Mit dem Kakapo die Welt retten
Bad Malente-Gremsmühlen (aj). Zweites Buch, zweiter Erfolg. Man hätte Elena Prochnow gewünscht, dass sie die Freude über ihren zweiten Kinderbuchtitel unbeschwert genießen kann. Aber der Ukraine-Krieg Putins überschattet alles und das durchlebt die Malenterin Elena Prochnow als gebürtige Minskerin besonders intensiv. Tag für Tag verfolgt sie die Nachrichten: „Und ich hoffe, dass das endlich ein Ende hat“, sagte sie bei einem Gespräch Ende Februar. Eigentlich war das Erscheinen von „Ach, hätte ich bloß einen Kakapo“ Anlass für ein Interview, jetzt kommt natürlich auch die aktuelle Lage zur Sprache. Vielleicht aber, nein, ganz sicher, sind Bücher derzeit wichtiger denn je. Bücher wie dieses von Elena Prochnow zumal: Es erzählt in klaren, farbprächtigen Bildern und in einer auf das Wesentliche reduzierten Sprache die Geschichte eines großen Wunsches, wie ihn fast jedes Kind kennt: Ein Haustier wünscht sich der kleine Junge im Buch, dem Weihnachtsmann hat er geschrieben und dem Osterhasen sogar. Hund oder Katze oder wenigstens ein Meerschweinchen. Aber die Mutter hat etwas dagegen und außerdem eine Tierhaarallergie. Aussichtslose Lage? Keineswegs, denn die Hauptfigur entdeckt den Kakapo. Der Eulenpapagei aus Neuseeland wäre das perfekte Haustier: Pflanzenfresser ist er, er duftet nach Honig und er fliegt nicht, ist anhänglich wie ein Hund, schläft tagsüber. Das perfekte Haustier, das muss doch auch die Mutter einsehen. Und tatsächlich: Die Beschäftigung mit diesem hierzulande kaum bekannten Tier lässt Mutter und Sohn zusammenrücken. War die Mutter zuvor mit der Erledigung der alltäglichen Notwendigkeiten beschäftigt, nimmt sie sich nun Zeit, recherchiert gemeinsam mit ihrem Kind, was es mit dem Kakapo auf sich hat. Und schließlich erfüllt sich die Sehnsucht, für ein Tier Sorge zu tragen, auf eine unerwartete Weise.
Elena Prochnow hat eine Botschaft für ihre junge Leserinnen und Leser: „Man kann auch als sehr junger Mensch Entscheidungen treffen, die einen Unterschied machen“, so formuliert sie diese Message im Gespräch. Sie selbst hat früh Verantwortung übernommen. Mit fünf Jahren hat sie begonnen zu malen, besuchte eine Kunstschule, studierte Journalismus und Rechtswissenschaften. Aufgewachsen in Estland, mit Verbindung ins heutige Russland und in die Ukraine, wird bei der Suche nach einer Zukunftsperspektive Deutschland ein Ziel. Zwei Semester hier zu studieren, das war 1999 der Plan. Dann lernt sie ihren jetzigen Mann kennen und bleibt. Sie steigt in das Familiengeschäft ein, wird Mutter, ist glücklich in Malente. Ihre Begabung liegt lange auf Eis: „Aber ich habe immer gezeichnet“, erinnert sie sich. Dann hört sie von der Muthesius-Schule in Kiel und geht zur dortigen Mappenberatung. Was sie zu zeigen hat, überzeugt. Sie macht den Abschluss als Illustratorin und am Ende ermutigt sie ihr Professor, sich an ein Kinderbuch zu wagen. Mobbing ist das Thema ihres Erstlings, der viel Beachtung findet. Die Idee zum Buch über den Kakapo hat sie, als ihr Mann die Zeitung offen liegen lässt: „Darin stand ein Artikel über den Kakapo“, erzählt sie. 211 Exemplare dieser Spezies gibt es zu diesem Zeitpunkt nur noch. Das Buch soll dazu beitragen, den seltenen Vogel zu schützen: „Man kann diese Themen mit Kindern behandeln“, davon ist Elena Prochnow überzeugt. Sie setzt dabei auf Fantasie und auf die positive Energie, die sich einstellt, wenn man gemeinsam aktiv wird. Die soll die Kinder auch über das Buch hinaus motivieren. Deshalb gibt es zum Buch verschiedene Ausmalvorlagen.
Das Buch selbst weckt die Lust auf Farben. Als examinierte Illustratorin weiß Elena Prochnow, wie die Seiten auch ohne Worte ihre volle Wirkung entfalten können. Für große Zusammenhänge findet sie treffende Bilder und obwohl die Illustrationen alles andere als Wimmelbilder sind, wimmelt es im Buch von tollen Ideen. Und am Ende ist man ein bisschen klüger und hat etwas entdeckt, das sich zu bewahren lohnt. Wie bei jedem guten Buch.