Petra Remshardt

Bilanz der Brutsaison 2019 am Lensterstrand

Lensterstrand. Die Küstendünenlandschaft zwischen Kellenhusen und Grömitz ist seit 2007 das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet DE 1832-329. Der Küstenstreifen besteht aus Sandstränden vor einer Küstendünenlandschaft aus größtenteils überdünten Strandwällen zwischen den intensiv touristisch genutzten Stränden von Grömitz und Kellenhusen und einem parallel zur Küste verlaufenden Landesschutzdeich.
Trotz der Nähe zu den Ortslagen und dem Badestrand und den dadurch bedingten negativen Einflussfaktoren kommt dem Küstenabschnitt zwischen Grömitz und Kellenhusen eine landesweite Bedeutung zu, da die letzten noch naturnah entwickelten Küstenabschnitte an der gesamten holsteinischen Ostseeküste nur noch auf wenige Standorte begrenzt sind.
Das Teilgebiet „Lensterstrand“ hat eine landesweite besondere Bedeutung als Brutgebiet für die Zwergseeschwalbe, die kleinste Seeschwalbe Europas. Die dortige Kolonie ist aktuell der bedeutendste Brutplatz an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste.
 
Seitens der unteren Naturschutzbehörde in Eutin wird seit Jahren per Allgemeinverfügung ein Betretungsverbot für zwei Bereiche am Klosterseestrand zum Schutz und Erhalt der der Zwergseeschwalbenkolonie für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. August erlassen. Von den Mitgliedern der NABU-Ortsgruppe Lensterstrand werden, dankenswerterweise materiell unterstützt von der Gemeinde Grömitz, alljährlich für den oben angegebenen Zeitraum Schutzzäune unmittelbar am Strand und im Dünengelände errichtet und wieder abgebaut. Für Surfer besteht in dem Zeitrahmen ein Anlandungsverbot in den beiden Sperrbereichen. Strandwanderer können ihren Weg auf der Deichkrone fortsetzen.
Der Vorsitzende der Nabu-Ortsgruppe Lensterstrand, Karl-Peter Horst, stellte in den abgesperrten Schutzgebieten sieben Brutpaare der Küstenseeschwalbe, 14 Brutpaare des Sandregenpfeifers und 32 Brutpaare der Zwergseeschwalbe fest. Ein Austernfischerpärchen brütete zweimal.
 
Am 15.6.2009 hatte Dr. Henning Behmann in dem Schutzgebiet am FKK-Strand eine flügge Zwergseeschwalbe mit einem Metallring versehen. Dieser Vogel brütete im Mai 2018 bei Korsör auf der dänischen Insel Seeland und erhielt durch den dänischen Beringer Ulf Berthelsen, Universität Aarhus, dänisches Zwergseeschwalben-Beringungsprogramm, zusätzlich den grünen Farbring mit der weißen Inschrift Y1B. Diese Zwergseeschwalbe wurde nunmehr im Juli diesen Jahres bei Kent in Groß Britannien beobachtet.
Ulf Berthelsen beringte im vergangenen Juni im hiesigen Schutzgebiet mehrere adulte und flügge Zwergseeschwalben mit grünen Farbringen, Inschrift drei Buchstaben. Weitere Jungvögel wurden im Juli beringt. Durch die Beringung konnte festgestellt werden, dass Dr. Behmann bereits im Juni 1999 - mithin vor 20 Jahren - eine junge Zwergseeschwalbe hier am Lensterstrand beringt hatte. Die Farbberingung fiel einem Vogelbeobachter Anfang August in Travemünde auf. Der Altvogel fütterte dort einen ebenfalls farbberingten Jungvogel, der am 7. Juli im Schutzgebiet von Matthias Haupt beringt worden war.
 
In der Nacht zum 7. Juli überwand ein Raubsäuger den Maschendrahtzaun mit Elektrozaun und biss fast alle flüggen und nicht flüggen Jungvögel tot. Vier Eier des Zweitgeleges der Austernfischer fraß er auf. Dies ist bedauerlich, da die vier Jungvögel der Erstbrut vermutlich ebenfalls von Beutegreifern getötet wurden. In dem Schutzgebiet konnte ein Abdruck des Raubsäugers fotografiert und als Spur eines Marderhundes identifiziert werden. Vor wenigen Tagen wurde auf dem Wall am Schutzgebiet ein Marderhund mit zwei Jungen beobachtet. Daraus folgt, dass im nächsten Frühjahr der Schutzzaun erneut erhöht werden muss, um Fuchs, Marderhund und Co. abzuhalten.
Der Austernfischer kann ganzjährig an der hiesigen Ostseeküste beobachtet werden. Als Teilzieher weichen deutsche Austernfischer bei Kälteeinbrüchen Richtung Südwesten aus. Sandregenpfeifer können ebenfalls ganzjährig am Ostseestrand beobachtet werden. Die einheimischen Brutvögel ziehen im Winter Richtung Westen- und Südwesten-Europa, aber auch bis Afrika. Die Zwergseeschwalbe verweilt hier von Mitte April bis Ende September und überwintert in West-Afrika. Die Küstenseeschwalbe hält sich hier von Anfang April bis Anfang Oktober auf, um dann den weiten Weg ins Winterquartier an der antarktischen Packeiszone zurückzulegen. Mit bis zu 30.000 Kilometer jährlicher Flugstrecke ist sie Rekordhalter in Sachen Vogelzug - ohne CO2-Ausstoß. (red)


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