

Lensahn. Barrieren erkennen und abbauen – mit diesem Ziel will die Gemeinde Lensahn die Ortsmitte für alle Menschen besser nutzbar machen. Das entsprechende Konzept wurde jetzt beschlossen. Mit 14 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen fand das Vorhaben breite Zustimmung in der Gemeindevertretung. Die öffentliche Infrastruktur soll so gestaltet werden, dass sie auch Menschen mit Rollator, Kinderwagen oder Sehbeeinträchtigung zugutekommt.
Eine Zusammenfassung des 74-seitigen Konzepts wurde am Montag vergangener Woche in der Sitzung der Gemeindevertretung vorgestellt. Grundlage ist eine umfassende Analyse des Hamburger Planungsbüros „Tollerort“. Das Konzept ist Teil der städtebaulichen Gesamtmaßnahme „Zukunftsgestaltung Daseinsvorsorge“ und basiert auf Begehungen, Gesprächen auf dem Wochenmarkt sowie einem öffentlichen Workshop (der reporter berichtete).
„Barrierefrei heißt nicht, dass alles perfekt ist – sondern dass alle Menschen grundsätzlich ohne Hilfe zurechtkommen“, erklärte Planerin Carolin Appel bei der Präsentation. Ziel seien Wege, die ohne Hindernisse auffindbar, zugänglich und nutzbar sind – ob mit Rollator, Blindenstock, Kinderwagen oder bei eingeschränkter Kraft. Eine 100-prozentige Lösung für alle sei nicht möglich. Die Herausforderung liege darin, unterschiedliche Bedürfnisse auszugleichen – idealerweise durch klare Wegeführung, sichere Querungen, wiederkehrende Gestaltungselemente und ein durchdachtes Leitsystem.
Ein Schwerpunkt ist die vielgenutzte Querung an der Eutiner Straße auf Höhe der Katharinenpassage. Hier empfehlen die Planer beispielsweise den Seitenraum auf Höhe der Parkstände vorzuziehen oder alternativ eine Mittelinsel anzulegen. Auch farbige Fahrbahnmarkierungen könnten die Aufmerksamkeit auf den Fußverkehr erhöhen. Empfohlen wird außerdem, neue Querungsstellen mit getrennten Bordabsenkungen (0 cm für Rollstuhlnutzer, 6 cm für Blinde) zu schaffen. Bestehende Borde, die derzeit zu flach sind, sollen mindestens auf drei Zentimeter erhöht werden, da sie sich sonst nicht mit dem Blindenstock ertasten lassen.
Ein weiterer Aspekt ist der Kirchplatz, wo das Kopfsteinpflaster den Zugang zur öffentlichen Toilette sowie zu Kirche und Gemeindehaus erschwere, so Appel. Empfohlen werden hier ebene Wege, die eine bessere Durchquerung des Platzes ermöglichen.
Der Maßnahmenkatalog enthält zahlreiche kleine und große Projekte – von kurzfristigen Schritten bis zu langfristigen Umgestaltungen. Vordringlich sind sichere Querungsstellen an Eutiner Straße und Bäderstraße, durchgehende barrierefreie Gehwege in der Ortsmitte, der barrierefreie Ausbau der Bushaltestellen „Kirche“ und „Bahnhof“ mit Sitzmöglichkeiten, Leitsystem und Wetterschutz sowie mehr gut erreichbare Sitzgelegenheiten und der Rückbau unnötiger Einbauten und Hindernisse.
Dass sich das Konzept ausschließlich auf die Ortsmitte konzentriert, liege an den Vorgaben der Städtebauförderung, die ein klar definiertes Sanierungsgebiet vorschreibt. Carolin Appel erklärte, das Konzept bilde die Grundlage für die weitere städtebauliche Planung. Analysiert wurden sowohl funktionierende Lösungen als auch Schwachstellen – ein zentrales Thema sei dabei das Unsicherheitsempfinden vieler Bürger entlang der Hauptstraßen gewesen.
In der anschließenden Debatte verwies Mathias Schmidt (SPD) auf mögliche Zielkonflikte: Der ländliche Raum dürfe nicht zu kurz kommen, viele Menschen seien auf das Auto angewiesen. Der Wegfall von Parkflächen könne den Zugang zur Ortsmitte erschweren. CDU-Vertreter Jan Westensee schlug vor, im Beschluss festzuhalten, dass jede Maßnahme einzeln in den zuständigen Gremien beraten und beschlossen wird.
Bürgermeister Michael Robien stellte klar, dass an der Eutiner Straße nur ein Teil der Parkstände entfalle. Von der Eisdiele aus seien lediglich fünf bis sechs Meter nicht mehr als Parkstreifen ausgewiesen, um eine sichere Querung zu ermöglichen. Der restliche Bereich zwischen Schiebold und Rossmann solle weitgehend erhalten bleiben.
Er betonte, dass mit der Verabschiedung des Konzepts lediglich Empfehlungen beschlossen würden. Die Verwaltung habe die Aufgabe, darauf aufbauend konkrete Vorschläge zu erarbeiten und vorzulegen. Ob und in welchem Umfang diese dann umgesetzt werden könnten, entscheide letztlich die Politik. (he)