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Alexander Baltz

Mit Video: „Wasserrettung gesetzlich regeln!“ - Neustadts Wehrführer Alexander Wengelewski sieht Menschenleben in Gefahr

Neustadt. Das Wassersport-Bundesland schlechthin mit der Ostsee auf der einen und der Nordsee auf der anderen Seite hat seine Wasserrettung nicht gesetzlich geregelt. Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist bittere Realität. Ein Gesetzentwurf wurde 2017 zurückgezogen. Während in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel die Wasserrettung Teil des Rettungsdienstgesetzes ist, verlässt man sich bei uns auf DGzRS oder in der Sommersaison an den Küsten auf die DLRG.
 
Wer aber rettet, wenn diese verhindert sind? Die Feuerwehr - sollte man meinen. Seit 1989 gibt es in Neustadt Feuerwehrboote - aktuell ein Schlauchboot und zwei Mehrzweckboote, dazu noch eine Schnelleinsatzgruppe Wasserrettung, die dafür ausgebildet ist. Ausrücken darf sie aber nicht mehr. Hintergrund: Die Freiwillige Feuerwehr Grömitz hat die Wasserrettung eingestellt, weil ohne eine Übertragung durch die Gemeinde der Versicherungsschutz bei solchen Einsätzen nicht gegeben ist. So sieht es auch die Freiwillige Feuerwehr Neustadt - sie hatte beim Innenministerium nachgefragt. Dieses hat sogar bestätigt, dass eine Übertragung der Aufgabe der Wasserrettung an die Feuerwehr im Bereich der Ostsee generell nicht zulässig sei. Deshalb rückt die Neustädter Feuerwehr ebenfalls nicht mehr auf die Ostsee aus, und mit ihr auch alle anderen Feuerwehren in ganz Ostholstein auf Anordnung des Kreiswehrführers nicht mehr. Dazu trafen wir Stadtwehrführer Alexander Wengelewski zum Gespräch.
 
 
der reporter: Herr Wengelewski, was ist jetzt Stand der Dinge zum Thema Wasserrettung?
 
Wengelewski: Die bisherige Rechtsauffassung war so, dass eine Stadt oder eine Gemeinde mit Beschluss die Aufgabe der Wasserrettung an die Feuerwehr übertragen darf. Wenn das erfolgt ist, besteht auch Versicherungsschutz. Die HFUK (Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord) hat mitgeteilt, dass sie daran zweifelt, dass die Aufgabe der Wasserrettung an die Feuerwehr übertragen werden darf. Die Stadt Neustadt hat deshalb beim Innenministerium angefragt, ob es zulässig ist, die Wasserrettung für den Bereich der Ostsee zu übertragen. Die Antwort lautet: nein, das ist nicht zulässig und die Wasserrettung im Bereich der Ostsee ist sofort einzustellen - Einsätze dürfen nur bis zur Uferlinie erfolgen oder in Gewässern im gemeindeeigenen beziehungsweise stadteigenen Gebiet. Also im Neustädter Binnenwasser, im Kommunalhafen, im ancora-Yachthafen und im NSV-Hafen dürften wir Wasserrettung leisten. Dafür bedarf es aber noch eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung im Juni.
 
 
der reporter: Aktuell gibt es also niemanden, der für die Wasserrettung zuständig ist. Sollte also ein Kiter, Segler oder Surfer auf offener See in Not geraten, kommt eventuell niemand mehr?
 
Wengelewski: Das ist die Situation. Es geht also um Leben und Tod. Die Wasserrettung vor Pelzerhaken und Rettin dürfen wir nicht mehr ausführen.
 
 
der reporter: Was ist mit der DLRG oder der DGzRS?
 
Wengelewski: Die DLRG ist nur in den Sommermonaten zu gewissen Zeiten an den Stränden und kann daher keine ganzjährige Wasserrettung rund um die Uhr leisten. Die DGzRS übernimmt diese Aufgabe zwar, hat aber begrenzte Möglichkeiten, wenn sie gerade mit einem Seenotfall wie einer Schiffshavarie beschäftigt ist. So kann sie nicht unmittelbar oder schnell im küstennahen Bereich zur Verfügung stehen. Zudem kann es sein, dass die Boote gar nicht bis in den Sandbankbereich vordringen können - das könnte dann die Feuerwehr leisten, zum Beispiel mit einem Kälteschutzanzug zu Fuß.
 
 
der reporter: Aber wenn die Feuerwehr gerade einen anderen Einsatz hat, zum Beispiel ein Feuer, könnte es doch auch sein, dass sie nicht rechtzeitig zur Wasserrettung kommt?
 
Wengelewski: Wir sind mit mehreren Löschzügen und einer umfangreichen Personaldecke bestens aufgestellt, sodass wir mehrere Einsätze zeitgleich abbilden können.
 
 
der reporter: Was muss jetzt dringend geschehen?
 
Wengelewski: Ich wünsche mir, dass es ein landeseinheitliches Wasserrettungsgesetz für Schleswig-Holstein gibt, wie zum Beispiel in Hamburg oder sogar in Bayern. Die Hilfsorganisationen sollten damit gemeinsam mit Nutzung der vorhandenen Kapazitäten die Wasserrettung vernünftig abarbeiten können. Oder es gibt eben eine aussergesetzliche Regelung, die aber sicherstellt, dass eine küstennahe Menschenrettung möglich ist.
 
 
der reporter: Also nach der Stadtverordnetenversammlung am 18. Juni wissen wir mehr?
 
Wengelewski: Zumindest, ob wir im Bereich des Hafens und Binnenwassers tätig werden dürfen, aber vor Pelzerhaken und Rettin dürfen wir dann weiterhin nicht tätig werden. Hier hoffen wir auf eine Regelung auf Landesebene.
 
 
der reporter: Vielen Dank für das Gespräch!
(ab)


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