

"Im Januar dieses Jahres konnte ich auf Einladung unseres Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens mit anderen Ostholsteinern an einer Informationsfahrt in das „politische“ Berlin teilnehmen. – Während des Besuches im Bundestag war es ein großer Glücksfall, die Rede unseres Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Lammert zu erleben. Ein voll besetztes Plenum, die lückenlos gefüllte Regierungsbank, der Bundespräsident mit einigen Botschaftern auf der Ehrentribüne – wann gab es das schon! Herr Lammert sprach über den Terroranschlag am Breitscheidplatz und gedachte in eindrucksvoller Weise der 12 Menschen, die so brutal aus dem Leben gerissen wurden und der vielen Verletzten, die noch lange kämpfen müssen, um körperlich und seelisch in das Leben zurückzufinden.
Diese Rede über die Folgen terroristischer Brutalität in Deutschland und in unseren Nachbarländern war für mich die Initialzündung, um heute zu versuchen, die folgende Frage zu beantworten: Ist unser Asylrecht noch zeitgemäß? Mit festem Willen zu Wahrheit und Sachlichkeit werde ich bemüht sein, einige Aspekte der aktuellen Lage der sog. Zuwanderung zu beleuchten, um schließlich einer Antwort näher zu kommen.
Was legitimiert mich, als fast 80-jährigen Menschen über dieses Thema hier zu Ihnen zu sprechen? – Antwort: das eigene Erleben und die tief sitzende Erinnerung an Flucht und Vertreibung. Es sind ja nur noch wenige Zeitzeugen in dieser Schützenhalle, die das im Frühjahr 1945 Erlebte mit mir teilen. Aber es interessiert doch auch kaum noch jemanden, was damals in Deutschland geschah – abgeheftet im Ordner „Kriegsgeschichte“. Mit diesen eigenen Erfahrungen aus Flucht und Vertreibung entwickelt man zwangsläufig einen eher kritischen Blick auf die heutige, aktuelle Lage. 1945 war unser Land ausgebrannt – es gab kaum jemanden, der helfen konnte – Willkommenskultur: Fehlanzeige.
Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Kluge und zukunftsorientierte Politiker in Deutschland und vor allem auch in den Ländern unserer östl. Nachbarn haben in den Nachkriegsjahren in langwierigen Gesprächen und Verhandlungen die Schrecken von Krieg, Flucht und Vertreibung unvoreingenommen diskutiert und schließlich mit Erfolg um Versöhnung gerungen. Heute leben wir in friedvoller Nachbarschaft in einem vereinten Europa – ein Europa, das unser Garant für Frieden und Freiheit ist.
Aber leider haben wir keinen inneren Frieden in unserem Vaterland und auch nicht in den Ländern unserer europäischen Nachbarn. Mit den Hunderttausenden Schutzsuchenden sind auch unkontrolliert islamistische Terroristen und Kriminelle eingesickert. Dabei sind aber auch viele Menschen, die ganz einfach die Regeln für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft – in unserer Zivilisation missachten. Dazu gehört ganz oben auf diesem Katalog der Regeln die Gleichstellung von Mann und Frau, aber auch die Akzeptanz, dass unser Kalenderjahr von christlichen Feiertagen geprägt wird.
Nicht nur der Terrorakt am Breitscheidplatz ist in unserem Gedächtnis – sondern auch die Meldung, dass sieben junge Flüchtlinge aus Syrien und Libyen in einer Berliner U-Bahn-Station versucht haben, einen Obdachlosen anzuzünden. Hätten nicht Passanten eingegriffen, der Mann wäre verbrannt. Fast alle diese Männer waren als Schlägertypen polizeibekannt. Sie sind in Berlin gerade verurteilt worden. Dieses Verbrechen erschüttert in besonderer Weise: Zum einen verletzt es das Tötungsverbot und außerdem unsere fundamentale Erwartung, dass Schutzsuchende diesen Schutz, den unser Land ihnen gewährt, doch schätzen sollten und keineswegs andere Menschen in unserem Land bedrohen. Ansonsten könnten wir Bürger uns doch fragen, warum wir eigentlich den Großmut aufbringen sollen, Leute willkommen zu heißen, die unser Leben unsicherer machen. Nach meinem Verständnis sieht Dankbarkeit anders aus! - Viele der entsetzlichsten Verbrechen der vergangenen Jahre wurden von Muslimen begangen. Der bekannte Slogan, dass nicht alle Muslime Terroristen oder Kriminelles sind, aber die meisten heutigen Terroristen Muslime, heißt statistisch dann eben auch, dass sich das Terrorismusrisiko erhöht, je mehr Muslime hier leben. - Welche moralische Verpflichtung sollten die Bürger eines Staates haben, den Bürgern anderer Staaten zu helfen, wenn sie damit gleichzeitig Gefahren importieren – Gefahren, die sich vielleicht erst in der 2. oder 3. Generation voll entfalten – wie zum Beispiel in Frankreich oder ganz aktuell in England. . Ungarn und Polen sagen z.Zt. noch: keine Muslime – keine Terrorprobleme.
Man kann sich die Antwort auf die Pflicht zur Aufnahme leicht machen und auf das Verfassungs- und Völkerrecht pochen. Artikel 16a des Grundgesetzes stellt klar: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Was genau Verfolgung bedeutet und wie Flüchtlinge behandelt werden müssen, konkretisiert die Genfer Flüchtlingskonvention.
Im Jahr 1949, als die Mitglieder des Parlamentarischen Rates über Artikel 16 des GG berieten, war die politische Welt deutlich kleiner als heute. Damals dachte man allenfalls an Spanier – Stichwort „Franco-Regime“ oder Russen aus der SU, wenn man im Sinne des GG „Ausländer“ definierte. In der Redaktionsstube unserer Verfassung hatte man bei politisch Verfolgten aber zuallererst Deutsche im Sinn. Der erste Entwurf für Artikel 16 lautete: „Jeder Deutsche, der wegen seines Eintretens für Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit oder Weltfrieden verfolgt wird, genießt im Bundesgebiet Asylrecht.“ Ein Asylrecht für sämtliche politisch verfolgten Ausländer erschien dem Redaktionsausschuss zu weitgehend. Immerhin war das geteilte Nachkriegsdeutschland ein schwacher Staat mit reichlich eigenen Vertriebenenproblemen. Als großzügigere Formulierung überlegte der Rat dann grundsätzlich „Ausländern“, die wegen ihres Eintretens für Freiheit, Demokratie usw. politisch verfolgt werden, Asylrecht zu gewähren. Am Ende waren es die Staatsrechtler Carlo Schmid und Hermann von Mangoldt, die die heutige weit gefasste Formulierung des Artikels 16a durchsetzten – also: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Schließlich – so Schmid wörtlich – dürfe man die Asylgewährung nicht davon abhängig machen, ob der Mann uns politisch nahesteht oder sympathisch ist.
Geboren ist die Asylgarantie also nicht zuletzt im Wettstreit der Systeme West/Ost und mit der Betonung auf dem Recht der Bundesrepublik, einen Geflohenen nicht an kommunistische Staatsgefängnisse auszuliefern. Die Väter des deutschen Asylrechts lebten allerdings in einer Welt, in der man Menschenrechtsverstöße im Grunde nur dann beklagte, wenn sie – damals 1949 - östlich von Lübeck stattfanden. Was sich Schmid und von Mangoldt 1949 natürlich nicht vorstellen konnten, ist die aktuelle Tatsache, dass junge Menschen aus arabischen und afrikanischen Ländern in die Europ. Union einreisen und sich auf Artikel 16 unseres GG berufen. Oder dass Menschen aus Afghanistan den Mut aufbringen würden, sich bis nach Deutschland durchzuschlagen. Oder dass das Internet die Annehmlichkeiten des Lebens in Europa einschl. der Preise für waghalsige Bootstouren über das Mittelmeer bis in den letzten Winkel Afrikas verbreiten würde. Der Grund dafür ist, dass unser Vaterland mit seinem großzügigen Sozial- und Asylrecht zum Hauptanziehungsland nicht nur für politisch Verfolgte aus aller Welt - sondern auch für wirtschaftlich Benachteiligte einschl. islamistischen Fanatikern und Kriminellen geworden ist.
Nach unserem heutigen sehr ausgeprägten Verständnis für Menschenrechtsverletzungen gibt es im Grunde außerhalb der Europ. Union nur noch wenige sichere Herkunftsländer. Ist es trotzdem richtig, in dieser Welt voller Krieg und Unrecht die alten Zufluchtsgarantien, die 1949 im GG formuliert worden sind, noch aufrechtzuerhalten?
Die sachliche Antwort lautet: aber natürlich! Schließlich entspricht die für viele Mitbürger zu weit formulierte Asylgarantie der fundamentalen Überzeugung, dass Menschenrechte nicht nur anlassbezogen gewährt werden dürfen, sondern universell gelten. Bei diesen gerade formulierten Überlegungen hat mir die Recherche des ZEIT-Redakteurs Jochen Bittner geholfen.
Es gibt politische Schwätzer in unserem Land, die verantwortungslos daher reden: „Asyl zu gewähren, das tun wir uns nicht länger an.“ Doch wir tun es, um jene Regierungen zu beschämen und mit ihrer Rückständigkeit zu konfrontieren, die ihre Bürger in Not und Flucht stürzen. Wir tun es aber auch, damit mutige Menschen, die Veränderung und Fortschritt in ihren Ländern anstreben, nicht am Galgen landen.
Aber – es gibt ein großes Problem: Was Asyl ist und was Einwanderung, was Flucht ist und was Migration, ist kaum noch zu unterscheiden. Derselbe Nordafrikaner, der im Sommer als Erntehelfer nach Italien geht, kann sich im Winter in Deutschland als Asylsuchender melden. Wir unternehmen zu wenig gegen diese offensichtlichen Unklarheiten. Die Folgen davon sind doch Menschenschmuggel, organisierte Kriminalität und eine Überlastung der Asylbehörden. Die Reaktion vieler Bürger darauf ist zunehmende Wut über den angeblichen Kontrollverlust des Staates und den Verlust unserer abendländischen Identität. Das mag übertrieben sein – die grundsätzliche Kritik ist aber verständlich. Ich meine schon, dass wir als Gesellschaft die Auswahl vornehmen sollten und zwar gemäß unserem Verständnis davon, was Mitgliedschaft in unserer Gesellschaft bedeutet und welche Art von Gemeinschaft wir zu haben wünschen. Deshalb ist es doch auch legitim, Islamisten und Kriminelle entschlossener, schneller und unkomplizierter auszuweisen. Wir müssen die Asylsuchenden von den Wirtschaftsflüchtlingen – die Freiheitssuchenden von den Freiheitsfeinden trennen. Deshalb beantworte ich die Frage meiner Themenstellung: „Ist unser Asylrecht noch zeitgemäß“ mit einem klaren JA –ABER! Aber deshalb, weil die Politik Klarheit schaffen muss – u.a. mit einem Einwanderungsgesetz, das sich zum Beispiel an den kanadischen Erfahrungen orientiert.
Eine wesentliche Frage bleibt aber offen. Verändern diese hundertausende Menschen unsere Lebensgewohnheiten – unsere Kultur – zu der übrigens auch unser Gildewesen gehört? - Die kleine Gruppe der islamistischen Terroristen und der eingesickerten Kriminellen verbreiten mit ihren Taten bei vielen Mitbürgern Angst und Schrecken. Es ist zynisch aber auch wahr, dass diese Verbrecher allerdings auch Arbeitsplätze schaffen. Die Polizeien des Bundes und der Länder, die Justizbehörden, Nachrichtendienst und Verfassungsschutz werden personell mit erheblichem Kostenaufwand verstärkt. Das ist zwingend erforderlich, weil nur der Staat die Sicherheit für uns Bürger gewährleisten kann und muss.
Wie verhält es sich nun mit der großen, friedlichen Gruppe der anerkannten Asylsuchenden? Sie sollen – wenn sie es denn wollen – integriert werden, um irgendwann mit eigener Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auch das gehört zur Würde des Menschen. Das Prinzip der Behörden für die Integration lautet: Fördern und fordern. Mit großem Aufwand wird vom Staat die Integration vieler Menschen gefördert. Wie und was mit welchen Nachweisen von diesen Menschen gefordert wird, weiß ich nicht. Wir alle können nur hoffen, dass sie mit Leidenschaft und Zielstrebigkeit die Angebote unseres Landes annehmen. Wir hoffen aber auch, dass die Fluchtursachen in den Herkunftsländern recht bald beseitigt sind, damit diese Menschen in ihr Vaterland zurückkehren können, um es wieder aufzubauen. Auch viele unserer jüdischen Mitbürger, die aus der Nazi-Diktatur geflohen sind, kamen nach Kriegsende zurück, um mitzuhelfen, ihr Vaterland wieder aufzubauen. Asyl ist doch Unterkunft, Obdach, Schutz vor Gefahr und Verfolgung – also temporäre Hilfe und keinesfalls automatisch Einbürgerung. Demjenigen, dem hier geholfen wurde und dessen Herkunftsland wieder zumutbar sicher ist, hat m. E. auch die Verpflichtung zurückzukehren und sein Vaterland wieder aufzubauen.
Unsere Lebensgewohnheiten und unsere Kultur werden von den friedlichen, schutzsuchenden Menschen keineswegs verändert oder gefährdet. Allerdings sollten und dürfen wir nicht nachlassen, die oft verhöhnten und verpönten deutschen Tugenden zu leben. Dazu gehören u.a. Fleiß, Höflichkeit und Gerechtigkeit gegenüber jedermann, Pflichtbewusstsein und vor allem auch Toleranz. Lassen Sie ihre Kinder in die Welt reisen, um andere Kulturen kennenzulernen und Vorurteile abzubauen. - Wenn man unser Vaterland über einen längeren Zeitraum betrachtet, dann werden doch ständige Anpassungen sichtbar – in der Kultur, in der Religion, in den Wirtschaftsverhältnissen. Anpassung ohne Identitätsverlust – man könnte es auch Weiterentwicklung nennen, zeichnet unser Vaterland doch aus.
Viele Jahre haben wir am heutigen 17. Juni der Teilung unseres Vaterlandes gedacht und dabei die Hoffnung auf die Wiedervereinigung nie aufgegeben. Die Einheit Deutschlands haben wir friedlich erreicht. Der Baumeister dieser Einheit, Bundeskanzler Helmut Kohl, ist gestern gestorben. Das Verständnis der Menschen in Ost und West füreinander hat allerdings noch Lücken, die über die Jahre zuwachsen werden. Aber auch Flüchtlinge und Asylbewerber sollten mehr Verständnis für uns - ihre Gastgeber zeigen – wir leben nämlich nicht im Schlaraffenland; jeder EURO für ihre Unterstützung wird hier von fleißigen Menschen erarbeitet. - Deshalb möchte ich mit einem hoffnungsvollen Appell an uns alle und auch an die zugereisten Menschen schließen: Lassen Sie uns versuchen, das Gemeinsame zu schätzen und das, was uns unterscheidet zu respektieren." Günter Schulz