Neustadt. Umgekippte Tische und Stühle, ein außer Kontrolle geratener Transporter inmitten einer Café Terrasse, ein auf dem Dach liegendes Auto, Scherben und überall nach Hilfe schreiende, blutende und verletzte Menschen. Das war das Schreckensszenario, das sich gestern auf dem Marktplatz abspielte. Zum Glück alles nur eine Übung.
Der Fahrer des Transporters hat einen Herzinfarkt erlitten und daraufhin die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Er rast ungebremst in die belebte Terrasse eines Cafés in der Neustädter Innenstadt und touchiert dabei noch einen Kleinwagen, der sich überschlägt. In dem Kleinwagen ist mindestens eine Person eingeklemmt, unter dem Transporter auch.
Menschen ohne Bewusstsein, mit blutenden Wunden, verletzten Kniescheiben oder unter Schock warten auf das Eintreffen der Einsatzkräfte.
„Bist du die Kniescheibe? Dann setz dich da drüben hin“, hört man noch fünf Minuten vor Einsatzbeginn die Übungsleiter die letzten „Opfer“ ihre Plätze zuweisen. Die Stimmung ist gleichermaßen angespannt und ausgelassen. Jeder hier weiß, dass es nur eine Übung ist, man unterhält sich, macht Scherze. Ein Gedanke schwingt jedoch immer mit: Dieses Szenario könnte sich genauso abspielen.
Dabei sind sich alle an der Übung beteiligten einig, man wolle ja nicht den Teufel an die Wand malen, aber es sei immer besser auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Das erklären auch Wehrführer Alexander Wengelewski und DRK-Bereitschaftsleiter Pascal Salewski, die die Idee hatten, eine solche Großübung mit einem sogenannten Massenanfall an Verletzten durchzuführen.
Mit dabei waren außerdem die Landespolizei, die Schön Klinik, die Johanniter Unfallhilfe, die Notfallseelsorge, die
Technische Einsatzleitung Ostholstein, Rettungsdienst-Schnelleinsatzgruppen, Notärzte, die
Freiwillige Feuerwehr Neustadt und das
DRK. Die
Grömitzer Feuerwehr übernahm während der Dauer der Übung die Sicherstellung des Brandschutzes, falls es zu einem echten Einsatz in Neustadt gekommen wäre.
An der Übung waren insgesamt 161 Einsatzkräfte, 20 Mitglieder der Übungsleitung und 25 Verletztendarsteller beteiligt. Die Drehleiter der Feuerwehr kam zum Einsatz, Zelte für die Verletzten wurden binnen Minuten aufgebaut.
Als um 18.45 Uhr der Startschuss für die Übung fällt, geht alles ganz schnell. Zunächst treffen zwei kleiner Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr ein. Schnell wird klar: Hier wird Verstärkung gebraucht. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Immer mehr Einsatzfahrzeuge treffen ein und es macht den Eindruck, als wisse jeder genau, was zu tun ist. Binnen kürzester Zeit sitzt bei jedem Verletzten ein Feuerwehrmann, der gut zuredet und sich kümmert, bis ein Notarzt eintrifft. Menschen werden auf Liegen abtransportiert und auch die Tür des Autos, in dem noch eine Person eingeklemmt ist, wird mit schwerem Gerät geöffnet.
Auf dem Marktplatz ist mittlerweile eine Art Basislager für die Organisation des Einsatzes eingerichtet und die Funkgeräte laufen an allen Ecken und Enden heiß.
Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbandes Ostholstein Hartmut Junge resümiert im Gespräch mit dem reporter: „Solche Übungen sind ja dazu da, damit man feststellt, wo die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Hilfsorganisationen optimiert werden kann. Auch an dieser Übung hat sich gezeigt, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss, zum Beispiel bei der Kommunikationstaktik im Digitalfunk. Im Grundsatz war die Angelegenheit aber für alle eingesetzten Organisationen erfolgreich. Man hat schließlich nicht oft die Gelegenheit, solch eine Ausnahmesituation real üben zu können. (ko/he)