedenen Pflanzenarten die ganze Kunst der Natur zeigt. Nicht jede Pflanze sollte berührt oder gar gekostet werden, aber dem wird mit verständlicher und bestimmter Beschilderung vorgebeugt.
Gepflegt wird er von einer Gruppe von 14 bis 16 Leuten, es dürfen aber sehr gern mehr werden, wie Jörn Hunke betont, und das gilt für nahezu alle KüchengärtnerInnen-Gruppen. Für die Hunkes ist der Küchengarten auch irgendwie Familiensache, denn seine Frau Brigitte hat Elke Kiefer im Hildegard von Bingen-Garten „beerbt“ – die engagierte Heilpraktikerin und Hildegard-Kundige hat das Gärtchen mitgestaltet, nimmt sich aber nun aus gesundheitlichen Gründen ein bisschen zurück. Zusammen mit Kolleginnen wie Monika Obieray und Heidrun Leddin sorgt Brigitte Hunke nun dafür, dass der Hildegard von Bingen-Garten nach den Vorgaben seiner Namensgeberin gepflegt bleibt. Nach dem Vorbild eines Klostergartens wachsen hier die Pflanzen, die schon die Äbtissin und Universalgelehrte des 11. Jahrhunderts in ihren Gärten ziehen und zu Heilzwecken verarbeiten ließ. Nach den Leiden geordnet, gegen sie gewachsen sind, wachsen die Kräuter in flachen Hochbeeten – hier bezaubern Königskerze und Bronzefenchel ebenso wie Wildrose und Lavendel.
Gleich nebenan erblasst so ziemlich jeder Hobbygärtner flugs vor Neid, denn im Garten des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt sind die Kartoffeln längst das erste Mal gehäufelt, die Bohnen schon im Beet, der Salat setzt die ersten Köpfe an und die wilden Ringelblumen blühen. Alles in gepflegten Beeten und umgeben von einem breiten Streifen von Kräutern und Blüten. Herrlich. „Wir haben den Vorteil des dank der Backsteinmauer gemäßigten Klimas“, gibt Antje Kock aus der VEN-Gartengruppe schmunzelnd zu, „wir können zwei, drei Wochen früher anfangen und bleiben meist von Spätfrösten verschont.“ Und doch ist es den grünen Daumen und dem Engagement der Garten-Chefin Sabine Friederichsen und ihrer GärtnerInnen geschuldet, dass hier einfach alles prächtig gedeiht. Im Winter geplant, in den Frühlingsmonaten in den Gewächshäusern der Familie Buchwald vorgezogen und dann liebevoll im Küchengarten gepflegt wird hier reich geerntet. Im Mittelpunkt aber steht, wie der Name schon sagt, der Erhalt der Nutzpflanzenvielfalt – oftmals alte, aber auch neuere samenfeste Sorten, die auf Geschmack und nicht auf Masse oder Gleichförmigkeit gezogen sind. „Und das macht uns eine Riesenfreude“, sagt Antje Kock, „ich sage immer: Ich darf hier arbeiten. Und das meine ich auch so.“ Viele der Gemüsesorten übrigens landeten auch schon vor 250 Jahren auf der herzoglichen Tafel – „ich staune immer, dass es schon damals eine riesige Vielfalt an Gemüse gab.“
Dazu kommt das Spargelbeet, das zur Landesgartenschau vom Liensfelder Landhof angelegt und dann in die Hände der KüchengärtnerInnen übergeben wurde – es wird von Jörg Hunke und von Antje Kock gemeinsam gepflegt – „mein Job ist der weiße, seiner der grüne Spargel“, lacht Antje Kock.
Der Naschgarten ist – wie sein Name schon sagt – auf Obst und Beeren angelegt, aber auch die ganz kleinen summenden Naschkatzen kommen bei einer herrlichen Blütenvielfalt auf ihre Kosten. Und mittendrin lädt ein Sitzplatz zum Verweilen und Genießen ein. Und der Garten „Neue Wurzeln finden“ wird unter der Ägide von Klaus Möller von einer Gruppe Menschen gepflegt, die aus Afghanistan und Syrien geflohen sind und hier neue Wurzeln gefunden haben. In ihrem Garten bauen sie mittlerweile Gemüse und Kräuter aus ihrer Heimat an – und dank des milden Klimas hier gedeiht beides prächtig.
So wie der Küchengarten als Ganzes ist auch jeder der kleinen Gärten für sich etwas ganz Besonderes – ob Kinder-Gärten, Hort für Heilpflanzen, Nutzgarten oder auch Ort, der beim Ankommen hilft, ob „ordentlich“ angelegt oder naturnah, alle sind sie wunderschön und sollten besucht werden, denn jeder einzelne hat seine Atmosphäre, die der Seele (und nicht nur der GärtnerInnen-Seele) guttut. Und wer Glück hat und am ersten Freitag im Monat zwischen 15 und 17 Uhr hier ist, bekommt gegen eine Spende ein Pflänzchen für den eigenen Garten oder eine Kostprobe vom Spargel, der Petersilie und allem, was eben gerade wächst.


Weitere Nachrichten aus Eutin am Mittwoch

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen