

Grube. Vier schwerkranke Frauen aus dem Rostocker Hospiz fuhren zu einem Konzert in die St. Jürgen Kirche nach Grube. Möglich machte es der Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB).
Irenke Deutsch hatte sich extra schick angezogen: hellgrüner Rock, passende Bluse, zweireihige Perlenkette. Denn am Donnerstag war ein besonderer Tag für die 105-Jährige: Zusammen mit drei Bekannten ging es zum Mitsing-Konzert nach Grube. Gut zwei Stunden dauerte die Fahrt von Rostock nach Grube. Und genauso lange schaute die Seniorin aufmerksam aus dem Fenster des Wünschewagens.
Die Idee zu dieser Tour stammte von einer Mitarbeiterin des Rostocker Hospizes. Sie hatte mitbekommen, dass die Patientinnen gern noch einmal ein „Mitsing-Konzert“ erleben würden. Im Internet fand sie die Veranstaltungsreihe „Das Ostseeferienland singt“ und den Konzerttermin in der St. Jürgen Kirche in Grube. Mit dem Wünschewagen des ASB und einem Begleitfahrzeug wurde die Fahrt möglich, ein Team aus vier Ehrenamtlern war dabei.
Im Hospiz sitzen die Seniorinnen oft zusammen, essen, spielen und reden. Der Kontakt untereinander ist ihnen wichtig. „Und wir spazieren durch unseren Garten dort - das blüht alles so schön“, schwärmt Eva Sturm (86). „Das genießen wir sehr“. Ilse Steinmöller hat sich den beiden gern angeschlossen. „Wir sind noch klar im Kopf, das ist ja das Gute“, sagt die 90-Jährige.
Keine der Frauen redete über die Krankheit, die sie ins Hospiz gebracht hat - am vergangenen Donnerstag ging es nur um Freude und den Spaß am gemeinsamen Singen. Start in den Konzert-Abend war ein Geburtstags-Ständchen für Irenke Deutsch, die zwei Tage vor dem Besuch in Grube ihren 105ten Geburtstag feiern konnte. Motiviert durch die Sängerin Lene Kraemer und Joachim Roth an der Gitarre wurde das Publikum in kürzester Zeit zu einem einzigen Chor geformt. Oldies, Evergreens, deutsche und plattdeutsche Volkslieder aus 50 Jahren Musikgeschichte hatten die beiden Vollblutmusiker im Gepäck. Damit auch wirklich jeder mitsingen konnte, wurden die Texte auf Leinwand projiziert.
Dass die Technik beim Gruber Mitsing-Konzert zwischendurch streikte, brachte Lene und Joachim nicht aus der Ruhe. Charmant überzeugten sie das Publikum, dass es auch mal ohne Textvorlage geht. „Singen ist Training für beide Gehirnhälften und schüttet Glückshormone aus“, so Lene Krämer - genau deswegen sind auch die Rostockerinnen hier. Begeistert sangen sie alles mit von „Griechischer Wein“ über „Die Gedanken sind frei“ bis zu „Dat du min Leevsten büst“. Sie schunkelten, klatschten und lachten, und Renate Scheffler (65) ließ sich dabei auch nicht von ihrem Sauerstoffschlauch abhalten. Irenke Deutsch hörte zu und beobachtete - „das ist auch schön“, sagte sie leise.
Elgin Zühlke vom Tourismus Service in Grube kannte den Wünschewagen nicht, war aber sofort begeistert von der Idee und stellte spontan eine Sammelbüchse auf. Denn das Projekt, mit dem todkranken Menschen letzte Wünsche erfüllt werden können, wird komplett aus Spenden finanziert. Mehr als 200 Euro kamen an diesem Abend zusammen.
Alle im Publikum erhoben sich von ihren Sitzen, als sich die Rostockerinnen nach gut zwei Stunden voller Lieder verabschiedeten. Mit einem festen Händedruck, einem beseelten Lächeln und den Worten „Der Besuch in Grube und das Konzert in der St. Jürgen Kirche haben uns einfach nur glücklich gemacht“ traten sie ihren Heimweg an. Auch Bürgermeisterin Kirsten Sköries äußerte sich sehr bewegt: „Das Mitsing-Konzert in Grube war ein fantastischer Abend, der mich emotional sehr berührt hat“. (red)