

Werden heutzutage die Schultüten käuflich erworben oder gebastelt, wuchsen sie früher auf einem Baum. Das erzählte man jedenfalls den Kindern vor etwa 200 Jahren, als sich die ersten Zuckertüten in Sachsen und Thüringen etablierten. Mit einer „Zuggodühde“ wollte man die Kinder für den „Ernst des Lebens“ anspornen. Später erschien in Dresden ein reich bebildertes „Zuckertütenbuch“, dem in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts der „Zuckertütenbaum“ von A. Sixtus folgte. Die Botschaft der literarischen Werke war eindeutig. In jedem Schulkeller gedeihe ein Zuckertütenbaum, der nur auf seine Ernte warte. Hatten die Schultüten eine gewisse Größe erreicht, waren die Kinder reif für den Unterricht.
Die historischen Schul- oder Zuckertüten, die zunächst in großen Städten verbreitet und mit Obst, Nüssen und Naschwerk gefüllt waren, wurden in vergangenen Zeiten vom Lehrer ausgeteilt. Dabei gab es gesellschaftliche Unterschiede. So waren die Tüten wohlhabender Familien oft randvoll mit Naschwerk gefüllt, während ärmere Leute auch Nützliches, wie etwa Handschuhe oder Socken, in die Tüte gaben. Heute ist der Brauch in allen deutschsprachigen Ländern verbreitet. (red)