Marlies Henke

Mit künstlicher Intelligenz Besucherströme entzerren

Der Strand in Scharbeutz mit einem Sensor-Strandticker (Foto: www.luebecker-bucht-ostsee.de).

Der Strand in Scharbeutz mit einem Sensor-Strandticker (Foto: www.luebecker-bucht-ostsee.de).

Bild: www.luebecker-bucht-ostsee.de

Lübecker Bucht. Volle Wanderwege, belegte Parkplätze, hochfrequentierte Attraktionen: Diese Probleme gibt es schon seit langem an touristischen Hotspots. Die Coronapandemie hat an vielen Orten die Situation verschärft, zuweilen bleiben nur noch Sperrungen, um einer Überlastung zu begegnen. Beschränkungen, Verbote und Barrieren sind aber aufwändig und für Besucherinnen und Besucher frustrierend, denn sie sind erst dann zu sehen, wenn es schon zu spät ist. Deshalb werden smarte Lösungen erforscht, um Menschen digital zu informieren und damit rechtzeitig und freiwillig eine lenkende Funktion zu ermöglichen. Dadurch sollen Menschen animiert werden, Ziele zu suchen, die nicht allzu stark besucht und vielleicht überlastet sind.
 

Das Projekt AIR (AI-basierter Recommender für nachhaltigen Tourismus) untersucht in einem bundesweiten Verbund von Destinationspraktikern und Forschungspartnerinnen, wie ein solches digitales Besuchermanagement gestaltet werden muss, um Besucher:innen frühzeitig mit geeigneten Informationen zu versorgen. Alle notwendigen Elemente eines digitalen Besuchermanagementsystems, von der Frequenzmessung über den Datenaustausch und die Erarbeitung intelligenter Empfehlungen bis zur Bereitstellung werden vom Forschungsverbund Outdooractive, dem WTZ Füssen, der Fachhochschule Westküste (Heide) und der Fachhochschule Kiel sowie dem Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (Kiel), anhand von Pilotanwendungen untersucht. Auch die Integration in andere smarte Entwicklungen in den Destinationen spielt dabei eine Rolle. Zu den zählen in Schleswig-Holstein die Nordsee und die Lübecker Bucht.
 
Ziel des auf drei Jahre angelegten Projektes, das im Januar 2022 begonnen hat, ist die Erarbeitung von Daten und Lösungen, die den Pilotregionen helfen, ein funktionierendes Besuchermanagement zu testen, zu verbessern und dabei Erfolgsfaktoren zu identifizieren, die auf andere Destinationen übertragbar sind. Dabei spielen Algorithmen der Künstlichen Intelligenz für die Prognose und die Generierung von Empfehlungen eine wichtige Rolle. Das Projekt wird vom Bundeministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit insgesamt rund 3 Mio. Euro gefördert.
 
Allein aus Schleswig-Holstein sind fünf Verbundpartner in dem Projekt aktiv. Dr. Michael Prange, Professor für Data Science an der Fachhochschule Kiel, übernimmt mit seinem Team das Modul, in dem mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Modelle und Empfehlungen ausgearbeitet werden. Für die Fachhochschule Westküste sind Dr. Eric Horster, Professor für Tourismus, und Dr. Julian Reif, Forschungsreferent, mit ihrem Team des Deutschen Instituts für Tourismusforschung für die Sensortechnik wie beispielsweise Laserscanner oder Lichtschranken, die Datenbereitstellung und für die Integration von bereits bestehenden Ansätzen smarter Destinationen in das Gesamtprojekt verantwortlich.
 
Die Lübecker Bucht stellt einen Use Case, in dem bereits zahlreiche Daten und Erfahrungen mit der Ausspielung der Empfehlungen vorliegen: Für den Strandticker hat Paul Stellmacher von der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht bereits einen zweiten Platz beim Deutschen Tourismuspreis gewonnen. „AIR gibt uns die Chance, das sich bereits in Betrieb befindliche System zum Besuchermanagement wissenschaftlich fundiert weiterzuentwickeln. Gleichzeitig freuen wir uns, unsere bisherigen Erfahrungen umfassend einbringen zu können, um so einen signifikanten Beitrag für mehr Urlaubsqualität im ganzen Land zu leisten“, zeigt sich Stellmacher überzeugt.
Das Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT) in Kiel hat die Gesamtkoordination des Verbundes übernommen. Ansprechpartner für Fragen ist Dr. Dirk Schmücker, Tel. 0431/66656720, E-Mail dirk.schmuecker@nit-kiel.de. (red)


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