

Im April startete der reporter die siebenteilige Serie „Abenteuer Malawi“ der
Medizinstudentin Svea Sela aus Gießen. Darin schildert die gebürtige
Neustädterin ihre Erfahrungen und Erlebnisse in einem malawischen Krankenhaus,
in dem sie fünf Wochen lang arbeitete. Nun war die 25-Jährige für zwei Tage bei
ihren Eltern in Neustadt. der reporter sprach mit Svea Sela über ihre
Beweggründe, über Hilfsprojekte im Ausland und über ihr persönliches „Abenteuer
Malawi“.
der reporter: Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich auf
so abenteuerliche Weise in einem fernen Land engagieren?
Svea Sela: Nach dem Abitur war ich mit drei Freundinnen in
Kambodscha. Das war das erste Mal, dass ich weit weg war und ich habe gemerkt,
dass es mir unheimlich viel Spaß bringt, herumzureisen und Leute auf diese Weise
kennenzulernen. Mich hat dann kaum etwas in Deutschland gehalten. In den
Semesterferien war ich immer unterwegs, in Nepal, Südostasien, Taiwan,
Südafrika, Südamerika, Guatemala, El Salvador, Belize, Argentinien, Chile. Meist
alleine.
der reporter: Aber das waren doch keine Vergnügungsreisen
...
Svea Sela: Nein, die Reisen hatten immer einen medizinischen
Hintergrund. Ich habe in den Ländern Konferenzen besucht und bin danach noch
herumgereist. Die Ziele ergaben sich durch die Bundesvertretung der
Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD). Dieser Verein setzt sich für die
Interessen der Studenten ein und umfasst eine Global-Health-Sparte, welche
Austauschprogramme unterstützt und organisiert. Über den BVMD habe ich viele
nette Menschen und spannende Themengebiete kennengelernt. Ein weiteres Global
Health Projekt an der Uni, das mich unheimlich geprägt hat, ist das
Schwerpunktcurriculum. Darin geht es zum Beispiel um Medizin und Imigration und
auch um den kritischen Blick bei Auslandsaufenthalten. Beides hat mich in Bezug
auf Malawi sehr geprägt. Die Basis bildet das Hinterfragen. Mein Dozent hat mal
gesagt: „Alles ist eine Reaktion“. Das ist für mich ein ganz gutes Fazit, denn
wir schauen nicht nur, wie die Medizin in anderen Ländern ist, beziehungsweise
wie gesund die Menschen dort sind, sondern wir fragen: Warum ist das so?
der reporter: Das hört sich so an, als würde „Global Health“
Ihren weiteren beruflichen Weg bestimmen.
Svea Sela: Ich bin jetzt gerade im praktischen Jahr und es
bringt mir unheimlich viel Spaß, praktisch zu arbeiten. Erstmal möchte ich also
meine Facharztausbildung machen. Global Health beziehungsweise die Erfahrungen
aus dem Ausland haben mich persönlich, aber auch medizinisch sehr viel weiter
gebracht und ich könnte mir vorstellen, parallel in dem Bereich zu arbeiten.
Loslassen wird mich dieses Thema garantiert nicht.
der reporter: Gab es Reaktionen auf Ihre Berichte im
reporter?
Svea Sela: Oh ja, das war klasse! Ich war gerade aus Malawi
zurückgekommen, als ich eine E-Mail von dem Ehepaar Wulkow aus Wetzlar bekam,
die im Urlaub in Grömitz meinen zweiten Bericht im reporter gelesen hatten. Die
beiden sind Gründer der „Dieter und Bettina Wulkow Stiftung“ und haben schon
einige Projekte im Ausland unterstützt. Wir haben uns getroffen, ich habe
einiges von Malawi erzählt und die beiden wollen jetzt wirklich in Malawi ein
Projekt aufbauen beziehungsweise unterstützen.
der reporter: Steht schon fest, was für ein Projekt das sein
wird?
Svea Sela: Wahrscheinlich im Bereich Bildung. Ich versuche
gerade, Kontakte herzustellen. Es ist schwer, in Malawi ein wirklich
nachhaltiges Projekt zu finden.
der reporter: Welche Erfahrung haben Sie denn mit
Hilfsprojekten in Malawi gemacht?
Svea Sela: Es gibt zum Beispiel ein Schulprojekt, bei dem
die Menschen sowohl Fahrtgeld und Essensgeld bekommen, als auch einen Snack und
sogar Geld dafür, dass sie kommen. Das war früher zwar gang und gäbe, weil man
die Leute dazu bringen wollte, überhaupt teilzunehmen. Aber wenn dies als
Voraussetzung gesehen wird und diese Erwartungshaltung weiter unterstützt wird,
dann ist das meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Bildung sollte
gewertschätzt werden. Man kann ja Fahrtkosten und Snacks zur Verfügung stellen,
aber einen kleinen Beitrag könnten die Menschen schon selbst leisten. Mir ist
wichtig, dass wir Projekte im Ausland unterstützen, bei denen die Menschen dort
auch Eigeninitiative ergreifen. Nur dann kann Malawi in 20 Jahren einen Schritt
weiter sein.
der reporter: Wie könnte denn so ein Projekt aussehen?
Svea Sela: Es gibt zum Beispiel ein Projekt, das Schüler
darin unterstützt, ein eigenes Netzwerk aufzubauen und das weiterzugeben, was
sie selbst erfahren haben. Auch die EKARI-Foundation, über die ich in meinen
Berichten geschrieben habe, organisiert ein Schulprojekt mit Seminaren und
Workshops, bei denen der Austausch generiert wird. Dort kommen zum Beispiel auch
Malawis, die es geschafft haben, der Armut zu entfliehen und die diese
Erfahrungen an andere weitergeben. Der Austausch mit anderen ist norm wichtig.
Ich würde Malawi wünschen, dass die Schüler dort nicht nur Meinungen nachreden,
sondern auch eigene produzieren. Ich würde mir wünschen, dass die Bildung noch
mehr gefördert wird, dass die Schüler die Möglichkeit haben, zu diskutieren und
eigenständig zu arbeiten und dass die Grundlage für gutes Lernen geschaffen
wird.
der reporter: Wie haben Sie persönlich ihre Zeit in Malawi
empfunden?
Svea Sela: Der Tag fängt in Malawi morgens an und ich weiß
überhaupt nicht, was ich abends mache. In Malawi muss ich zwei Stunden auf den
Bus warten, um zu merken, dass er heute nicht mehr kommt. Ich kann mich nicht
darauf verlassen, dass das Internet funktioniert. Das alles hat zwar etwas
Gemütliches und ist für vier Wochen schön, aber ich bin schon froh, dass ich
wieder einen klaren Tagesrhythmus habe. Ich komme morgens ins Krankenhaus und
muss nicht noch auf meine Kollegen warten. Der Tag beginnt und ich kann meine
Checkliste abarbeiten und abends kann ich meine Freunde treffen, ins Theater
oder ins Freibad gehen oder eine Veranstaltung in der Uni besuchen. Es gibt
viele Angebote.
der reporter: Und was sagen Ihre Eltern zu Ihren
abenteuerlichen Auslandaufenthalten?
Svea Sela: Sie haben sich daran gewöhnt und wissen, dass ich
auf mich aufpasse. Oft stelle ich sie vor vollendete Tatsachen. Bei der
Malawi-Reise zum Beispiel habe ich gesagt: „Folgendes: Ich gehe jetzt für einen
Monat nach Malawi. Die Flüge sind gebucht. Widerstand zwecklos.“ (he)