

Zweiter humanitärer Einsatz der Hilfsorganisation „Via Cordium“ in Nepal zur
Unterstützung des kleinen Dorfes Jhule, welches durch die Erdbeben 2015 stark
zerstört wurde. Ein Einsatzbericht der Ärzte von „Via Cordium“.
„Jhule ma swaagatam“ begrüßt uns Tulku Lama und meint damit „Willkommen in
Jhule“. Der freundliche Mann mit sonnengegerbter Haut lebt mit seiner
sechsköpfigen Familie an einem grünen, mit Kartoffeln und Mais bewachsenen
Berghang des Dorfes. Sein Haus, aus Feldsteinen und Lehm gebaut, wurde bei den
schweren Erdbeben vollständig zerstört, die Familie stand von einem Moment auf
den nächsten buchstäblich auf den Trümmern ihrer Existenz. Seit dem Unglück hat
die Familie notdürftig ein Ersatzhaus aus Wellblech gebaut. Der humanitäre
Einsatz beginnt! Wir sind vier Neustädter Ärzte der gemeinnützigen
Hilfsorganisation „Via Cordium“, welche im September 2015 anlässlich der
schweren Erdbeben in Nepal auf Initiative von Laura Hänsel und Mathias Tomala
gegründet wurde.
In Kooperation mit einer nepalesischen Non-Profit-Organisation wurde ein
gemeinsames Hilfsprojekt für die Erdbebenopfer ins Leben gerufen. Die Wahl fiel
auf ein, durch die schweren Erdbeben zu 90 Prozent zerstörtes Dorf Jhule, in
welchem rund 350 Menschen leben. Das Hilfsprojekt für Jhule beinhaltet drei
Ziele: Bau eines Gemeindehauses, Unterstützung der lokalen Grundschule und
medizinische Versorgung der Bewohner. Nach unserem ersten Einsatz im September
2015 sind wir nun erneut in Jhule angekommen. Von den Ruinen des Hauses von
Tulku Lama können wir auf das sich noch im Bau befindlichen Gemeindehauses
blicken. Im vergangenen Jahr haben die Dorfbewohner in mühevoller Arbeit mit
unzähligen Spatenstichen einen riesigen Berghang abgetragen, damit hier das
Gemeindehaus entstehen kann. „In dem Gemeindehaus wird Platz sein für einen
Versammlungsraum, in dem sich der Dorfrat und die Frauengemeinschaft treffen
können. Zudem soll Platz für Medikamente und eine einfache, erste Behandlung
integriert werden. Ein Multifunktionsraum könnte außerdem Platz für einen
kleinen Kindergarten bieten“, berichtet der Teamleiter von „Via Cordium“,
Mathias Tomala, „das Leben im dem vollkommen zerstörten Dorf Jhule kann damit
Schritt für Schritt wieder lebenswert gemacht werden“.
Die Grundschule von Jhule erreichen wir nach einer halben Stunde Fußmarsch.
Neugierige Kinderaugen beobachten uns, wie wir den steinigen Schotterweg zu den
drei Schulgebäuden hinaufsteigen, in dem rund 100 Kinder Platz finden. Die
Familien dieser Kinder sind unverkennbar arm, die Schuluniformen sind
verschlissen und mit Staub bedeckt. Die Mädchen tragen kurze Röcke, unter denen
weite, traditionelle Hosen zum Vorschein kommen. Flip-Flops und Sandalen an den
Füßen halten die Mädchen nicht davon ab, mit uns Fußball zu spielen. Danach
lassen wir Hunderte von Seifenblasen über den Schulhof fliegen, bis es Zeit für
ein Mittagessen ist. Gespendet von „Via Cordium“ erhalten die Kinder „Dal Bhad“,
die nepalesische Leibspeise, bestehend aus Reis, Linsensuppe, Gemüse und
Hühnchen. Wir sind beeindruckt, selbst die Vierjährigen kommen bereits nach
wenigen Minuten zurück mit einem leeren Teller und bitten um Nachschlag.
Höhepunkt unseres Besuches in der Schule ist die Verteilung der mitgebrachten
Schulmaterialien. Die Augen der Kinder glänzen vor Freude – mit dieser
Überraschung hat keiner gerechnet! „Thank you“ sagen sie und tragen stolz ihre
Beute davon. Die fünf Lehrer der Schule helfen mit und übersetzten unseren
Wunsch für die Kinder: eine bessere Zukunft durch Bildung.
Schnell spricht sich im Dorf herum, dass eine ärztliche Untersuchung durch
uns vier Ärzte von „Via Cordium“ an drei aufeinanderfolgenden Tagen angeboten
wird. Mütter mit ihren Kindern, Mädchen mit Schuluniform, Erwachsene mit
unterschiedlichen Erkrankungen finden sich auf dem Schulhof ein, von welchem man
auf die schneebedeckten Berge des Himalaja blicken kann. Die im Vorfeld besorgen
Medikamente, Verbandsmaterialien und Instrumente zur Wundversorgung werden in
einem der Klassenräume verstaut – und schon kann mit der Sprechstunde begonnen
werden. Es werden zwei Teams gebildet, bestehend aus zwei Neustädter Ärzten und
mehreren Helfern und Übersetzern der nepalesischen Partnerorganisation. Bei der
Untersuchung bietet ein breites Spektrum von allgemeinen und chirurgischen
Krankheitsbildern. Da ist ein 9-jähriges Mädchen Urmila, welche bereits seit
vielen Tagen eitrige Wunden am Hinterkopf hat, ohne bisherige medizinische
Behandlung. Vielen Patienten können wir helfen durch eine Wundversorgung,
Medikamente und einen Rat – doch kommen wir auch an unsere Grenzen. Da ist ein
älterer Mann mit den Folgen eines Schlaganfalls. Krankengymnastik,
Rehabilitationsmaßnahmen wie wir sie kennen sind hier in Jhule undenkbar, denn
eine Krankenversicherung gibt es nicht und die Kosten einer aufwendigen
Behandlung können die Dorfbewohner durch ihren Ertrag auf dem Felde nicht
stemmen. Urmila sehen wir am Tag unserer Abreise aus Jhule wieder – mit einem
Strahlen im Gesicht, der Lohn für unseren Einsatz. Werden wir sie wiedersehen?
Ja – denn in einem Jahr kommen wir wieder! Am Ende fällt uns der Abschied
schwer. Was uns am meisten in Erinnerung bleiben wird? Das Bild der Schulkinder
von Jhule, wie sie viele kleine, in Regenbogenfarben schimmernde Seifenblasen in
die Luft pusten. Ein Sinnbild für eine bessere, leichtere und buntere
Zukunft.
Über „Via Cordium“: Die humanitäre Hilfsorganisation ist ein
gemeinnütziger, eingetragener Verein mit einem klaren Ziel: Organisation von
überschaubaren Hilfsprojekten in aller Welt auf Augenhöhe mit direktem Kontakt
zu den Betroffenen und Helfern vor Ort. „Via Cordium“ bedeutet übersetzt „Weg
der Herzen“.
Termine: „Via Cordium“organisiert einen Bücherflohmarkt auf
dem Weihnachtsmarkt der Schön Klinik Neustadt am Sonntag, dem 27. November in
der Magistrale von 11 bis 17 Uhr. Für alle Interessierten findet außerdem eine
Informationsveranstaltung über den 2. Einsatz in Jhule 2016 in der Schön Klinik
Neustadt am Donnerstag, dem 15. Dezember im großen Konferenzsaal um 16.30 Uhr
statt. Weitere Informationen gibt es auf der Website: www.via-cordium.com
Spendenkonto: Deutsche Apotheker- und Ärztebank,
Kontoinhaber Via Cordium e.V., IBAN DE47300606010003271510, BIC DAAEDEDDXXX.
(red)