Reporter Eutin

Auf ein letztes Stück Torte

Bild: E. Dörrhöfer

Bosau (ed). Lisa Brooks’ Café Achter de mur ist kein Café wie jedes – es ist eine Institution. Das backsteinerne kleine Häuschen mit der herrlichen Gartenterrasse hinter der Mauer, also achter de mur, ist seit 32 Sommern das Ziel eines jeden, der ein ordentliches Stück Torte essen möchte. Für viele Urlauber ist der Urlaub ohne ein Stück Torte (oder auch zwei oder drei) bei Lisa Brooks kein richtiger Urlaub – und wer bei uns hier oben gefragt wird, wo man wirklich gut Torte essen kann, war die Antwort unweigerlich: „Bei Lisa Brooks, achter de mur.“ Wer hier nicht seine absolute Lieblingstorte findet, dem ist nicht zu helfen – es ist ja nicht nur so, dass Lisa Brooks ihre Torten ausschließlich aus den besten Zutaten herstellt – „das habe ich von meiner Mutter so gelernt, nur aus den besten Zutaten kann man auch wirklich gute Torten backen“. Es gibt auch immer eine Auswahl an verschiedenen Gebäcken (wobei das Wort Lisa Brooks’ Kuchen nicht gerecht wird), die das Herz jedes Tortenliebhabers aufgehen lässt. Viele der Torten, die Lisa Brooks im Laufe der letzten 32 Sommer kreiert hat, sind Klassiker geworden, die an keinem Tag des Sommers fehlen dürfen. „Die Himbeer-Eierlikör-Torte zum Beispiel“, schmunzelt sie, „die fehlt auch an den letzten Tagen bei uns nicht.“ Denn am kommenden Sonntag ist der letzte Tag mit regulärem Café-Betrieb im Café Achter de mur. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schließt Lisa Brooks die Türen ihres Cafés, das sie so lange mit so viel Herz betrieben, mit dem sie sich einen Traum erfüllt und so viele Tortenliebhaber sehr glücklich gemacht hat. Lisa Brooks hat, als sie 40 wurde, einmal „Kassensturz“ in ihrem Leben gemacht – die Goldschmiedin mit den Wurzeln auf dem familieneigenen Hof in Bosau hatte damals ein Atelier in Hamburg und überlegte, ob sie das für den Rest ihres Lebens machen wollte. Denn ihre Leidenschaft galt nicht nur den Edelmetallen und Juwelen sondern auch der Tortenbäckerei und diesem kleinen Dorf inmitten der Holsteinischen Schweiz. Die Tortenbäckerei hatte sie schon als Kind von ihrer Mutter und ihrer großen Schwester gelernt und mit den Jahren perfektioniert. „Und ich dachte damals „Jetzt oder nie“ und ging zurück nach Bosau“, erzählt sie. Damals habe, als ob das Schicksal es so wollte, das backsteinerne Häuschen der Familie leergestanden – und Lisa Brooks füllte es mit ihrem Café Achter de mur nicht nur wieder mit Leben sondern führte es auch zurück zu seinen Wurzeln. 1904 hatte Hugo Braasch es als Backhaus gebaut, ein paar Jahre später Lisa Brooks Urgroßvater für seine Landarbeiter gekauft und zum Wohnhaus umgebaut. Und seit 1991 wird hier wieder gebacken – die köstlichsten Torten, aber auch Kuchentartes und Scones für die himmlische Englische Tee-Zeit, die Lisa Brooks als besonderes kulinarisches Erlebnis anbietet.


Morgen für Morgen hat Lisa Brooks in den letzten 32 Sommern in ihrer Küche gestanden und Torten gebacken – „und die Zutaten waren ebenso wie der Kaffee und der Tee, den wir hier ausschenken, immer nur das Beste, was ich kriegen konnte“, erzählt die Tortenbäckerin. Und diese Maxime hatte Lisa Brooks all die Jahre für ihr ganzes Café Achter de mur, hier ist nichts „Nullachtfünfzehn“, hier steckt Liebe in allem, in jeder Torte und jedem Stück des Cafés und der Gartenterrasse, die immer jahreszeitlich frisch und liebevoll bepflanzt ist. „Ich wollte einfach, dass meine Gäste und mein Team glücklich und zufrieden sind.“ Das hat 32 Sommer lang ganz wunderbar geklappt.


Besonderen Spaß habe es ihr gemacht, so viele Schülerinnen und Studentinnen ein Stück ihres Wegs begleitet zu haben, wenn sie im Sommer im Café ausgeholfen haben – und ein so gutes Team wie das im Café Achter de mur wäre die Arbeit ohnehin nie zu schaffen gewesen. Viele langjährige Mitarbeiterinnen seien dabei, sagt Lisa Brooks, mit ihnen allen zusammen gearbeitet zu haben, habe ihr immer Freude bereitet. Eher im Hintergrund, aber volle Unterstützung hatte sie all die Jahre von ihren Schwestern – während die eine ihr in Buchhaltungsdingen den Rücken freigehalten hat, baut die andere auf dem Hof der Familie einen Großteil des Obstes für die Torten an. Wie die Quitten und Birnen, die derzeit die Herbstkreation zu etwas Einzigartigem machen: „Nuss-Marzipan-Torte mit Birnen und Quitten“, lacht Lisa Brooks, „aber natürlich gibt es auch die Lieblingstorten unserer Gäste. Pfefferminzschokoladentorte mit Preiselbeeren, Himbeer-Eierlikör natürlich und Baisertorten mit Zitronen- oder Mandarinensahne.“


Mit ganz viel Glück, so sagt sie, finde sie eine Käuferin oder einen Käufer für ihre Café, sodass es auch im kommenden Sommer wieder Torte gibt – daran aber wolle sie jetzt noch nicht denken sondern lieber ihre letzte Saison in vollen Zügen genießen. Ihre Gäste tun es ihr gleich und nutzen jede Stunde, die sie noch in ihrem Café Achter de mur verbringen können. Und wer sich mit dem letzten Stück Torte auch noch ein Stück des Cafés Achter de mur sichern möchte: Lisa Brooks verkauft derzeit einen Großteil der Deko für Drinnen und Draußen zu Sonderpreisen – wie den dicken bunten Hahn oder die Engelchen, die gläsernen Schwalben.


Das Wetter in diesem Sommer war, als wüsste es, dass es die letzte Saison des Cafés Achter de mur sein würde – und so war die Terrasse den ganzen Sommer über voll: „Wir hatten eine tolle letzte Saison“, freut sich Lisa Brooks mit einem Hauch Wehmut, „und ich bin froh, dass wir nach der schwierigen Corona-Saison alles so gut hingekriegt haben, und dass es jetzt noch mal so schön war.“ Dass der Abschiedsschmerz so groß sein würde, habe sie sich nicht vorstellen können – so viele liebe Gäste seien schon auf ein letztes Stück Torte da gewesen und hätten ihr gesagt, wie gern sie immer hier gewesen seien, hätten ihr kleine Geschenke gebracht und sich verabschiedet. Aber es sei die richtige Entscheidung, das Café jetzt zu schließen, macht die Tortenbäckerin deutlich, sie freue sich darauf, Zeit für die Familie zu haben, vielleicht sogar mal in Sommerurlaub zu fahren? Und wenn sie ab und an eine Torte backt, freuen sich Freunde und Familie.


Ausnahmsweise öffnet sie die Türen ihres Cafés an einem Montag, am 31. Oktober – noch ein einziges Mal, um sich zu verabschieden, so stilvoll wie ihre Gäste es von ihr gewöhnt sind. „Es war mir ein Vergnügen, 32 Sommer lang Ihre Gastgeberin gewesen zu sein“, sagt Lisa Brooks aus ganzem Herzen. „Das wollte ich immer und ich war es immer gern. Jetzt wollen wir ein letztes Mal Tschüß sagen – ohne Tschüß ist hier nie jemand rausgegangen, deshalb laden wir am Montag ab 13 Uhr alle dazu ein, nochmal auf 32 wunderbare Sommer anzustoßen.“


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