Kai Pioch

Keine Entscheidung zur Hafennutzung - Zukunft der Hafenwestseite bleibt ungewiss

Neustadt. Am Dienstagabend waren zwar gleich fünf städtische Ausschüsse in der Mensa der Jacob-Lienau-Schule zusammengekommen, um über die künftige Nutzung des Hafens abzustimmen, die Sachlage erwies sich für die Ausschussmitglieder jedoch nach der über dreistündigen Sitzung als zu komplex, um eine Entscheidung herbeizuführen. 1. Stadtrat Friedrich-Karl Kasten beantragte im Auftrag von BGN, CDU und SPD, die neuen Erkenntnisse zunächst in den Fraktionen und Ausschüssen genau abzuwägen und zu bewerten. „Das ist eine Entscheidung, die sehr reiflich überlegt sein will, denn wenn wir das einmal getan haben, gibt es keinen Weg zurück“, so der 1. Stadtrat.
 
Zuvor hatte das Lübecker Unternehmen „competence in ports and logistics“ (CPL) seine Analyse vorgestellt und eine Mischnutzung empfohlen, bei welcher der Gewerbebetrieb im südlichen Teil des Hafens ausgebaut werden soll, und bei welcher der Abriss der HaGe-Speicher und die Schaffung von Lagerflächen vorgesehen sind. Bei Erfüllung einer Reihe von Voraussetzungen hält Diplom-Geograf Jobst Schlennstedt einen Umschlag von 155.000 Tonnen und einen Überschuss von rund 100.000 Euro jährlich bei einem kontinuierlichen „Hochfahren“ des Betriebes bis zum Jahr 2030 für realistisch. Die Stadt müsse sich jedoch deutlich „Pro Gewerbehafen“ positionieren sowie ein offensives Hafenmarketing und einen Vertrieb einrichten. Eine wirtschaftliche Verbesserung des seit Jahren defizitären Gewerbehafens sei nur durch eine Steigerung des Umschlags mit eigenem Gerät und Personal möglich.
 
Während die Analyse von CPL sich auf den südlichen Teil der Hafenwestseite konzentrierte und Fragen der Zugänglichkeit und potenzieller Nutzungskonflikte weitestgehend unbeantwortet ließ, stellten die „Design Thinker“ Steiner, Matzdorf und Latt aus Berlin ein ganzheitliches Konzept vor. Dieses sieht vor, die verkehrsbelastete Eutiner Straße und das „Nadelöhr“ Hafenbrücke mit einer neuen Straße zu entlasten, die vom Kreisel in der Pohnsdorfer Straße direkt in den Bereich Bahnhof/ZOB führt, wo ein Welcome-Center entstehen soll. Von dort soll durch eine attraktivere Wegführung der gesamte Bereich besser an die Stadt angebunden werden. Simon Steiner sprach sich für eine rein maritim-touristische Hafennutzung aus und empfahl, mit dem Auslaufen der Erbpachtverträge in 2018 den Betrieb des Gewerbehafens einzustellen. Neustadt müsse zu einer Besucherstadt werden, indem der Hafen beispielsweise mit kulturellen Angeboten belebt wird und man dort maritimes Gewerbe und mehr Gastronomie ansiedelt, wodurch der Hafen auch verstärkt ein Anlaufpunkt für Besucher sowie Sport- und Traditionssegler werde.
 
Den Ausschussmitgliedern blieben viele Punkte jedoch bei beiden Konzepten unklar oder zu vage. Konkretere Planungen seien allerdings erst möglich, wenn man sich für eine Variante entscheide und dann mit potenziellen Investoren in den Dialog trete, so die Experten. Doch kein Investor sei bereit zu investieren, solange unklar ist, was mit dem Areal geschehen soll, betonte auch Bürgermeisterin Dr. Tordis Batscheider. Diese hatte eingangs auf die Dringlichkeit der Thematik verwiesen, denn es bleibe einfach zu viel liegen und könne nicht vorangehen, solange man sich für keine Richtung entscheide. Zudem habe man die einmalige Chance, in ein Städtebauförderprogramm aufgenommen zu werden und so Fördermittel des Landes und des Bundes einsetzen zu können. Im Rahmen des Programms soll im Frühjahr 2016 auch ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben werden, der die Neugestaltung des Areals vorantreiben soll.
 
Die Stadtverwaltung sprach sich geschlossen für die maritim-touristische Hafennutzung aus und hatte im Vorfeld einen entsprechenden Beschlussvorschlag erarbeitet, der unter www.stadt-neustadt.de einsehbar ist und alle Vor- und Nachteile beider Varianten aufführt. (kp)


Weitere Nachrichten aus Neustadt in Holstein

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen