

Neustadt. Nach einem langen Prozess der
Entscheidungsfindung, bei dem sowohl die Neustädter Bevölkerung als auch diverse
Sachverständige miteinbezogen waren (der reporter berichtete), trafen die
Stadtverordneten am vergangenen Donnerstag eine wie Bürgermeisterin Dr. Tordis
Batscheider es formulierte „epochale Entscheidung“. Aus dem Gewerbehafen
Neustadt soll ein maritim-touristisch genutzter Hafen werden.
Diese wichtige Entscheidung hatte keiner der Stadtverordneten leichtfertig
getroffen. Das wurde aus den einzelnen Sachvorträgen deutlich, in die immer
wieder persönliche Erinnerungen an die „gute alte Zeit“ als noch viele große
Schiffe in Neustadt be- und entladen wurden, einflossen. „Diese Realität
passiert aber nicht mehr“, betonte CDU-Fraktionsvorsitzender Friedrich-Karl
Kasten und verwies auf die vorliegenden Analysen, die die Wettbewerbsfähigkeit
des Neustädter Hafens verneinten. Zu groß seien inzwischen die Schiffe und zu
klein die fjordähnliche Hafeneinfahrt. Die Ansiedlung anderer Geschäftszweige
dürfte an den eingeschränkten Nutzungszeiten scheitern. „Wir machen den Hafen ja
nicht zu!“, bekräftigte Kasten und auch Bauausschussvorsitzender Volker Weber
(SPD) mahnte: „Stillstand ist Rückschritt. Neustadt wird immer eine Hafenstadt
bleiben“.
Dies konnte auch Parteikollege Norbert Kahl mit deutlichen Zahlen
untermauern. Machten im Jahr 1995 noch 709 Schiffe in Neustadt fest, waren es
2014 nur noch 25. Dieses habe unter anderem seinen Grund darin, dass der
Getreideumschlag vollständig zum Erliegen gekommen sei. Lediglich einige
Stadtverordnete der BGN konnten sich mit der neuen Nutzung des Hafens nicht
anfreunden. Fraktionsvorsitzender Clemens Reichert sprach sich für eine
Mischnutzung des Hafens aus, die auch während des Design Thinking-Prozesses
favorisiert worden sei. Bedenken habe er vor allem wegen der großen
Investitionssummen, die für die Umsetzung der Umnutzung erforderlich werden.
Gleichwohl sprachen sich die anwesenden Stadtverordneten mit drei
Gegenstimmen für die neue Nutzungsstruktur aus. Sie sieht vor, dass mithilfe
eines städtebaulichen Wettbewerbs und entsprechenden Fördermitteln die
Neugestaltung des gesamten Areals vorangetrieben wird. Die künftige Nutzung ist
beschrieben mit „Leben und Arbeiten im Hafen sowie maritimer Tourismus“. Dabei
sollen unter anderem auch die anliegenden Straßen, das Gewerbegebiet, Teile des
Bundeswehrgeländes sowie der Bahnhof mit einbezogen sein. Die Erbpachtverträge
mit den ansässigen Gewerbetreibenden laufen 2018 aus und sollen nicht verlängert
werden.
Die Bürgermeisterin lobte die Entscheidung als ein „tolles Stück politischer
Kultur in dieser Stadt“ und dankte allen Stadtverordneten dafür, dass sie beim
Ringen um die beste Lösung für Neustadt nicht parteipolitisch, sondern höchst
sachlich agiert hätten und auch die politischen Vertreter fanden lobende Worte
für den „innovativen Blick der Verwaltung“, wie Erwin Schöner von der FDP es
formulierte. Willy Heckel (Bündnis 90/Die Grünen) hatte gleich konkrete Ideen
wie eine touristische Nutzung aussehen könnte und schlug vor, das Zeittor-Museum
mit ins Boot zu holen und im Hafen Neustadts spannende Geschichte darzustellen.
(gm)