Marlies Henke

Schützengilde Neustadt hat einen neuen König  – Holger Sandow schoss den Vogel ab

Neustadt. Der Vogel war schon stark ins Wanken geraten und es ging auf den 500. Schuss zu, als Holger Sandow dem Königsschießen der Neustädter Schützengilde ein Ende machte und den alles entscheidenden 499. Schuss abgab. Um 20.22 Uhr wurde so der Rumpf des hölzernen Vogels zu Fall gebracht. Im 29. Durchgang hatte sich Sandow, der seit sieben Jahren Gildemitglied ist, gegen sechs Mitstreiter um die Königswürde durchgesetzt. „Ich freue mich riesig darüber, dass ich das hier erleben darf“, sagte der sichtlich gerührte neue Gildekönig im Gespräch mit dem reporter.
 
Das traditionelle Vogelschießen 2017 hatte bereits am Freitag mit einem Gottesdienst und dem Vogelrichten begonnen. Am Samstagmorgen folgten der Empfang der Ehrengäste im Rathaus sowie der Umzug mit Vertretern von Vereinen und Fahnenabordnungen befreundeter Gilden. Nach dem Einmarsch in den Neustädter Hof und dem Öffnen der Lade begrüßte 1. Ältermann Dr. Ralf Stolley die Gäste. Anschließend stellte Günter Schulz in seiner „Vaterländischen Rede“ die Frage „Ist unser Asylrecht noch zeitgemäß?“.
 
Aufgrund des eigenen Erlebens und der tief sitzenden Erinnerung an Flucht und Vertreibung fühle er sich als fast 80-jähriger Mensch legitimiert, über dieses Thema zu sprechen. Mit diesen eigenen Erfahrungen würde man zwangsläufig einen eher kritischen Blick auf die heutige, aktuelle Lage entwickeln, erklärte Schulz. Unter anderem beleuchtete er den Artikel 16 des Grundgesetzes („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“). „Im Jahr 1949, als die Mitglieder des Parlamentarischen Rates diesen Artikel berieten, war die politische Welt noch kleiner als heute“, so Schulz. Geboren sei die Asylgarantie nicht zuletzt im Wettstreit der Systeme West/Ost. Trotzdem sei es richtig, in dieser Welt voller Krieg und Unrecht diese Zufluchtsgarantien aufrechtzuerhalten. „Aber es gibt ein großes Problem: Was Asyl ist und was Einwanderung, was Flucht ist und was Migration, ist kaum noch zu unterscheiden.“
 
Schulz schloss mit einem Appell an alle: „Lassen Sie uns versuchen, das Gemeinsame zu schätzen und das, was uns unterscheidet zu respektieren.“ Seine anfangs gestellte Frage nach der Aktualität des Asylrechts hatte er zuvor mit einem „Ja, aber“ beantwortet. „‘Aber‘ deshalb, weil die Politik Klarheit schaffen muss – unter anderem mit einem Einwanderungsgesetz, das sich zum Beispiel an den kanadischen Erfahrungen orientiert“, so Schulz. (Anmerkung der Redaktion: Kern des kanadischen Modells ist ein Punktesystem, das Einwanderungswillige nach Ausbildung, Sprachfähigkeiten und Alter auswählt.).
 
Der abtretende König Albert IV Haase dankte im Anschluss an das folgende traditionelle Frühstück allen, die ihn in seinem Königsjahr begleitet haben. Er würdigte vor allem seinen Adjudanten Jajo Oosting und warf augenzwinkernd einen Blick auf das Jahr 2097, in dem man beim Schützenfest nicht mehr auf einen hölzernen Vogel, sondern per Laserstrahlen auf eine Drohne schießen werde und es in Neustadt keinen König gebe, sondern eine Königin.
Kreispräsident Ulrich Rüder betonte in seinem Grußwort, dass die lange Tradition der Schützengilden in Ostholstein „bannig wichtig“ sei, auch vor dem Hintergrund der Pflege der plattdeutschen Sprache. Weitere Grußworte sprachen Bürgervorsteher Sönke Sela, der Hauptmann der Chargierten Jannik Schau, Pastor Jens Rathjen, Stefan Möller vom Geselligen Verein Bujendorf, Vorsteher der Eutiner Schützengilde André Meyer, Günther Muchow von der Grömitzer Bürgergilde sowie Herrmann Heidekorn von der Schützengilde Vinnhorst.
 
Nach dem Vogelschießen steht am kommenden Samstag, dem 24. Juni um 15.30 Uhr im Rathaus die Abrechnung an. Der Abmarsch der Gilde zum Schützenplatz folgt um 18 Uhr, anschließend findet dort nach alter Weise die Schlussfeier statt.
Ehrungen 25 Jahre: Jochen Kluvetasch, Jürgen Krug und Jürgen Schnoor; 40 Jahre: Volker Dau, Helmut Lübker und Claus zum Felde; 60 Jahre: Joachim Kallmorgen als dienstältestes Gildemitglied. Den Gildeorden für besondere Verdienste erhielt Jürgen Schwark. (he)


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