

„Für eine zweite Amtszeit stehe ich nicht zur Verfügung“. Dies erklärte Bürgermeisterin Dr. Tordis Batscheider am Freitagmorgen in einer Pressemitteilung.
Neustadt. Ihre Begründung für diesen nach reiflicher Überlegung getroffenen Entschluss lautet, dass eine längere stressbedingte Erkrankung in diesem Frühjahr sie daran erinnert habe, dass das Leben nicht nur aus Arbeit und Politik bestehen dürfe.
„Ich bin sehr erstaunt, dass sie diese Entscheidung nicht mit den Fraktionen geteilt hat. Ich höre heute zum ersten Mal davon, so die SPD-Fraktionsvorsitzende im Gespräch mit dem reporter am Freitagmorgen. Später stellte sich zwar heraus, dass die Bürgermeisterin noch am Donnerstag eine Mail an die SPD-Fraktion geschickt hatte, gleichwohl hätte Giszas sich einen persönlichen Anruf gewünscht: „Das macht man nicht per E-Mail“.
Auch BGN-Fraktionsführer Clemens Reichert zeigte sich mehr als verblüfft von den Neuigkeiten und verwies ebenfalls auf das Treffen der Fraktionsvorsitzenden am vergangenen Dienstag, in dem die Bürgermeisterin nichts von ihrer Entscheidung verlauten lassen habe. „Eigentlich verkündet man solche Neuigkeiten erst einmal im Hauptausschuss und informiert erst danach die Presse. Diese Vorgehensweise ist schon sehr seltsam“, wunderte sich Clemens Reichert.
Pikant an der Sache ist, dass sie gegenüber den Lübecker Nachrichten bereits am Donnerstag als einen der Gründe für ihre Entscheidung angab, dass sie „fortlaufenden persönlichen Angriffen einzelner Stadtverordneter “sowie unschönen Gerüchten und Verunglimpfungen“ ausgesetzt gewesen sei und dies auch zu einer längeren stressbedingten Erkrankung von ihr in diesem Frühjahr geführt habe.
Friedrich-Karl Kasten reagierte auf Nachfrage des reporters mit Unverständnis: „Ich habe mich immer um einen sachlichen Austausch bemüht. Leider erlebte ich in den vergangenen Jahren vonseiten der Bürgermeisterin Desinformation, Geheimnistuerei sowie Zusagen, die sie nicht eingehalten hat. Dass ich diese beanstandet habe und dass dies gleichzeitig eine persönliche Kritik an der Person Batscheider war, resultiert aus der Natur der Sache. Sie hat gemauert, die Politik nicht informiert, sondern einfach gehandelt und uns vor vollendete Tatsachen gestellt. Das waren meine Kritikpunkte, das ging aber nie unter die Gürtellinie.“ Vielmehr habe er der Bürgermeisterin als ihr Stellvertreter gerade am Anfang ihrer Amtszeit die Hand gereicht, für eine reibungslose Übergabe gesorgt und eine intensive Zusammenarbeit angeboten. Dies habe sie aber nie annehmen wollen. Die CDU-Fraktion bedauere natürlich, dass sie krank gewesen sei, einen direkten Zusammenhang mit der Arbeit der politischen Parteien, könne er sich aber nicht erklären. Die CDU-Fraktion begrüße sehr, dass die Bürgermeisterin ihre Entscheidung so früh mitgeteilt hat: „Jetzt haben wir eine klare Kante und genug Zeit, uns alle um einen geeigneten Nachfolger zu kümmern. Denn es geht um das Wohl der Stadt Neustadt“, so Kasten und dies stehe bei der CDU-Fraktion immer im Fokus.
Bürgervorsteher Sönke Sela erklärte im Gespräch mit dem reporter: „Ich stimme Fritz Kasten zu. Wir haben uns in der Sache auseinandergesetzt, es hat auch definitiv viele Unstimmigkeiten gegeben. Aber persönliche Verunglimpfung und angeblich unschöne Gerüchte hat es nicht gegeben. Ich respektiere ihre Entscheidung, nicht wieder kandidieren zu wollen, weil diese Entscheidung zum Wohle Neustadts ist.“
Margit Giszas zu den von der Bürgermeisterin erhobenen Vorwürfen: „Sie hat schon recht, was die Kritik betrifft“. Gerade was den Bürgervorsteher angehe, habe es wohl immer wieder Unstimmigkeiten gegeben. „Bei Herrn Kasten war das vielleicht am Anfang direkt nach der Wahl der Fall, aber ansonsten kann ich die Vorwürfe nicht bestätigen. Natürlich ist ihr die Stadtverordnetenversammlung nicht immer gefolgt, so ist halt das Leben gerade in der Politik“, so Giszas. Auch die BGN-Fraktion stimmt dem zu: „Wir haben eigentlich keine Probleme mit ihr gehabt. Dass man bestimmte Pläne diskutiert und mit seinen Vorhaben nicht durchkommt, gehört dazu. Diese Entscheidungen muss man anerkennen. So läuft Politik“, betonte Fraktionsvorsitzender Clemens Reichert. Dass sie gesundheitliche Probleme gehabt habe, bedauert er sehr.
Und auch Margit Giszas bescheinigt der Kommunalpolitik in Neustadt ein gutes Zeugnis: „Wir haben immer in der Sache diskutiert. Da geht es schon mal hoch her“. Die Parteizugehörigkeit von der Bürgermeisterin sei aber nie ausschlaggebend für die Entscheidungsfindung der SPD-Fraktion gewesen. “Sie ist zwar SPD-Mitglied, aber in dem Moment, wo sie Bürgermeisterin wurde, war sie für mich meine Bürgermeisterin. Dann wird sachlich argumentiert und die besten Argumente setzen sich durch und finden Mehrheiten. Da geht es nicht nach Parteizugehörigkeit. Es gab sicherlich öfter Beschlüsse, wo wir ihr als Stadtverordnetenversammlung nicht gefolgt sind, aber so ist das halt in der Politik“. Dass die Bürgermeisterin nicht erneut antreten möchte, findet Giszas persönlich sehr schade, denn sie habe ihre Arbeit gut gemacht. Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Michael Böckenhauer bedauert den Schritt der Bürgermeisterin, kann aber ihre Beweggründe gut nachvollziehen: „Die von ihr angesprochenen Angriffe durch einige, wenige CDU-Stadtverordnete mögen ihren Grund darin haben, dass sie immer noch nicht verwunden haben, dass ihr Bürgermeisterkandidat 2012 mit Pauken und Trompeten durchgefallen war“. Umso wichtiger sei es nun, einen Kandidaten zu finden, der von allen Fraktionen gleichermaßen getragen werde, so der Grünen-Politiker.
„Auch bei den Bürgern der Stadt ist sie in all den Jahren nie angekommen. Was ich so in den Vereinen hörte, war immer: ‚Sie ist ne Nette, aber sie hat mit uns nichts zu tun‘. Das ist ihr großes Manko gewesen“, so Margit Giszas abschließend.
Bürgermeisterin Dr. Tordis Batscheider stand dem reporter für eine persönliche Stellungnahme heute leider nicht zur Verfügung. (gm)