Seitenlogo
Kristina Kolbe

Jugendliche in der Krise - Wie sich Homeschooling und Kontaktverbot anfühlt

Neustadt. Schulunterricht Zuhause, Eltern in Kurz- oder Heimarbeit, keine Sport oder Musikangebote und Kontaktverbot zu den besten Freunden - unsere Kinder und Jugendlichen haben in dieser Zeit ein ganz schönes Päckchen zu tragen.
Wir haben uns mit zwei Vertretern des Kinder und Jugendparlamentes getroffen und einmal nachgefragt, wo der Schuh wirklich drückt. Janne Hartmann zum Beispiel erzählt, dass die Situation sie „ganz schön gestresst“ habe. „Ich vermisse meine Vereine, den Gitarrenunterricht, die Chorprobe, den Sport“, erklärt die 18-Jährige. Hinzu komme der digitale Schulunterricht für Zuhause. „Am Anfang wussten wir gar nicht, was passiert“, erinnert sie sich. Man habe keine genauen Auskünfte erhalten, keiner wusste Bescheid. Die neue Situation brachte ganz neue Herausforderungen mit sich, die manchmal zu Überforderung führten. Lehrer nutzten unterschiedliche Plattformen für das „Homeschooling“, Schüler mussten lernen, sich selbst zu motivieren und am Ball zu bleiben.
„Wir konnten unsere Noten über das Homeschooling nur verbessern, nicht verschlechtern“, erklärt Janne Hartmann. Das habe bei vielen dazu geführt, sich auf ihren bisherigen Noten regelrecht auszuruhen und die Aufgaben für Zuhause nicht mehr abzugeben. Auch Janne Hartmann selbst fiel es am Anfang schwer, die nötige Motivation zu finden.
Leif Schröder hat während der Corona-Pandemie seine Abschlussprüfungen geschrieben. Zwar habe es Unterricht gegeben, einige Unterrichtsfächer seien aber komplett weggefallen. „Wenn ich mich in einem der Nebenfächer hätte verbessern wollen, hätte ich das nur über eine zusätzliche mündliche Prüfung machen können“, erklärt er.
Kinder- und Jugendberater Andreas Adler sieht genau hier ein Kernproblem: „Die Jugendlichen müssen sich alleine in dieser Situation zurechtfinden. Manche Jugendliche tauchen regelrecht ab. Die sind dann verschwunden und treten im Sozialleben gar nicht mehr in Erscheinung“.
Auch Jugendcoach Danny Seidel zeigt sich besorgt: „Wir befinden uns in einer völlig neuen Situation, die Familien über Generationen hinweg gar nicht kennen. Selbst die Eltern konnten dadurch überhaupt keine Sicherheit geben. Diese Fremdbestimmung kennen wir in unserem demokratischen Deutschland gar nicht.“ Zusätzlich fehle der Austausch untereinander. Zwar können die Kinder und Jugendlichen über Telefon und Internet kommunizieren, das sei aber natürlich nicht das Gleiche wie von Angesicht zu Angesicht, so der Jugendcoach, der seit der Schulschließung unzählige Gespräche mit Jugendlichen geführt hat. Sein Apell an alle Eltern lautet dabei ganz klar: „Druck rausnehmen.“ Und auch Andreas Adler hat einen Wunsch: „Eltern sollten ihre Kinder einfach mal fragen, wie es ihnen wirklich geht“.
Ein weiterer fehlender Meilenstein sei, dass das Praktikum ausgefallen ist, bei dem die Schüler schon mal in ihre potenziellen Wunschberufe reinschnuppern können. „Wir werden noch lange mit der Aufarbeitung der Folgen zu tun haben“, erklärt Danny Seidel.
Umso größer ist die Freude bei allen Beteiligten, dass zumindest die Ferienfreizeit wieder stattfinden
darf. Es sei wichtig, dafür zu sorgen, den Jungen Menschen wieder Spaß zu vermitteln, sind sich alle einig. (ko)


Weitere Nachrichten aus Neustadt in Holstein

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen