Marlies Henke

„Abbilden hat mit Zauberei zu tun“ Zur Ausstellung von Rainer Puck in der Stadtbücherei

Neustadt. Eine weiß grundierte Leinwand. Darauf mit präzise gesetztem Pinselstrich das Porträt eines Mannes auf einem Stuhl; keine weiteren Hintergrunddetails. Wie auf alten Fotografien richtet der Abgebildete seinen Blick in die Ferne. Eine blaue Lichtkante umsäumt Kopf und Körper. – Dieses Bild hat Rainer Puck im Jahr 2013 von seinem Nachbarn gemalt. Es ist eines von über 40 Porträts aus 50 Jahren, die der Hamburger Künstler noch bis zum 2. April in der Stadtbücherei ausstellt.
 
Am letzten Sonntag wurde mit der Retrospektive „Selbst und andere(s)“ von Rainer Puck die erste Ausstellung der Ausstellungsgemeinschaft Neustadt in 2016 eröffnet. Neben den Porträts, die vorwiegend in Öl auf Wasserbasis entstanden sind, werden Stillleben, Hafenszenen und ostholsteinische Landschaften gezeigt.
Dass die Verbindung des Künstlers zu Neustadt eine ganz besondere ist, machte Volker Weber in seiner Einführung zur Person Rainer Puck deutlich: „Wir waren Schulfreunde und gehörten 1964 zu den ersten Abiturienten des damals neu gegründeten Neustädter Gymnasiums. Mit unserem damaligen Kunsterzieher Heiner Tonn eröffnen wir heute diese Ausstellung.“
 
Rainer Puck, der 1943 in Dahme zur Welt kam, studierte nach dem Abitur Kunst in Hamburg. Er nahm Stellung gegen die politische Rechte, engagierte sich hochschulpolitisch und knüpfte viele freundschaftliche Kontakte mit künstlerischem und politischem Hintergrund, unter anderem mit Martin Walser und dem Maler Harald Duwe. Dieser habe den gebürtigen Dahmer mal als „Provinzpinscher“ betitelt, berichtete Volker Weber. Von 1976 bis 2009 folgte die Tätigkeit als Lehrer am Hamburger Gymnasium, die Rainer Puck in den 90er Jahren für kurze Zeit nach Neustadt führte. Gemeinsam mit Hamburger Schülern gestaltete er die Außenwand des DLRG-Gebäudes am Strandbad. „Etliche Neustädter konnten sich dort wiederfinden. Das war eine Schüler-Lehrer-Arbeit, die viele Jahre Bestand hatte, bis der Zahn der Zeit sie durch eine Umbaumaßnahme verschwinden ließ“, berichtete Volker Weber, der Pucks Porträtkunst als „sehenswert gelungen“ bezeichnete: „Es fehlt seiner Malerei alles oberflächlich Beifallheischende. Da ist keine aufgesetzte Eleganz, kein eindeutiger Schmiss, kein expressiver Gestus. Da sucht man wohl vergeblich Eitelkeit.“ Die auf den Bildnissen ausgedrückte Wertschätzung und der Respekt gegenüber den Porträtierten sei für ihn beeindruckend beispielgebend, so Volker Weber.
 
Heiner Tonn nahm im Anschluss Bezug auf die Situation der Kunst in den 60er und 70er Jahren, in denen Rainer Pucks erste Werke entstanden waren: „In den Museen, den Akademien und der Kunstkritik galt nur das Abstrakte, das reine Spiel mit Formen und Farben. Wer als junger Künstler etwas werden wollte, musste sich einer der gerade gültigen Richtungen anschließen. Rainer Puck hat sich nicht angepasst“, erklärte Tonn. Puck habe seine eigenen Vorstellungen von Kunst gehabt und sei bei der Faszination des Abbildens geblieben. „Das Abbild hat seit Urzeiten seinen Reiz. Damals wie heute hat das etwas mit Zauberei zu tun“, so Tonn.
 
Die Ausstellung von Rainer Puck in der Stadtbücherei, Waschgrabenallee 7 kann bis zum 2. April zu den Öffnungszeiten der Stadtbücherei besucht werden: montags bis donnerstags von 9.30 bis 12 Uhr und 14 bis 17.30, freitags von 9.30 bis 12 und 14 bis 18.30 sowie samstags von 9.30 bis 12 Uhr. (he)


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