Simon Krüger

Ein Blick in eine vollständig rollstuhlgerechte Wohnung

Komfort und Freiheit für alle: Wie Barrierefreiheit unser aller Leben zum Positiven verändert

Bild: Pixabay.com @ BeatriceBB

Haben Sie sich jemals gefragt, wie es ist, in einer rollstuhlgerechten Wohnung zu leben? Dann kommen Sie mit auf eine Besichtigungstour der besonderen Art! Begleiten Sie Maria bei einer Tour durch ihre neue, vollständig rollstuhlgerechte Wohnung und lassen Sie sich erzählen, wie sich ihr Mann, der nicht im Rollstuhl sitzt, in einer für Rollstuhlfahrer optimierten Umgebung zurechtfindet.

 

Der Flur - schwellenlos, offen und geräumig
Ich betrete das Wohnhaus über einen breiten Hauseingang. Im großen und hellen Eingangsbereich befinden sich die Briefkästen, die in einem unterfahrbaren Briefkastensystem angeordnet sind. Die unteren Fächer dieses modularen Systems sind so positioniert, dass ich sie bequem aus meinem Rollstuhl heraus öffnen kann. Die Wohnung selbst erreiche ich über einen Aufzug. Für den Bedarfsfall wurde jedoch das Treppenhaus breit genug gestaltet, um einen Plattformlift anbringen zu können. Steht der Lift, kann ich also auch "über die Treppe fahren".

 

Maximale Bewegungsfreiheit: Der neue Standard im barrierefreien Bauen
Die Eingangstür ist, wie auch alle anderen Türen in meinem Wohngebäude, schwellenlos. Das findet auch mein Mann angenehm, da er dadurch große Einkäufe oder sperrige Gegenstände problemlos in die Wohnung tragen kann. Nach dem Öffnen der Tür stehe ich im Flur unserer Wohnung. Der Raum ist großzügig geschnitten und bietet mir genügend Bewegungsfreiheit. Die Ausstattung der Garderobe ist vom Schlüsselkasten bis zur Gegensprechanlage in einer für mich zugänglichen Höhe angebracht und der Platz vor dem Garderobenschrank ist ausreichend, um mich bequem umzudrehen und meine Jacke abzulegen. Die 150 cm Bewegungsfläche gilt als Maßstab für den gesamten Bereich, der sich vor unserem Mobiliar befindet. Er gilt neben dem Bett im Schlafzimmer ebenso wie vor dem Kleiderschrank oder der Toilette. Ein kleines, aber feines Detail: Die Wohnung verfügt sogar über barrierefreie Rauchmelder.

 

Erreichbarkeit neu gedacht: Türgriffe und Lichtschalter in "sitzender Höhe"
Im Eingangsbereich unserer Wohnung gab es ursprünglich einen Bereich, der für meinen Mann nicht so ideal war. Er hatte Schwierigkeiten, sich zu bücken, um in die Gegensprechanlage zu sprechen. Doch in unserer Situation lernt man, kreativ zu sein. Wir haben also gemeinsam nach einer praktikablen Lösung für dieses Problem gesucht. Und da der Flur unserer Wohnung ausreichend Platz bietet, haben wir kurzerhand einen stilvollen Ohrensessel an die freie Wand neben die Gegensprechanlage gestellt. Was die Lichtschalter betrifft, so sind sie in einer für mich angenehmen Höhe positioniert; nicht viel tiefer als das bei herkömmlichen Lichtschaltern der Fall ist, die sich normalerweise in einer Höhe von rund 120 cm befinden. Unsere sind rund 20 cm tiefer angebracht. Auch mein Mann muss sich nicht bücken, um das Licht an- oder auszuschalten.

 

Komfort ohne Grenzen: Unterfahrbare Schränke und durchdachte Raumgestaltung
Die Küche ist ein wahr gewordener Traum für mich! Die Küchenkästen sind unterfahrbar, was für mich bedeutet, dass ich wieder ohne Einschränkungen kochen kann. Sogar die Oberkästen sind für mich erreichbar, da sie sich durch ein Schwenksystem leicht auf meine Höhe bringen lassen. Unser großes Badezimmer bietet ebenfalls genügend Platz. Früher hätte ich gesagt, in diesem Bad kann man ja tanzen! Der unterfahrbare Waschtisch befindet sich in einer Höhe von rund 80 cm, der rund 100 cm hohe Spiegel oberhalb des Waschtischs kann sowohl von mir im Sitzen als auch von meinem Mann im Stehen genutzt werden. Dennoch mussten wir im Badezimmer einen Kompromiss schließen: Mein Mann wäscht sich im Sitzen. Dafür steht ein Hocker bereit. Neben der Küche ist die bodengleiche Dusche ein weiterer Höhepunkt für mich. Sie ist groß und geräumig und bietet genug Platz und einen Sitz, damit ich mich selbständig duschen kann.

 

Ich bin glücklich, in diese Wohnung gezogen zu sein. In unserer alten Wohnung war ich ständig auf Hilfe angewiesen, was auch für meinen Mann nicht angenehm war. Wir hatten nicht einmal einen gebrauchten Treppenlift, damit ich in die obere Etage gelangen hätte können. Jetzt kann ich mein Leben wieder vollkommen selbständig strukturieren und organisieren. Natürlich hat dadurch auch mein Mann wieder mehr Zeit für sich. Er fühlt sich in unserer rollstuhlgerechten Wohnung sichtlich wohl und blüht darin geradezu auf. Dass etwas für ihn umständlicher ist als zuvor, findet er nicht. Es überwiegen definitiv die Vorteile.

 

Mit der Einführung der neuen DIN 18040 werden zukünftig viele Wohnhäuser und Wohnungen rollstuhlgerecht geplant und errichtet. Für Menschen im Rollstuhl bedeutet dies ein Plus an Selbständigkeit, für Menschen ohne Rollstuhl bedeutet es mehr Fläche, mehr Raum und weniger Unfallgefahr. Zunehmend werden auch immer mehr Einfamilienhäuser, Büroräume und öffentliche Gebäude unter Berücksichtigung der Kriterien für rollstuhlgerechtes Bauen errichtet. Dies hat nicht nur einen optischen Mehrwert zur Folge, sondern stellt auch eine Investition in die Zukunft dar. So kann man sicherstellen, dass das eigene Zuhause auch im Falle von Krankheit oder im Alter weiterhin genutzt werden kann.


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