

Eutin (ed). Eigentlich geht das gar nicht. Eutin ohne sein Stadtfest? Seit 1992 als solches fest verankert im Terminkalender der Stadt? Und doch teilte Helge Nickel am Montag mit, er habe dem Ordnungsamt der Stadt Eutin mitgeteilt, dass er seinen Antrag zurückziehe und die Durchführung des Stadtfestes als eigenverantwortlicher Veranstalter absage. „Man kriegt keine Chance hier in Eutin“, sagt Helge Nickel, der seit mehr als 30 Jahren das Eutiner Stadtfest mit Großflohmarkt organisiert und für viele andere Veranstaltungen vom Motorradtreffen bis hin zum Bluesfest verantwortlich zeichnet. Resigniert scheint er, als hätte er es gewusst, aber gehofft und alles dafür getan, dass dieses Eutiner Highlight weiter stattfinden kann. Doch nun sei es ihm unmöglich, das Stadtfest weiter durchzuführen. Im Nachgespräch des letzten Stadtfestes im September 2016 sei besprochen worden, dass im Oktober die neuen Sicherheitsauflagen für das Stadtfest 2017 festgelegt würden. „Und Sicherheit ist ein elementares Gut und kann gar nicht genug Beachtung finden“, sagt Helge Nickel, „aber es muss realistisch machbare Sicherheit sein.“ Das Eutiner Stadtfest sei laut Angaben der Polizei von jeher ein friedliches Fest, das friedlichste im Lande – kleine Ausschreitungen habe es immer nur nach Veranstaltungsende oder außerhalb des Veranstaltungsgeländes gegeben. Erst Ende Januar hat nun das Ordnungsamt der Stadt Eutin Helge Nickel aufgrund dessen mehrfacher Nachfrage die neuen Sicherheitsauflagen aufgrund einer „neuen, allgemeinen Sicherheitslage“ mitgeteilt – und obwohl der Veranstalter gegenüber dem Ordnungsamt wie auch dem Bürgermeister deutlich gemacht hatte, dass für das Stadtfest kein größerer Spielraum in Sachen Kosten bestehe, beträgt der finanzielle Mehraufwand, den die neuen Auflagen erfordern, rund 20.000 Euro. „Das ist nicht motivierend für jemanden“, so Nickel, „der für die Stadt Eutin etwas tun will, dessen Existenz aber auch davon abhängt.“ Unter anderem solle der Ordnerdienst auf einen Ordner pro 100 Besucher erhöht werden, zudem seien immer drei zertifizierte Sicherheitsleute an den Bühnen vonnöten, weiter massive Barrieren zwecks Sperrung an den Zufahrten – „das gestaltet die Veranstaltung schon im Vorwege defizitär“, macht Helge Nickel deutlich. Ganz zu schweigen von der Nummerierung der Stände, der Feuersicherheitswache bei Straßenprogrammen mit Feuerspuckern und anderen, einem weit höheren Sanitätsdienst als je zuvor und dem Erstellen eines Sicherheitskonzeptes als weitere Auflagen. Auch das Prozedere ärgert Helge Nickel – so seien die Sicherheitsgespräche nur von der Stadt, der Polizei und der Feuerwehr geführt worden – ohne Sanitätsdienst und vor allem ohne ihn als Veranstalter. Und die Verzögerung der Übermittlung der Sicherheitsauflagen – seien sie ihm schon im Oktober bekannt gewesen, hätte er vielleicht noch etwas retten können. Ebenso die Tatsache, dass „Auflagen, die ich beim Stadtfest seit Jahren zu erfüllen habe“ weder der bei der Landesgartenschau noch beim Landesgeburtstag angewendet wurden.“ Ganz im Gegenteil seien vor allem beim Feuerwerk für den Landesgeburtstag Sicherheitsvorgaben bewusst missachtet worden. Schon immer habe die Stadt Eutin es motivierten Veranstaltern schwer gemacht, hier etwas auf die Beine zustellen – vom Kunsthandwerkermarkt in der Stadtbucht über das Kleinkunstfest und das Motorradtreffen, die ebenfalls trotz guter Besucherzahlen aufgrund unterschiedlichster Auflagen und Einschränkungen nicht mehr stattfinden können, wie Nickel berichtet. Und jetzt das Stadtfest, das, obwohl immer kleiner werdend, Tausende Besucher im Sommer nach Eutin lockte, mehr als zwei Tage lang mit Flohmarkt, Antiquitäten, Musik und Kulinarischem, kurz buntem Programm für die ganze Familie bespaßte. Gibt es noch eine Chance, dass es weitergeht? „Nein, sagt Helge Nickel, „das geht schon aus zeitlichen Gründen nicht. Ich sehe keine Lösung.“ Hätte die Stadt die neuen Auflagen früher mitgeteilt, wie es ihm avvisiert worden war, wäre ein Teil der Kosten vielleicht durch Sponsoren aufzufangen gewesen. „Ich hätte mir gewünscht, dass es so gelaufen wäre, wie man es angekündigt hatte“, sagt der Veranstalter, „dass man sich im Oktober zusammengesetzt und offen definiert hätte, was zu tun ist. Aber so geht das nicht. Die Konsequenz ist, dass ich meine Agentur noch dieses Jahr schließe.“ Helge Nickel wird in den kommenden Monaten seine Firma Kreativ Konkret abwickeln und im Sommer schließen – auf sein Lebenswerk könne er stolz sein, hier in Eutin und auch anderswo. Was aus dem Bluesfest werde, einem der größten in Europa, sei nicht sicher. Für dieses Jahr koste es bereits 3.000 Euro mehr, für die er einen Nachantrag gestellt habe, sei aber soweit in trockenen Tüchern, wenn die Zusage der Stadt Eutin kommt, auf die er bereits warte. Aber in Zukunft? „Da muss ich mir keine Gedanken machen“, zuckt Nickel mit den Schultern, „denn wenn Eutin jetzt vier Jahre lang Baustelle ist, wird es ohnehin kein Stadtfest mehr geben und auch kein Bluesfest mehr durchführbar sein. Für mich persönlich ist das eine Katastrophe.“ Und Eutin bricht mehr als nur ein schönes Stück seiner Veranstaltungskultur weg. Die Stadt hat noch am Tag des Erhalts von Helge Nickels Absage des Stadtfestes reagiert: „Die Absage kam für uns überraschend,“ sagte dazu Eutins Bürgermeister Carsten Behnk, „wir prüfen jetzt, wie wir mit dieser neuen Lage umgehen.“ Die Landesgartenschau und die Veranstaltungen des vergangenen Jahres hätten gezeigt, welches Potential auf diesem Gebiet in Eutin stecke, so der Verwaltungschef weiter. Damit sei ein attraktives Veranstaltungswochenende (19. und 20. August 2017) in der Stadt vakant, das sicher auch für andere Anbieter interessant ist. Zum Thema Sicherheitsauflagen hatte die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr einen neuen Orientierungsrahmen herausgegeben. Damit soll die Planung und Durchführung von Veranstaltungen unter Berücksichtigung der relevanten Sicherheitsaspekte vereinfacht und die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Veranstaltern erleichtert werden. „Sicherheitsauflagen unterliegen einer ständigen Anpassung an geänderte Sicherheitslagen,“ sagte dazu der Eutiner Bürgermeister. „Gleichwohl verlangen wir keine unmöglichen Dinge, sondern definieren mit den Richtlinien lediglich einen Rahmen. Die konkreten Sicherheitsauflagen für eine Veranstaltung werden immer im Einzelfall festgesetzt und im Dialog vermittelt.“